Weltwirtschaft

Brasilien nutzt Rückzug der Europäer und deckt sich mit russischer Energie ein

Lesezeit: 2 min
14.07.2022 14:13  Aktualisiert: 14.07.2022 14:13
Brasilien nutzt den Rückzug der Europäer und kauft „so viel Diesel wie möglich“ in Russland. Das Land sichert sich in großem Umfang russische Energieträger.
Brasilien nutzt Rückzug der Europäer und deckt sich mit russischer Energie ein
Jair Bolsonaro, Präsident von Brasilien, und Wladimir Putin, Präsident von Russland, bei einem Treffen im Februar 2022. (Foto: dpa)
Foto: Alan Santos

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Brasilien steht nach den Worten seines Präsidenten Jair Bolsonaro kurz vor dem Abschluss neuer Energie-Abkommen mit Russland. Ziel sei es unter anderem, Diesel-Treibstoff aus Russland zu importieren, sagte Bolsonaro ohne Details zu nennen. Dies berichteten mehrere Medien des südamerikanischen Landes, etwa die brasilianische Wirtschaftszeitung Valor Econômico am Dienstag.

Brasiliens Außenminister Carlos Alberto Franco França sagte der Zeitung zufolge nach einem Treffen des UN-Sicherheitsrates in New York, dass sein Land „so viel, wie wir können“ des Kraftstoffs von Russland kaufen wolle. „Wir müssen garantieren, dass es genug Diesel für die brasilianische Landwirtschaft gibt, und für die brasilianischen Fahrer.“

Bolsonaro hatte am Montag gesagt, dass der Kraftstoff in zwei Monaten in Brasilien ankommen werde. „Russland betreibt weiter Handel mit der ganzen Welt“, sagte Bolsonaro dem brasilianischen Nachrichtenportal G1 zufolge mit Blick auf die Sanktionen der Nato-Ländern und ihrer Verbündeten.

Außenminister França sagte in New York, Russland sei ein „strategischer Partner Brasiliens. Wir sind Partner in der Gruppe der BRICS-Staaten.“ Außerdem hänge man stark von Düngemitteln aus Russland und Weißrussland ab. „Und klar, Russland ist ein großer Lieferant von Öl und Gas. Das können Sie Deutschland fragen, das können Sie Europa fragen.“ In Brasilien sei Diesel eben knapp.

Lesen Sie dazu: Putin: Werden Waren- und Energieströme nach Asien, Afrika und Südamerika umleiten

Von Reportern gefragt, ob es keinen Widerstand gegen die Diesel-Käufe gebe, weil sie gegen die Russland-Sanktionen verstoßen, sagte França: „Ich denke nicht.“ Dem Portal The Week zufolge sagte França: „Oh nein.“ Bevor man weiterhin Brasilien kritisiere, solle man erst einmal den deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz fragen, warum Deutschland noch immer Gas aus Russland kaufe, zitiert The Week França.

Quellen zufolge soll es in den vergangenen Tagen Gespräche zwischen mindestens drei russischen Diesel-Lieferanten und brasilianischen Importeuren gegeben haben, berichtet das Nachrichtenportal FMT. Den namentlich nicht genannten Quellen zufolge sollen die Verhandlungen von den Außen- und Energieministerien des südamerikanischen Landes organisiert worden sein - und auch der Botschafter Russlands in Brasilien soll teilgenommen haben.

Ein Besuch in Russland - inklusive Treffen mit Präsident Putin im Februar - sollte laut Bolsonaro der Verbesserung der Handelsbeziehungen dienen. Brasilien ist weltweit einer der führenden Agrarproduzenten. Bolsonaro ist vor der Präsidentenwahl in Brasilien im Oktober auch an niedrigen Kraftstoffpreisen gelegen.

Brasilien ist nicht das einzige Land, welches seine Importe russischer fossiler Energieträger seit Ausbruch des Krieges deutlich erhöht hat oder dies plant. Wie Bloomberg berichtet, haben zuletzt auch Käufer im Nahen Osten in bedeutendem Umfang russische Energie (Rohöl, Ölderivate, Schmierstoffe, Kerosin, Schiffsdiesel und Erdgas) importiert.

Bolsonaro: Sanktionen gegen Russland „unwirksam“

Die wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine verhängten Sanktionen der Nato- und EU-Staaten haben nach Ansicht Bolsonaros ihre Wirkung verfehlt. „Die wirtschaftlichen Schranken der Vereinigten Staaten und Europas gegen Russland haben nicht funktioniert“, sagte Bolsonaro vergangene Woche brasilianischen Medien zufolge vor Anhängern. Er lag damit auf einer Linie mit Russlands Staatschef Wladimir Putin, der die Sanktionen schon vor vielen Wochen für gescheitert erklärt hatte.

Zudem verteidigte Bolsonaro seine Linie des „Gleichgewichts“ im Ukraine-Krieg. Diese Haltung habe es ermöglicht, Düngemittel von Russland zu kaufen. Putin hatte Brasilien Ende Juni die weitere Lieferung von Düngemitteln zugesagt. Auch stehe Russland Brasilien bei der Frage der Souveränität des Amazonasgebiets zur Seite, sagte Bolsonaro. Kritik an seiner Umweltpolitik in dem riesigen Waldgebiet hatte der Staatschef immer wieder als Einmischung von Außen abgetan.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Konfliktlösung ohne Gericht: Verbraucherschlichtung als Chance für Ihr Business
27.04.2024

Verabschieden Sie sich von langwierigen Gerichtsverfahren! Mit dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) senken Sie Ihre Kosten,...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Krieg in der Ukraine: So ist die Lage
27.04.2024

Wegen Waffenknappheit setzt der ukrainische Präsident, Wolodymyr Selenskyj, auf Ausbau der heimischen Rüstungsindustrie, um sein Land...

DWN
Finanzen
Finanzen Hohes Shiller-KGV: Sind die Aktienmärkte überbewertet?
27.04.2024

Bestimmte Welt-Aktienmärkte sind derzeit sehr teuer. Diese sind auch in Indizes wie dem MSCI World hoch gewichtet. Manche Experten sehen...

DWN
Finanzen
Finanzen EM 2024 Ticketpreise explodieren: Die Hintergründe
27.04.2024

Fußball-Enthusiasten haben Grund zur Freude: Es besteht immer noch die Chance, Tickets für die EM 2024 zu erwerben. Allerdings handelt es...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Deutschland als Unternehmensstandort: Zwischen Herausforderungen und Chancen
27.04.2024

Trotz seines Rufes als europäischer Wirtschaftsmotor kämpft Deutschland mit einer Vielzahl von Standortnachteilen. Der Staat muss...

DWN
Immobilien
Immobilien Deutschlands herrenlose Häuser: Eine Chance für den Markt?
27.04.2024

Herrenlose Immobilien - ein kurioses Phänomen in Deutschland. Es handelt sich hier um Gebäude oder Grundstücke, die keinen...

DWN
Finanzen
Finanzen Reich werden an der Börse: Ist das realistisch?
27.04.2024

Viele Anleger wollen an der Börse vermögend werden. Doch ist das wahrscheinlich - oder wie wird man tatsächlich reich?

DWN
Politik
Politik DWN-Kommentar: Deutsche müssen über Abschiebungen diskutieren - mit aller Vorsicht
26.04.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...