Finanzen

Erzeugerpreise explodieren - EZB sieht keinen akuten Handlungsbedarf

Die Erzeugerpreise in der Eurozone sind im Februar so stark gestiegen wie nie zuvor seit Beginn der Aufzeichnungen.
06.04.2022 15:00
Lesezeit: 2 min

Die Preise der Hersteller in der Euro-Zone steigen wegen der Kostenexplosion im Energiesektor massiv. Die Erzeugerpreise gewerblicher Produkte kletterten im Februar um den Rekordwert von 31,4 Prozent zum Vorjahresmonat, wie das Statistikamt Eurostat am Mittwoch mitteilte. Allein bei Energie gab es nun einen kräftigen Anstieg von 87,2 Prozent. Klammert man diesen Bereich aus, zogen die Erzeugerpreise insgesamt um 12,2 Prozent an. Preise für die in der Produktion wichtigen Vorleistungsgüter legten um fast 21 Prozent zu. Teure Energie und Rohstoffe belasten die Wirtschaft zunehmend. Die deutsche Logistikbranche warnt bereits vor einer Insolvenzwelle.

Die Produzentenpreise gelten als Frühindikator für die Entwicklung der Inflation. In der Statistik werden die Preise ab Fabriktor geführt - also bevor die Produkte weiterverarbeitet werden oder in den Handel kommen. Sie können damit einen frühen Hinweis auf die Entwicklung der Verbraucherpreise geben.

Die Inflation ist im Euro-Raum derzeit auf dem Vormarsch und weit über die Zielmarke der Europäischen Zentralbank (EZB) von zwei Prozent hinausgeschossen. Angetrieben von hohen Kosten für Öl und Gas kletterten die Verbraucherpreise im März binnen Jahresfrist um 7,5 Prozent - der höchste Wert seit Beginn der Währungsunion. Als Folge der russischen Invasion der Ukraine dürfte der Preisauftrieb, welcher langfristige strukturelle Gründe hat, laut der EZB weiter befeuert werden.

EZB: Nur keine Überreaktionen

Während die Inflation außer Kontrolle gerät, wiegelt die Europäische Zentralbank ab. Ein zu starkes Einschreiten der EZB gegen die hochschießende Inflation würde aus Sicht von EZB-Direktor Fabio Panetta das Wirtschaftswachstum im Euro-Raum abwürgen. Eine solche Straffung der Geldpolitik könne sich zudem nicht direkt auf die gestiegenen Energie- und Lebensmittelpreise auswirken, sagte Panetta am Mittwoch. Denn diese würden von weltweiten Einflussgrößen und jetzt vom Ukraine-Krieg angetrieben. "Stattdessen müssten wir die Binnennachfrage massiv unterdrücken, um die Inflation zu senken", warnte er. Das würde die Wirtschaftsaktivität bremsen. Die Beschäftigung sowie Löhne und Einkommen würden dadurch sinken.

"Die hohe Inflation, die wir erleben, ist hauptsächlich auf globale Faktoren zurückzuführen, einschließlich des Anstiegs der Preise für Öl, Gas und weitere Rohstoffe, auf die die Geldpolitik wenig Einfluss hat", sagte Panetta. Es wäre daher extrem kostspielig, allein von der Geldpolitik zu verlangen, die kurzfristige Inflation zu senken, während gleichzeitig aber die Inflationserwartungen gut verankert blieben, erläuterte er. Die Inflation ist im März im Euro-Raum auf einen neuen Rekordwert von 7,5 Prozent hochgeschossen.

Panettas Argumentation wird in Deutschland von manchen Volkswirten nicht geteilt. So sind beispielsweise die Experten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) der Auffassung, dass eine Straffung der Geldpolitik die Energiepreise in Deutschland drücken kann. Grund dafür ist aus ihrer Sicht die durch steigende Zinsen erwartete Euro-Aufwertung. Aber auch sie gehen wie Panetta davon aus, dass dies unerwünschte Nebenwirkungen wie ein Ausbremsen der Industrieproduktion und steigende Arbeitslosenzahlen zur Folge haben könnte.

Aus Sicht des EZB-Direktors sollte die Notenbank nur dann rasch handeln, wenn im Zuge der steigenden Inflation die Inflationserwartungen aus dem Ruder laufen und sich das Lohnwachstum so stark beschleunigt, dass dies nicht mehr mit dem Zwei-Prozent-Inflationszziel der Währungshüter im Einklang steht. "Wir sehen heute keine Hinweise auf solche Zweitrundeneffekte", sagte er. Seine Position: Von der Geldpolitik seien wegen der aktuellen Unsicherheit vielmehr weiter vorsichtige und graduelle Schritte zur Anpassung der Geldpolitik gefordert.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Positive Nachrichten für den XRP ETF: Moon Hash Automatic Income Plan

Analysten prognostizieren einen potenziellen Kurssprung bei XRP, der einen raschen Marktwechsel hin zur intelligenten...

DWN
Finanzen
Finanzen Neues Silberpreis-Rekordhoch: Warum das Edelmetall vor einer historischen Neubewertung steht
15.12.2025

Die Silber-Rallye ist ungebrochen und die Kurse eilen von einem Allzeithoch zum nächsten. Warum trotz neuem Silberpreis-Rekordhoch zum...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Gewinneinbruch bei Autobauern: Deutsche Hersteller besonders unter Druck
15.12.2025

Die weltweite Krise der Autoindustrie macht den deutschen Herstellern stärker zu schaffen als vielen internationalen Wettbewerbern. Eine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Vertrauensverlust im Mittelstand: Wirtschaft zweifelt an Merz:
15.12.2025

Das Vertrauen des deutschen Mittelstands in die Bundesregierung unter Kanzler Friedrich Merz (CDU) nimmt deutlich ab. Laut einer aktuellen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft 63.000 Jobs bedroht: Ostdeutsche Chemiebranche drängt auf Rettungsplan
15.12.2025

Die Chemieindustrie in Ostdeutschland steht unter Druck: Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften haben der Bundesregierung einen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bahnhofstoiletten bleiben kostenpflichtig: DB sieht keinen Spielraum
15.12.2025

Kostenlose Toiletten an Bahnhöfen sind in Deutschland selten. Laut Bundesregierung sieht die Deutsche Bahn aus Kostengründen keine...

DWN
Finanzen
Finanzen Barzahlen wird zur Ausnahme: Bundesbank sieht Akzeptanzlücken
15.12.2025

Bargeld ist in Deutschland nach wie vor beliebt, doch in Ämtern und Behörden stößt man damit nicht immer auf offene Türen. Die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bauern protestieren gegen niedrige Butterpreise bei Lidl
15.12.2025

Mit Traktoren demonstrieren Landwirte in Baden-Württemberg gegen aus ihrer Sicht ruinöse Milch- und Butterpreise. Im Fokus der Kritik...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft KI revolutioniert Unternehmen: Wie Künstliche Intelligenz Verhandlungen effizienter macht
15.12.2025

Künstliche Intelligenz verändert zunehmend die Arbeitsweise in Unternehmensbereichen, in denen bislang menschliche Erfahrung dominierte....