Avril Haines ohne Informationen: Die Koordinatorin der US-amerikanischen Geheimdienste konnte kürzlich in einem Senatsausschuss Fragen über den Kriegsverlauf auf den Schlachtfeldern der Ukraine und die nächsten Schritte von Präsident Wolodimir Selenskyj nicht beantworten.
Es sei «sehr schwer zu sagen», wie die künftige Strategie der Ukraine aussehen werde, sagte Haines. «Wir haben wohl einen besseren Einblick in die russische Seite als die ukrainische Seite.»
Anders ausgedrückt: Obwohl Washington seit der russischen Invasion für die Ukraine zivile und militärische Hilfspakete im Wert von mehr als 50 Milliarden Dollar genehmigt hat, tappt das Weiße Haus weitgehend im Dunkeln.
Die US-Regierung soll weder über die Pläne der ukrainischen Streitkräfte informiert, noch über Rückschläge im Kampf gegen die Russen in Kenntnis gesetzt werden. Selbst US-Verteidigungsminister Lloyd Austin, der sich regelmäßig mit Offiziellen in Kiew austauscht, besitze keine Zusatzinformationen, berichtete kürzlich die «New York Times».
Die USA selbst hat nach amtlichen Angaben sämtliche Militärberater und Ausbildner aus Kiew abgezogen. Damit fehlt ihnen der direkte Draht zu den ukrainischen Streitkräften und den kommandierenden Generälen.
Ein weiteres Problem dieser Partnerschaft: Den ukrainischen Streitkräften fällt es zunehmend schwer, die modernen Waffen und Hilfsmittel aus ausländischer Produktion auf dem Schlachtfeld einzusetzen.
Auch berichtete die New York Times kürzlich über den Einsatz von Nachtzielgeräten des Typus JIM LR – ein Hightech-Feldstecher - der Artillerie-Ziele in 10 Kilometer Entwerfung lokalisieren kann. Das Problem dabei: Die in der Umgebung von Cherson stationierten ukrainischen Truppen hätten nicht gewusst, wie die Geräte funktionierten.
«Ich habe versucht zu lernen, wie man es benutzt, indem ich das Handbuch auf Englisch gelesen und Google Translate verwendet habe, um es zu verstehen», zitierte die Zeitung einen Korporal der ukrainischen Streitkräfte.
Ein anderes Beispiel: Die Haubitzen des Typus M777 beruhen auf dem Maßsystem, das in Amerika geläufig ist. Sie lassen sich deshalb nicht mit europäischen Schraubenschlüsseln auseinandernehmen und warten.
In den USA herrscht die Angst vor, dass Kiew die Regierung Biden vor vollendete Tatsachen stellen könnte, falls sich der Wind auf dem Schlachtfeld dreht. Der US-Präsident betont zwar immer wieder, dass es Sache Selenskyjs sei, den Krieg am Friedenstisch zu beenden. Allerdings will er sich auch nicht dem Vorwurf ausgesetzt sehen, Geld aus dem Fenster zu werfen.
Am rechten und linken Flügel des politischen Spektrums in den USA wird der Ruf nach besserer Aufsicht über die Hilfspakete für die Ukraine lauter. Abgeordnete in Washington wollen wissen, wie und wo Kiew die US-Waffen einsetzt.
So sagte die demokratische Senatorin Elizabeth Warren kürzlich während einer Anhörung: Sie unterstütze die Ausgaben, sei "aber sehr besorgt über die Risiken von Verschwendung", angesichts der milliardenschweren Hilfspakete. Die Mittel, die der Kongress in Washington genehmigt, müssten verantwortungsvoll ausgegeben werden. Bisher aber habe das Pentagon es unterlassen, Rechenschaft über die verteilten Gelder abzulegen.