Finanzen

China: Drohende Kapitalkontrollen beunruhigen ausländische Unternehmen

In China zeigen sich bereits erste Vorboten kommender Kapitalkontrollen. Für ausländische Unternehmen in dem Land ergäben sich daraus erhebliche Probleme.
14.05.2022 09:16
Lesezeit: 2 min
China: Drohende Kapitalkontrollen beunruhigen ausländische Unternehmen
Xi Jinping, Präsident von China, könnte erneut zu Kapitalkontrollen greifen. (Foto: dpa) Foto: Yue Yuewei

Ende des Jahres 2016, als die chinesischen Währung in Richtung 7 Yuan pro Dollar stürzte, sah China sich gezwungen, strenge Kapitalverkehrskontrollen einzuführen. Peking erhöhte damals die Hürden für europäische und amerikanische Unternehmen, Gelder ins Ausland zu transferieren.

In der Folge konnten mehrere betroffene Unternehmen keine Dividendenzahlungen mehr an Aktionäre im Ausland überweisen. Denn die chinesischen Aufsichtsbehörden wollten dringend verhindern, dass anhaltende Abflüsse von Geldern ins Ausland den Druck auf die schwächelnde Währung Yuan verstärken würden.

Die strengeren Regeln betrafen Überweisungen von Beträgen über 5 Millionen Dollar, unabhängig davon, ob die Zahlungswährung Yuan oder eine Fremdwährung sei, sagte damals die die Handelskammer der Europäischen Union in China in einer Erklärung. Einige Regionen Chinas hätten den Schwellenwert sogar auf nur 1 Million Dollar festgelegt.

Diese Art von Beschränkungen könnte bald wieder zum Arsenal Pekings gehören, sagt George Lei von Bloomberg Markets Live. Denn China sei nun erneut bestrebt, die Währungsabwertung des Yuan in den Griff zu bekommen. Der Kontext sei ähnlich wie in den Jahren 2016 und 20717. Die US-Notenbank Federal Reserve erhöht erneut die Zinsen und in der Folge flieht das Kapital aus China.

Mehr zum Thema: China bereitet sich mit Hochdruck auf drohende US-Sanktionen vor

Globale Portfoliomanager, ausländische Unternehmen und Angehörige von Chinas wohlhabender Oberschicht verlassen China oder bringen viel weniger Kapital nach China. Nach Schätzungen des International Institute of Finance (IIF) verzeichnete das Land im März einen noch nie dagewesenen Kapitalabfluss von Anleihe- und Aktienanlegern, und die Nettoverkäufe setzten sich auch im April fort.

Die gesamten Kapitalabflüsse könnten in diesem Jahr auf etwa 300 Milliarden Dollar ansteigen, deutlich mehr als doppelt so viel wie die 129 Milliarden Dollar im Jahr 2021, so das IIF in einem Bericht von letzter Woche. Diese Zahl liegt zwar deutlich unter den von dem Institut für 2016 geschätzten 725 Milliarden Dollar. Allerdings sind auch Chinas Möglichkeiten im Kampf gegen das Phänomen heute wesentlich geringer.

Denn Handelskriege, Corona und zahlreiche Unterbrechungen von Versorgungsketten waren damals noch keine Themen für ausländische Führungskräfte in China. Im Jahr 2022 haben nun aber 52 Prozent der 121 von der amerikanischen Handelskammer in China befragten Unternehmen ihre Investitionen entweder gekürzt oder verschoben.

Da nur 1 Prozent der ausländischen Führungskräfte in China plant, die Investitionen in dem Land zu erhöhen, haben Chinas Behörden nun die schwierige Aufgabe, die ausländischen Direktinvestitionen anzukurbeln, während China vor dem Hintergrund der sich schnell ausbreitenden Omikron-Variante zugleich an seiner Null-Covid-Politik festhält.

Anekdotische Hinweise deuten darauf hin, dass auch Chinas wohlhabenden Schicht auf der Flucht ist, unter anderem nach Singapur. Dort wächst das von BNP Paribas verwaltete Vermögen für Kunden in Südostasien im "einstelligen Bereich", während das Vermögen von Kunden im Großraum China "im hohen zweistelligen Bereich" wächst, so Arnaud Tellier, Asien-Pazifik-Chef der Vermögensverwaltungssparte der französischen Bank.

Der US-Nachrichtensender CNBC berichtete bereits Ende März, dass sich die Anfragen bei einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft im Stadtstaat Singapur zur Gründung von Family Offices in den letzten zwölf Monaten verdoppelt haben. Meist kommen die Anfragen von in China ansässigen oder von dort nach Singapur ausgewanderten Personen.

Zwischen 2014 und 2016 fielen Chinas Devisenreserven um fast 1 Billion Dollar, während der Yuan gegenüber dem Dollar mehr als 11 Prozent verlor. Mit Reserven von knapp über 3,1 Billionen Dollar im April kann es sich Peking heute nicht mehr leisten, seine Dollarreserven in ähnlicher Weise abzubauen. Auch eine Anhebung der Zinssätze kommt angesichts der desolaten Wirtschaftslage in China nicht in Frage.

Im Jahr 2016 schlugen die chinesischen Aufsichtsbehörden der Deutschen Bank vor, die Erlöse aus einem Anteilsverkauf in Höhe von 3,9 Milliarden Dollar nicht auf einen Schlag, sondern in mehreren Tranchen zu überweisen. In naher Zukunft könnten Unternehmen in China nun erneut von derartigen Problemen betroffen sein

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

DWN
Finanzen
Finanzen Nvidia-Aktie: Weshalb selbst starke Zahlen ein strukturelles Problem nicht lösen
07.12.2025

Die Nvidia-Aktie glänzt mit beeindruckenden Ergebnissen, doch Anleger übersehen oft ein zentrales Risiko. Die enorme Größe des Konzerns...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Mautkosten in Europa steigen: Wie sich Speditionen jetzt Wettbewerbsvorteile sichern
07.12.2025

Trotz wachsender Belastungen im europäischen Transportsektor zeigt sich immer deutlicher, dass Mautgebühren weit mehr sind als ein...

DWN
Panorama
Panorama Weihnachten mit kleinerem Budget: Viele Menschen müssen bei Weihnachtsgeschenken sparen
07.12.2025

Weihnachten rückt näher, doch viele Haushalte kalkulieren strenger als je zuvor. Eine neue Umfrage zeigt, wie stark Preissteigerungen die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft OpenAI-Bilanz: Deloitte prüft Milliardenpläne und Michael Burry entfacht Debatte
07.12.2025

OpenAIs rasanter Aufstieg und die enormen Investitionspläne des Unternehmens rücken die Transparenz der OpenAI-Bilanz in den Mittelpunkt....

DWN
Politik
Politik Elektromobilitätssteuer Großbritannien: Wie London die E-Auto-Revolution abbremst
07.12.2025

Großbritannien setzt mit einer kilometerbasierten Abgabe ein hartes Signal an alle E-Autofahrer und stellt die finanzielle Logik der...

DWN
Politik
Politik Russlands Desinformationskampagnen: Wie Europa gegen Putins Trolle kämpft
06.12.2025

Europe wird zunehmend Ziel digitaler Einflussoperationen, die gesellschaftliche Stabilität, politische Prozesse und wirtschaftliche...

DWN
Immobilien
Immobilien Baufinanzierung Zinsen: Entwicklung des Bauzinses 2025 - und wie es 2026 weitergeht
06.12.2025

Nachdem die Zinsen – darunter der Bauzins – in Deutschland seit 2019 eine gewisse Schieflage erreicht haben, scheint nun Ruhe...

DWN
Finanzen
Finanzen Marktausblick 2026: Internationale Aktien und Small-Cap-Aktien sind am besten positioniert
06.12.2025

KI treibt Teile der Weltwirtschaft nach vorn, während andere Branchen stolpern. Gleichzeitig locken Staaten mit neuen Ausgabenprogrammen...