Finanzen

Federal Reserve: Bekannte „Taube“ wechselt ins Lager der „Falken“: Inflation außer Kontrolle geraten?

Lesezeit: 2 min
06.04.2022 10:00  Aktualisiert: 06.04.2022 10:37
Die eher als Verfechterin einer ultralockeren Geldpolitik bekannte Lael Brainard schlägt seit Jahresbeginn ganz andere Töne an.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Das US-Notenbank-Vorstandsmitglied Lael Brainard hat eine entschlossene Straffung der Geldpolitik signalisiert. Die Verringerung des Inflationsdrucks sei "vorrangig", sagte sie am Dienstag bei einer Veranstaltung der regionalen Fed von Minneapolis. Brainard kündigte eine "Serie" von Zinserhöhungen an und ab Mai wolle man mit einer raschen Verringerung der Bilanzsumme beginnen. Die US-Notenbank hatte während der Corona-Pandemie ihre Bilanzsumme massiv auf über 9 Billionen Dollar ausgeweitet.

Brainard warnte, dass Bürger mit geringen Einkommen wegen der seit Monaten anziehenden Inflation kaum noch über die Runden kommen würden. Der Finanzblog Wolfstreet kommentiert: „Brainards Kommentare fügten der Geldpolitik der Fed eine neue politische Realität hinzu: Inflation ist eine Horror-Show am unteren Ende des Einkommensspektrums, weil die Teuerungsraten dort viel höher ausfallen als im nationalen Durchschnitt.“

"Angesichts der Tatsache, dass die Erholung deutlich stärker und schneller ist als im letzten Zyklus, erwarte ich, dass die Bilanzsumme wesentlich schneller schrumpfen wird als in der letzten Erholung", sagte Brainard. Sie bezog sich damit auf die Jahre 2017 bis 2019. Die US-Notenbank hat ihre Anleihekäufe im März beendet und den Leitzins um 0,25 Prozentpunkte angehoben. Dies war die erste Zinserhöhung seit Beginn der Pandemie.

Russlands Invasion in der Ukraine sei ein "seismisches" geopolitisches Risiko und eine menschliche Tragödie, die das Inflationsrisiko nach oben verschiebe. Die Inflationsrate war im Februar auf 7,9 Prozent gestiegen - also noch weit vor der Invasion. Dies war der stärkste Anstieg seit 1982. "Derzeit ist die Inflation viel zu hoch und unterliegt Aufwärtsrisiken", sagte Brainard.

Von Tauben und Falken

Bei den Äußerungen handelt es sich um eine erstaunliche Kehrtwende. Brainard war in den vergangenen Jahren als Verfechterin einer lockeren Geldpolitik mit Nullzinsen und Anleihekäufen aufgefallen. Dass sie nun vom Lager der „Tauben“ ins Lager der „Falken“ innerhalb der amerikanischen Notenbank gewechselt ist, lässt darauf schließen, dass die Inflation hinter den Kulissen längst außer Kontrolle geraten sein und auch nicht annähernd von den offiziellen Teuerungsraten abgebildet werden dürfte.

Bis etwa zum Jahreswechsel hatte Brainard mit Blick auf die schon im vergangenen Jahr erhöhte Inflation noch von einem vorübergehenden Phänomen gesprochen, änderte dann aber ihre Einschätzung plötzlich. Bereits im Januar warnte Brainard: Die „zu hohe“ Inflationsrate wieder unter Kontrolle zu bringen, sei ihrer Ansicht nach aktuell die „wichtigste Aufgabe“ der Notenbank. Viele Menschen im Land seien wegen der schwindenden Kaufkraft besorgt, erklärte Brainard, die im November von US-Präsident Joe Biden für das Amt der Vizechefin der Notenbank Federal Reserve (Fed) nominiert worden war. „Unsere Geldpolitik konzentriert sich darauf, die Inflation wieder auf zwei Prozent herunterzubekommen und gleichzeitig einen Aufschwung zu erhalten, von dem alle profitieren“, sagte Brainard damals. „Das ist unsere wichtigste Aufgabe.“

Brainard ist bereits seit 2014 Mitglied des bis zu siebenköpfigen Direktoriums der Fed.


Mehr zum Thema:  

DWN
Unternehmen
Unternehmen Neue Verträge: Nach dem KaDeWe sind auch Oberpollinger und Alsterhaus gerettet
26.07.2024

Die berühmten Flaggschiffe der deutschen Warenhäuser scheinen nach der Pleite des Immobilien-Hasardeurs René Benko endlich gerettet zu...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Hilfsgelder von Russland: EU gibt Erträge aus dem eingefrorenen Vermögen frei
26.07.2024

Die Europäische Union hat jetzt die ersten Zinserträge aus dem im Westen eingefrorenem russischen Staatsvermögen freigegeben. Die...

DWN
Politik
Politik Der Chefredakteur kommentiert: Islamisches Zentrum Hamburg - ein längst überfälliges Verbot, Frau Faeser!
26.07.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Bundeskanzler Scholz zu irregulärer Migration: „Die Zahlen müssen runter“
26.07.2024

Erwerbsmigration nach Deutschland sei erwünscht, meint der Kanzler. Problematisch findet er unerlaubte Einreisen. Eine Innenexpertin der...

DWN
Panorama
Panorama ADAC warnt: Es droht schlimmstes Stau-Wochenende der Saison
26.07.2024

Wer nun in den Urlaub fährt, sollte etwas mehr Zeit einplanen und mitunter starke Nerven haben. Der ADAC rechnet mit vielen Staus. Lassen...

DWN
Politik
Politik Außenministerin Baerbock: Seegerichtshof in Hamburg wird an Bedeutung gewinnen
26.07.2024

In Hamburg informiert sich die Außenministerin bei ihrer Sommerreise über die Arbeit des Internationalen Seegerichtshofs. Anschließend...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB nach Stresstest: Banken haben Verbesserungsbedarf bei Cyber-Angriffen
26.07.2024

Seit der Finanzkrise 2008 wird genauer hingeschaut bei den Banken. Im Euroraum müssen sich die Institute nach Einschätzung der...

DWN
Politik
Politik Verfassungsschutz weist auf russische Sabotageversuche hin
26.07.2024

Der deutsche Inlandsgeheimdienst beobachtet schon länger verstärkte russische Geheimdienstaktivitäten. Neue Hinweise veranlassen ihn...