Finanzen

Hedgefonds "Bridgewater" wettet gegen Firmen-Anleihen

Lesezeit: 3 min
09.06.2022 09:51  Aktualisiert: 09.06.2022 09:51
Der Hedgefonds Bridgewater rechnet mit einem anhaltenden Abschwung in der Weltwirtschaft und positioniert sich entsprechend.
Hedgefonds "Bridgewater" wettet gegen Firmen-Anleihen
Das Gebäude der New Yorker Börse. (Foto: dpa)

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Der Hedgefonds Bridgewater Associates rechnet mit einem lang anhaltenden Abschwung der Weltwirtschaft und wettet deshalb gegen Unternehmensanleihen aus den USA und Europa.

„Wir befinden uns in einer radikal neuen Welt. Wir nähern uns einem Abschwung“, zitiert die Financial Times einen hochrangigen Investitionsmanager des Fonds. Bridgewater erwartet, dass die Inflationsraten weltweit hoch bleiben werden und die Zentralbanken folglich weitere deutliche Anhebungen der Leitzinsen durchführen müssen.

Die aus der Straffung der Geldpolitik resultierende Verknappung der für das Funktionieren des Finanzsystems notwendigen Liquidität wiederum werde einen Abschwung in der Weltwirtschaft auslösen, was sich wiederum negativ auf die Geschäfte der Unternehmen und die Kurse ihrer Anleihen auswirken werde.

Sollte die US-Zentralbank beispielsweise versuchen, die Inflationsrate auf ihren Zielwert um 2 Prozent herunterzuschrauben, dann „straffen sie vielleicht in starkem Ausmaß, was dann die Wirtschaft und die schwächeren Firmen in ihr brechen“ würde, zitiert die FT den Manager.

Die Kurse von Anleihen riskanterer Unternehmen stehen bereits seit Wochen unter Druck. Sowohl in den Vereinigten Staaten als auch in Europa haben die einschlägigen Papiere durchschnittlich zwischen 10 und 12 Prozent verloren. Die Renditen sind im Gegenzug gestiegen.

Dem Bridgewater-Manager zufolge werden die Zinserhöhungen maßgeblicher Zentralbanken dem Weltfinanzsystem Liquidität entziehen. Als Folge würden die Preise vieler Wertanlagen, die in den vergangenen Jahren deutliche Zuflüsse registriert hatten und daher stiegen, unter die Räder kommen. „Sie wollen in einem solchen Fall auf der anderen Seite des Liquiditätsgraben sein, raus aus Wertanlagen, die die Liquidität brauchen und rein in Wertanlagen, die diese nicht benötigen.“

Der Manager erwartet allerdings, dass die US-Zentralbank an irgendeinem Punkt ihren Zinserhöhungszyklus abbrechen muss, weil die Finanzmärkte einbrechen und die Arbeitslosigkeit aufgrund von Insolvenzen und Pleiten deutlich zunehme.

OECD senkt Wachstumsprognose

Die Industriestaaten-Organisation OECD hat ihre Prognose für das Wachstum der Weltwirtschaft deutlich nach unten korrigiert. Statt mit bislang 4,5 Prozent wird nun im laufenden Jahr nur noch mit einem Wachstum von 3 Prozent gerechnet, teilte die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) am Mittwoch in Paris mit. Für das kommende Jahr wird ein Wachstum von 2,8 Prozent statt wie bislang prognostiziert von 3,2 Prozent erwartet. Die Inflation werde zudem in Folge des Krieges in der Ukraine höher ausfallen und länger andauern, als bislang angenommen, sagte OECD-Generalsekretär Mathias Cormann.

Für Deutschland sagt die OECD für 2022 ein Wirtschaftswachstum von 1,9 Prozent und für 2023 von 1,7 Prozent voraus. Der Krieg und das Ölembargo gegen Russland beeinträchtigten die Erholung. Der Inflationsanstieg schwäche die Kaufkraft, wodurch die Belebung des privaten Verbrauchs gedämpft werde. Die erhöhte Unsicherheit, der starke Anstieg der Energiepreise und neue Materialengpässe beeinträchtigten etliche Branchen sowie Privatinvestitionen und Exporte. Förderprogramme zur Abfederung der steigenden Energie- und Nahrungsmittelpreise müssten zielgenau auf bedürftige Haushalte und Unternehmen ausgerichtet werden, riet die OECD.

„Die Aussichten sind ernüchternd, und Russlands Angriff auf die Ukraine kommt die Welt bereits jetzt teuer zu stehen“, sagte OECD-Chefvolkswirtin Laurence Boone. Der Umfang der Kriegsfolgen und die Verteilung der Lasten hänge stark von Entscheidungen der Politik ab. Angemerkt werden muss hier, dass Russlands Krieg gegen die Ukraine nicht ursächlich für die Schwierigkeiten im Weltfinanzsystem und dem Weltwirtschaftssystem sind, sondern strukturelle Probleme noch verschärfte. Zu diesen strukturellen Problemen zählen etwa die Bemühungen um einen Ausstieg aus fossilen Energieträgern, die Folgen der Pandemie-Maßnahmen oder die Instabilität des Fiat-Geldsystems.

Zum Verhindern einer Nahrungsmittelkrise sei mehr internationale Zusammenarbeit nötig. Reiche Länder müssten ärmeren bei der Versorgung helfen und nicht wie bei der Impfstoffversorgung in der Corona-Krise Bestände horten. Um den von Lieferstörungen betroffenen Ländern zu helfen, müssten Exportbeschränkungen verhindert werden. Auch brauche es mehr Anstrengungen zum Transport von Rohstoffen aus der Ukraine.

Die Regierungen müssten dringend handeln, um einkommensschwache Haushalte vor den Kosten des Kriegs zu schützen, verlangte die OECD. Die beste Lösung zum Abfedern des Effekts der höheren Preise seien befristete und gezielte steuerliche Maßnahmen, die auf Bedürftige ausgerichtet seien. Die Länder müssten ihre Haushaltsprioritäten entsprechend neu gewichten, sagte OECD-Chefvolkswirtin Boone.

Mit Blick auf Deutschland mahnte die OECD zu zielgenauen Hilfsprogrammen, damit Investitionen in wachstumsstarke Sektoren sowie die Bemühungen zum Energiesparen nicht abgeschwächt werden. Zur Beschleunigung der Energiewende müsse verstärkt in Infrastruktur und die Digitalisierung investiert werden. Planungsverfahren müssten beschleunigt werden. Um dem Fachkräftemangel zu begegnen, sollten Frauen und Ältere besser in den Arbeitsmarkt eingebunden und die Anerkennung von Berufsabschlüssen Zugewanderter erleichtert werden.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Politik
Politik DWN-Kommentar: Eine Welt ohne Europa?
04.05.2024

Der Krieg in der Ukraine und die Spannungen im Nahen Osten gefährden die Zukunftsfähigkeit der EU. Nun steht sie an einem Scheideweg:...

DWN
Finanzen
Finanzen Platzt die ETF-Blase – was dafür, was dagegen spricht
04.05.2024

Kaum eine Investmentform konnte in den zurückliegenden Jahren die Gunst der Anleger derart erlangen wie dies bei Exchange Traded Funds,...

DWN
Immobilien
Immobilien Streikwelle auf Baustellen droht: Gewerkschaft kündigt Massenstreiks an
04.05.2024

Die Bauindustrie steht vor Massenstreiks: Gewerkschaft kündigt flächendeckende Arbeitsniederlegungen mit rund 930.000 Beschäftigten an.

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Chinas Einfluss in Südostasien: Herausforderung für deutsche Firmen
04.05.2024

Deutsche Unternehmen suchen verstärkt nach Alternativen zum chinesischen Markt und richten ihr Augenmerk auf die aufstrebenden...

DWN
Technologie
Technologie CO2-Speicherung: Vom Nischenthema zum Wachstumsmarkt
04.05.2024

Anreize durch die Politik, eine neue Infrastruktur und sinkende Kosten: CO2-Speicherung entwickelt sich zusehends vom regionalen...

DWN
Politik
Politik Wahljahr-Turbulenzen: Biden im Kreuzfeuer der Gaza-Proteste
04.05.2024

Seit Monaten sind bei fast jedem öffentlichen Auftritt von Präsident Joe Biden propalästinensische Demonstrationen zu sehen, die sich im...

DWN
Politik
Politik Mindestlohn: Neues Streitthema köchelt seit dem Tag der Arbeit
04.05.2024

Im Oktober 2022 wurde das gesetzliche Lohn-Minimum auf zwölf Euro die Stunde erhöht. Seit Jahresanfang liegt es bei 12,41 Euro, die von...

DWN
Technologie
Technologie Deutsches Start-up startet erfolgreich Rakete
04.05.2024

Ein deutsches Start-up hat eine Rakete von zwölf Metern Länge entwickelt, die kürzlich in Australien getestet wurde. Seit Jahrzehnten...