Der japanische Yen ist am Devisenmarkt unter starken Abwertungsdruck geraten. Die Währung verlor am Donnerstag zum US-Dollar rund ein Prozent an Wert. Inzwischen müssen mehr als 139 Yen für einen Dollar bezahlt werden, dabei handelt es sich um den tiefsten Stand seit 24 Jahren. Ende Februar lag der Wechselkurs noch bei 115 Yen.
Japans expansive Geldpolitik gegen den Strom
Die Yen-Schwäche ist Folge der nach wie vor extrem expansiven Geldpolitik der japanischen Zentralbank. Während nun fast alle anderen Zentralbanken der Welt eine mehr oder weniger starke Normalisierung (in Form steigender Leitzinsen oder der Beendingung von Wertpapierkäufen) eingeleitet haben, pumpt die Bank of Japan weiterhin Billionen aus dem Nichts geschaffener Yen-Währungseinheiten ins System, indem sie damit Wertpapiere aufkauft.
Nicht nur hält sie den Leitzins mit minus 0,1 Prozent im negativen Bereich, sie erwirbt demnach auch in großem Umfang Staatsanleihen und Aktien. Das Ziel der Anleihekäufe: die Rendite auf zehnjährige Staatspapiere soll die Marke von 0,25 Prozent nicht überschreiten, damit der Staat nicht in die Gefahr eines Bankrotts gerät.
Im März 2021 berichtete die Wirtschaftswoche, dass die Bank of Japan zum damaligen Zeitpunkt 7 Prozent des gesamten japanischen Aktienmarktes besaß. Die Anteilsscheine erwirbt sie durch den Kauf von börsengehandelten Fonds, von denen sie inzwischen über 80 Prozent besitzt. Der Gesamtwert des Aktienpaketes beläuft sich auf umgerechnet rund 430 Milliarden Euro. Die Notenbank besitzt zudem die Hälfte aller zirkulierenden japanischen Staatsanleihen, wie die Japan Times Anfang Juli berichtete.
Dieses riesige Portfolio kann die Notenbank nicht mehr maßgeblich verringern, ohne beträchtliche Kursverluste im Aktien- und Anleihemarkt auszulösen, welche dann wiederum auf die Portfolien japanischer Pensionsfonds oder internationaler Anleger durchschlagen.
Da höhere beziehungsweise steigende Zinsen die Geldanlage in einem Währungsraum für Investoren attraktiver machen, verliert der Yen gegenüber fast allen anderen maßgeblichen Währungen seit Monaten an Wert: zum Dollar beträgt das Kursminus seit Jahresbeginn 26,5 Prozent, die Währungen von Ländern wie China, Großbritannien, Kanada, Australien, Schweiz, Mexiko oder Indien werteten im selben Zeitraum zwischen 10 und 25 Prozent auf. Selbst der Euro konnte um gut 7,5 Prozent zulegen, obwohl die Europäische Zentralbank nur sehr zögerlich auf den Normalisierungspfad umgeschwenkt ist.
Besonders bemerkenswert ist das Plus des russischen Rubels. Dieser wertete seit Jahresbeginn um mehr als 55 Prozent zum Yen auf, was die dominante Position Russlands als wichtiger Rohstofflieferant Japans unterstreicht.
Problematisch könnte die Yen-Schwäche für Japan auf mittelfristige Sicht werden, weil sie Importe in Fremdwährungen deutlich verteuert und so die Inflation anfacht. Noch herrscht im Land zwar mit aufs Jahr hochgerechnet 2,5 Prozent eine im internationalen Vergleich sehr mäßige Geldentwertung vor - Japans seit zwei Jahrzehnten stagnierende Realeinkommen sind aber für einen deutlichen Anstieg der Preise anfällig. Seit ungefähr zwei Jahren sinken die Reallöhne sogar. Und die Inflation zeigt einen eindeutigen Trend: noch bis Anfang 2021 war sie negativ, es herrschte also Deflation. Seitdem ist sie von etwa minus 0,5 Prozent auf den gegenwärtigen Wert von 2,5 Prozent gestiegen, ein Niveau, das zuletzt im Jahr 2015 markiert wurde.
Aktuell zum Abverkauf beigetragen hat der Sieg der regierenden Liberaldemokratischen Partei bei den Oberhauswahlen, welche sich eine Fortsetzung der expansiven Geldpolitik auf die Fahnen geschrieben hat. Und auch der Präsident der Zentralbank, Haruhiko Kuroda, hatte vor Kurzem noch einmal bekräftigt, dass seine Institution „nicht zögern werde, zusätzliche Lockerungsmaßnahmen durchzuführen, wenn dies nötig“ wäre.
„Die Bank ist von Sackgassen umgeben. Sie befinden sich in einer Position, in der sie nichts mehr anderen machen können“, zitierte Bloomberg vor Kurzem einen Analysten.