Wirtschaft

US-Dieselpreise steigen auf Rekordhöhe – auch Deutschland droht die Preisexplosion

Mit den steigenden Ölpreisen klettern auch die Dieselpreise in den USA auf ein Rekordhoch. Ein Embargo gegen russisches Öl dürfte die Lage weiter eskalieren lassen.
03.05.2022 17:00
Lesezeit: 2 min
US-Dieselpreise steigen auf Rekordhöhe – auch Deutschland droht die Preisexplosion
Kraftstoffpreise in schwindelerregenden Höhen: Mehr als 2 Euro je Liter Diesel oder Benzin können die Zapfsäulen mancher Tankstellen gar nicht anzeigen.(Foto: dpa)

Der Dieselpreis in den USA explodiert. Das geht aus Daten des US-amerikanischen Unternehmens "GasBuddy" hervor. GasBuddy gibt Autofahrern in den USA die Möglichkeit in Echtzeit Kraftstoffpreise an laut Angaben des Unternehmens mehr als 150.000 Tankstellen zu vergleichen und so gegebenenfalls Kosten zu sparen. Nun berichtete GasBuddy jüngst, dass der durchschnittliche Benzinpreis in den USA bereits in der zweiten Woche in Folge gestiegen sei – inzwischen sogar um 6,9 Prozent mehr als in der vergangenen Woche, als der Preis auf 4,17 Dollar pro Gallone angestiegen sei. Der nationale Durchschnittspreis für Diesel sei derzeit bereits 1,29 Dollar pro Gallone höher als im Vorjahr.

"Die Benzinpreise haben ihre Rallye in der letzten Woche fortgesetzt, da die Ölpreise weiter gestiegen sind. Aber die eigentliche Geschichte ist der Dieselkraftstoff, der auf den höchsten Stand aller Zeiten angestiegen ist. Diesel kostet jetzt in vielen Gebieten 1 Dollar pro Gallone oder mehr im Vergleich zu Benzin", erklärt Patrick De Haan, Leiter der Mineralölanalyse bei GasBuddy. Der "kometenhafte Anstieg der Dieselpreise" würde sich wahrscheinlich zumindest in der ersten Hälfte der Woche fortsetzen, während die Benzinpreise weiterhin einen langsamen, aber stetigen Anstieg verzeichnen könnten, so De Haan. Vorerst würde der Verbraucher es vor allem im Supermarkt, im Baumarkt oder am Flughafen bemerken, da, wie er ergänzt, "die Kerosinpreise anziehen, was zu einem anhaltenden Anstieg der Inflation führen wird, der sich auf die gesamte Wirtschaft auswirken dürfte".

Auch Bloomberg-Reporter und Energie-Experte Stephen Stapczynski betont auf Twitter: "Die weltweite Treibstoffknappheit trifft amerikanische Trucker, Landwirte und so ziemlich jeden Bereich der US-Wirtschaft. Die Vorräte sind auf den niedrigsten Stand seit Jahrzehnten gesunken." Die Dieselknappheit konzentriere sich dabei vor allem auf die US-Ostküste, wo die Lagerbestände auf dem niedrigsten Stand seit 1996 seien. "Die Kraftstoffhersteller an der Golfküste", führt Stapczynski aus, "haben ihre Exporte nach Lateinamerika/Europa erhöht, während die Pipelines, die die Staaten an der Atlantikküste beliefern, nicht ausgelastet sind." Doch auch diesseits des Atlantiks gilt die Lage als kritisch.

Den letzten Höchststand erreichte der durchschnittliche Dieselpreis in Deutschland so laut benzinpreis.de mit 2,325 Euro pro Liter am 10.03.2022 – und lag damit 66 Cent über dem Dieselpreis vor der russischen Invasion der Ukraine. Heute, am 03.05.2022, liegt er bei 2,102 Euro pro Liter. Also noch unter dem Höchststand, aber bereits höher als eine Woche zuvor, als der durchschnittliche Dieselpreis in Deutschland noch bei etwa 2 Euro pro Liter lag. Auch wenn die bisherigen Preisspitzen so noch nicht erreicht wurden, besteht die Gefahr einer regelrechten Explosion der Preise auch hierzulande. Laut dem Rohstoff-Experten Olaf Zinke liegt das vor allem an der wachsenden Furcht vor einem schnellen europäischem Öl-Lieferstopp: "Der Markt hält ein rasches Ölembargo und eine Preisexplosion für möglich."

Denn während die Abhängigkeiten Deutschlands, nicht nur von Öl und Gas, sondern auch von Mineralrohstoffen aus Russland hinlänglich bekannt sind, gilt die deutsche Dieselabhängigkeit von Russland als in der Öffentlichkeit unterbeleuchtet. Dabei unterstreicht das Institut der deutschen Wirtschaft, dass knapp 15 Prozent der 2019 im deutschen Straßenverkehr verbrauchten 33 Millionen Tonnen Dieselkraftstoff aus Russland kamen. Darüber hinaus machte russischer Diesel im selben Jahr auch rund ein Drittel der deutschen Diesel-Importe aus. Die amerikanische Investmentbank JPMorgan warnte erst kürzlich, dass die Ölpreise bei einem europäischem Öl-Embargo gegen Russland auf einen Rekordwert von 185 Dollar pro Barrel Öl (Brent) ansteigen könnten. Zum Vergleich: Laut oilprice.com liegt der Ölpreis (Brent) derzeit noch bei 106.78 Dollar pro Barrel.

Zwar hat das Bundeskabinett erst vergangene Woche beschlossen, die Energiesteuer bei Diesel, zuerst nur vorläufig, von Juni bis August um 14,04 Cent zu senken. Insgesamt beläuft sich die Energiesteuer auf Diesel hierzulande laut dem Automobilclub von Deutschland jedoch auf 47,04 Cent pro Liter. Hinzu kommen noch die jeweils 19 Prozent Mehrwertsteuer, sodass es am Ende fraglich ist, wie sehr die Maßnahme der Bundesregierung Autofahrer wirklich entlasten kann. In Anbetracht des Umstands, dass Kraftstoffpreise in Deutschland derzeit stärker steigen, als während jeder bisherigen Ölkrise, dürften Verbraucher dankbar nach jedem erdenklichen Strohhalm greifen. Indes rückt ein EU-Embargo gegen russisches Öl – und somit auch die vielerorts befürchtete Preisexplosion – nämlich immer näher.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen CBDCs und Gold – Kontrolle oder Freiheit?

In einer Zeit rasanter Veränderungen stellt sich mehr denn je die Frage: Wie sicher ist unser Geld wirklich? Die Einführung von CBDCs...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Lyft attackiert Uber: Neuer Mobilitäts-Gigant übernimmt FreeNow und greift Europa an
25.04.2025

Der Mobilitätskampf in Europa geht in eine neue Runde – und diesmal kommt die Herausforderung von der anderen Seite des Atlantiks: Lyft,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Der offene Konflikt zwischen Big Tech und der EU eskaliert
24.04.2025

Meta hat den diplomatischen Kurs verlassen und mit scharfen Vorwürfen auf die jüngsten Strafen der EU-Kommission reagiert. Der...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Lego rüstet auf: Wie der Spielzeugriese mit Industrie 4.0 zum globalen Produktionsvorbild werden will
24.04.2025

Mit KI, Robotik und strategischer Fertigung wird Lego zum heimlichen Vorbild europäischer Industrie – und setzt neue Standards in...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Drittes Jahr in Folge kein Wachstum – Habeck senkt Prognose
24.04.2025

Ein drittes Jahr ohne Wachstum, eine düstere Prognose und ein scheidender Minister, der den Stillstand verwaltet: Robert Habeck...

DWN
Politik
Politik Europa sitzt auf russischem Milliardenvermögen – doch es gibt ein Problem
24.04.2025

Europa sitzt auf eingefrorenem russischen Vermögen im Wert von 260 Milliarden Euro – ein gewaltiger Betrag, der den Wiederaufbau der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ifo-Geschäftsklima: Deutsche Unternehmen trotzen globalen Risiken
24.04.2025

Während weltweit wirtschaftliche Sorgen zunehmen, überrascht der Ifo-Index mit einem leichten Plus. Doch der Aufschwung ist fragil: Zwar...

DWN
Finanzen
Finanzen Aktive ETFs: Wie US-Finanzriesen Europa erobern und was das für Anleger heißt
24.04.2025

Amerikanische Vermögensverwalter drängen verstärkt auf den europäischen Markt für aktiv gemanagte ETFs, da hier im Vergleich zu den...

DWN
Politik
Politik Meloni wird Trumps Brücke nach Europa
24.04.2025

Giorgia Meloni etabliert sich als bevorzugte Gesprächspartnerin Donald Trumps – und verschiebt das diplomatische Gleichgewicht in Europa.