Deutschland

Bierkonsum im Sturzflug: Deutsche Brauer in Sorge

Lesezeit: 1 min
08.05.2022 09:00
Erst Corona, jetzt Kostenexplosion: Die Brauerei-Industrie sieht sich massiven Problemen gegenüber.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Ein Fass ohne Boden: Neben starken Kostensteigerungen hat vor allem die Corona-Pandemie in den vergangenen zwei Jahren zu massiven Umsatzeinbußen bei den deutschen Bierbrauern geführt. Im Vergleich zum Jahr 2020 ging der Verbrauch 2021 um 3,4 Prozent auf circa sieben Milliarden Liter zurück. Der einzige positive Trend: Alkoholfreie Biere entwickeln sich seit Jahren positiv.

Entsprechend skeptisch blickt Holger Eichele, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauer-Bundes, beim Gespräch mit den Deutschen Wirtschaftsnachrichten in die Zukunft: „Was gerade passiert, sprengt alle Dimensionen. Wir sehen bei Rohstoffen, Verpackungen, Energie und Logistik nie gekannte Preiserhöhungen. In den Brauereien laufen die Kosten völlig aus dem Ruder. Besonders bei Braumalz und Neuglas schießen die Einkaufspreise durch die Decke.“ Das betreffe Brauereien jeder Größenordnung und in allen Bundesländern gleichermaßen.

Bereits in der Corona-Krise mussten Brauereien ihren Betrieb einstellen. Ein Ende dieser Entwicklung sei nicht in Sicht. Zwar arbeite sich das Gastgewerbe langsam aus der Krise heraus, allerdings habe sich die Lage noch nicht normalisiert. „Noch im März hatten Gastronomen und Hoteliers laut DEHOGA Umsatzverluste in Höhe von fast 28 Prozent gegenüber März 2019 zu verzeichnen“, so Eichele. Und: Die im Handel generierte Wertschöpfung sei bei weitem nicht so hoch. Deshalb erwarte sich der deutsche Brauer-Bund auch von den marktbeherrschenden Handelskonzernen, dass sie nicht tatenlos zusehen, während ihre Lieferanten existenzgefährdenden Kostensteigerungen ausgesetzt sind.

Zudem drückt der Ukraine-Krieg und die hohe Inflation auf die Verbraucherstimmung. Der GfK-Konsumklima-Index war bereits für April um 15,7 Punkte eingebrochen – für Mai werden jetzt sogar minus 26,5 Punkte prognostiziert. Das sei ein historischer Tiefstand, der laut Eichele in der Bierbranche wie auch im Gastgewerbe deutliche Bremsspuren hinterlässt.

Ein Lichtblick in diesem Absturzszenario: Zumindest der Export des deutschen Biers hat sich stabilisiert. Er steht mit rund 18 Prozent der Gesamtmenge des hierzulande gebrauten Bieres zu Buche, wobei Italien, Frankreich und die Niederlande mit insgesamt 43,1 Prozent die Hauptabnehmer sind. Das entspricht 667 Millionen Liter. Weitere wichtige Absatzmärkte deutscher Brauereien sind China mit 9,8 Prozent sowie die USA mit 6,7 Prozent.

Insgesamt zählt der deutsche Dachverband der Bierbrauer 1.500 Brauereien in allen 16 Bundesländern, wobei in Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen rund 70 Prozent der Bierbrauer angesiedelt sind. Allerdings schießen trotz sinkender Absatzzahlen immer mehr kleinere „Handwerksbrauereien“ in den deutschen Großstädten wie etwa Hamburg und Berlin aus dem Boden. Sie experimentieren vor allem mit neuen Biersorten und bemühen sich neue Marktnischen zu erschließen.

Insgesamt ist der Bierkonsum in Deutschland innerhalb der letzten drei Jahrzehnte um ein Drittel zurückgegangen - ein Trend, der sich kaum aufhalten lässt.


Mehr zum Thema:  

DWN
Unternehmen
Unternehmen Neue Verträge: Nach dem KaDeWe sind auch Oberpollinger und Alsterhaus gerettet
26.07.2024

Die berühmten Flaggschiffe der deutschen Warenhäuser scheinen nach der Pleite des Immobilien-Hasardeurs René Benko endlich gerettet zu...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Hilfsgelder von Russland: EU gibt Erträge aus dem eingefrorenen Vermögen frei
26.07.2024

Die Europäische Union hat jetzt die ersten Zinserträge aus dem im Westen eingefrorenem russischen Staatsvermögen freigegeben. Die...

DWN
Politik
Politik Der Chefredakteur kommentiert: Islamisches Zentrum Hamburg - ein längst überfälliges Verbot, Frau Faeser!
26.07.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Bundeskanzler Scholz zu irregulärer Migration: „Die Zahlen müssen runter“
26.07.2024

Erwerbsmigration nach Deutschland sei erwünscht, meint der Kanzler. Problematisch findet er unerlaubte Einreisen. Eine Innenexpertin der...

DWN
Panorama
Panorama ADAC warnt: Es droht schlimmstes Stau-Wochenende der Saison
26.07.2024

Wer nun in den Urlaub fährt, sollte etwas mehr Zeit einplanen und mitunter starke Nerven haben. Der ADAC rechnet mit vielen Staus. Lassen...

DWN
Politik
Politik Außenministerin Baerbock: Seegerichtshof in Hamburg wird an Bedeutung gewinnen
26.07.2024

In Hamburg informiert sich die Außenministerin bei ihrer Sommerreise über die Arbeit des Internationalen Seegerichtshofs. Anschließend...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB nach Stresstest: Banken haben Verbesserungsbedarf bei Cyber-Angriffen
26.07.2024

Seit der Finanzkrise 2008 wird genauer hingeschaut bei den Banken. Im Euroraum müssen sich die Institute nach Einschätzung der...

DWN
Politik
Politik Verfassungsschutz weist auf russische Sabotageversuche hin
26.07.2024

Der deutsche Inlandsgeheimdienst beobachtet schon länger verstärkte russische Geheimdienstaktivitäten. Neue Hinweise veranlassen ihn...