Technologie

US-Regierung bereitet „seismische“ Sanktionen gegen Weltmarktführer vor

Beobachter sprechen von einem Vorgang „seismischer Größenordnung“, der Staaten auf der ganzen Welt in Bedrängnis bringen würde, sollte Biden das Unternehmen mit Sanktionen belegen.
09.05.2022 11:00
Aktualisiert: 09.05.2022 11:29
Lesezeit: 2 min
US-Regierung bereitet „seismische“ Sanktionen gegen Weltmarktführer vor
US-Präsident Joe Biden. (Foto: dpa) Foto: Andrew Harnik

Die US-Regierung erwägt Medienberichten zufolge, den Weltmarktführer im Bereich der Überwachungskameras, das chinesische Unternehmen Hikvision, mit völkerrechtswidrigen Sanktionen zu belegen. Wie die Financial Times unter Verweis auf vier namentlich nicht genannte Quellen berichtet, bereite Washington „die Grundlagen“ zur Verhängung von Sanktionen vor.

Hikvision - nicht irgendeine Firma

Beobachtern zufolge würden Sanktionen gegen Hikvision weitreichende Folgen für Länder auf allen Erdteilen nach sich ziehen. Regierungen und Unternehmen, die dem einseitig von den USA erlassenen Sanktionen danach zuwiderhandeln und weiterhin Geschäfte mit Hikvision machen, drohten dann selbst zum Ziel von Sanktionen zu werden. „Wenn sie aktiviert werden stellen diese Sanktionen eine seismische Entwicklung dar“, zitiert die FT eine Direktorin der US-Organisation „Human Rights Watch.“ Ein hochrangiger Funktionär der US-Beratungsfirma Beacon Global Strategies sagte: „Es kostet Milliarden, wenn Regierungen und Firmen schrittweise ältere Hikvision-Produkte ersetzen müssen, die nicht mehr repariert werden dürfen. Andere Hersteller dürften zudem Jahre brauchen, um die dadurch ausgelöste Nachfrage bedienen zu können.“

Die Konsequenzen wären gewaltig. Schätzungen zufolge verwenden mehr als 1000 Städte in rund 180 Ländern derzeit Kameras oder andere Produkte von Hikvision, berichtet die FT. Zu den wichtigsten Märkten des chinesischen Weltmarktführers gehören demnach Vietnam, die USA selbst, Mexiko, Großbritannien und Brasilien.

Begründet wird der Feldzug gegen das Unternehmen mit angeblichen „Menschenrechtsverletzungen.“ Der US-Regierung zufolge spielt Hikvision mit seinen Produkten eine wichtige Rolle bei der mutmaßlichen Unterdrückung von etwa einer Million Uiguren im Nordwesten Chinas. Peking dementiert die aus den USA vorgebrachten Vorwürfe seit Jahren und spricht von Schulungsprogrammen und Anti-Terror-Bildungseinrichtungen.

Biden erweitert Schwarze Liste mit chinesischen Firmen

US-Präsident Joe Biden verschärft das Vorgehen gegen chinesische Firmen mit angeblichen Verbindungen zum Militär der Volksrepublik. So unterzeichnete der US-Präsident Anfang Juni 2021 eine Verfügung, wonach Amerikanern der Handel mit Wertpapieren von zunächst 59 chinesischen Firmen ab dem 2. August verboten wird. Die chinesische Regierung protestierte bereits vor der Verkündung gegen die Pläne. Außenamtssprecher Wang Wenbin sagte, die USA ignorierten die Fakten, sollten "ihre Fehler korrigieren und aufhören, den Finanzmärkten und Interessen von Investoren zu schaden".

Die Maßnahme des US-Präsidenten baut auf einer Verfügung von Bidens Amtsvorgänger Donald Trump vom November auf, in deren Folge mehr als 40 Firmen mit angeblichen Militär-Verbindungen auf die Schwarze Liste gesetzt worden waren. Bidens Verfügung betrifft nun auch Firmen, denen die USA vorwerfen, mit Überwachungstechnologie zu Menschenrechtsverletzungen beizutragen.

Das Weiße Haus teilte mit, die Verfügung "erlaubt es den Vereinigten Staaten, gezielt und in einem bestimmten Umfang US-Investitionen in chinesische Unternehmen zu verbieten, die die Sicherheit oder die demokratischen Werte der Vereinigten Staaten und unserer Verbündeten untergraben". Die Maßnahme stehe "im Einklang mit der Verpflichtung der Biden-Regierung, die zentralen nationalen Sicherheitsinteressen der USA und die demokratischen Werte zu schützen". Die Liste werde bei Bedarf aktualisiert. Zuständig ist das Finanzministerium, nicht mehr - wie bei Trumps Verordnung - das Verteidigungsministerium.

Viele der nun aufgelisteten Unternehmen waren bereits von der früheren Verfügung betroffen, darunter der Netzwerk-Ausrüster und Smartphone-Anbieter Huawei sowie Chinas drittgrößte staatliche Ölgesellschaft CNOOC.

Lesen Sie dazu: Sanktionen schmerzen Huawei - könnten für die Amerikaner aber nach hinten losgehen

Trumps Verfügung hatte sich aber als angreifbar erwiesen: So erwirkte der chinesische Smartphone-Anbieter Xiaomi vor einem Gericht in Washington, von der Schwarzen Liste gestrichen zu werden. Xiaomi findet sich auch nicht auf der neuen Liste.

Auf der Schwarzen Liste stehen auch die chinesische Telekomriesen China Mobile und China Unicom sowie Luft- und Raumfahrtunternehmen wie Avic und China Aerospace Science and Technology Corporation (CASC). Auch das besagte Hangzhou Hikvision findet sich auf der Liste.

Der Republikaner Trump hatte vor vier Jahren einen Handelskrieg mit China aufgenommen, der mit gegenseitigen Strafzölle eskalierte und bis heute andauert. Seine Regierung ging auch gegen diverse chinesische Unternehmen vor. Der Demokrat Biden führte den ökonomischen und politischen Feldzug gegen China fort.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft CO2-Zertifikate: Europas Aufschub, der Autofahrer teuer zu stehen kommt
15.11.2025

Europa verschiebt den Start seines neuen CO2-Handelssystems – doch die Benzinpreise werden trotzdem steigen. Während Brüssel von...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeitsmarkt 2030: Diese Fachkräfte werden in fünf Jahren gebraucht
15.11.2025

Automatisierung, KI und Klimawandel verändern den globalen Arbeitsmarkt rasant. Bis 2030 entstehen Millionen neuer Jobs, doch viele...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzielles Notfallpaket: So sichern Sie Ihr Vermögen in Krisenzeiten
15.11.2025

In Zeiten wachsender Unsicherheiten rückt neben Notvorräten und Fluchtplänen auch die finanzielle Absicherung in den Fokus. Marek...

DWN
Politik
Politik Für einen Kampfjet braucht es 400 Kilogramm seltene Erden: Europa im Wettbewerb mit China und den USA
15.11.2025

Seltene Erden sind zu einem entscheidenden Faktor in globalen Machtspielen geworden und beeinflussen Industrie, Verteidigung und Hightech....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Klassengesellschaft 2.0 – Warum Demokratie ohne soziale Gleichheit zerbricht
15.11.2025

In Deutschland redet kaum jemand über Klassen – als wäre soziale Herkunft heute keine Machtfrage mehr. Doch die Soziologin Prof. Nicole...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzblasen 2025: Wo der nächste große Crash drohen könnte
15.11.2025

An den Finanzmärkten steigt die Nervosität. Künstliche Intelligenz treibt Bewertungen auf Rekordhöhen, Staaten verschulden sich wie nie...

DWN
Immobilien
Immobilien Immobilienpreise: Boom zu Neuverträgen – eine Prognose
15.11.2025

Laut ifo sind Neuverträge in Großstädten um 48 Prozent teurer als Bestandsverträge. Das, so Experten, ist nicht nur ein Problem für...

DWN
Finanzen
Finanzen So profitiert Trumps Familie im Kryptosektor: CZ-Deals bringen Milliarden
14.11.2025

Der Fall um Čangpeng Žao und die Trump Familie wirft ein Schlaglicht auf die Verknüpfung von Kryptowährungen, Finanzströmen und...