Deutschland

Niedrigwasser am Rhein bringt neues Ungemach für deutsche Wirtschaft

Lesezeit: 2 min
05.08.2022 12:22
Durch das Niedrigwasser am Rhein droht der von Materialengpässen, hohen Energiekosten und Weltwirtschaftskrise geplagten deutschen Industrie neues Ungemach.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

"Seit Mitte Juli sind die Pegelstände im Rhein so niedrig, dass sie den Frachtverkehr spürbar beeinträchtigen", sagte der Konjunkturexperte des Kiel Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Nils Jannsen, am Freitag. In der Vergangenheit sei die Industrieproduktion um etwa ein Prozent gedrückt worden, wenn die Pegelstände eine kritische Marke für einen Zeitraum von 30 Tagen unterschritten.

"2018, als die Schifffahrt auf dem Rhein zuletzt für längere Zeit durch Niedrigwasser behindert wurde, wurde die Industrieproduktion in der Spitze um etwa 1,5 Prozent gedrückt", sagte der Experte. "Zusätzliche Belastungen könnten allerdings daraus resultieren, dass die Binnenschifffahrt ein relativ wichtiges Transportmittel für Energierohstoffe ist."

Der Wasserstand auf dem Rhein ist zuletzt wegen des heißen Sommerwetters und ausbleibender Regenfälle weiter gesunken. Besonders niedrig ist der Wasserstand an der Engstelle Kaub bei Koblenz: Der Referenzwasserstand liegt bei nur noch 56 Zentimetern. Schiffe brauchen aber etwa 1,5 Meter, um voll beladen fahren zu können. "Wir fahren weiter, können aber nur etwa 25 bis 35 Prozent der Schiffskapazität beladen", sagte der Direktor der Schifffahrtsgenossenschaft DTG, Roberto Spranzi, die rund 100 Schiffe auf dem Rhein betreibt. "Das bedeutet, dass Kunden oft drei Schiffe benötigen, um ihre Fracht zu transportieren - statt nur einem."

Die Spotpreise für ein Flüssigtankschiff von Rotterdam nach Karlsruhe, südlich von Kaub, stiegen am Freitag auf etwa 94 Euro pro Tonne. Das ist ein Plus von zwei Euro zum Vortag, sagten Schiffsmakler. Noch im Juni mussten nur 20 Euro pro Tonne bezahlt werden.

Die Behörden machen den Fluss bei Niedrigwasser nicht dicht. Sie überlassen es den Schiffsbetreibern, ob diese den Rhein weiter befahren wollen oder nicht. "Wir werden weiter machen, solange es navigatorisch möglich ist", sagte Spranzi. Die Schiffskapazitäten seien bereits knapp, da die Nachfrage gestiegen sei. Ein Grund dafür sei, dass Deutschland die Stromerzeugung aus Kohle erhöhen wolle, um sich für reduzierte Gaslieferungen aus Russland zu wappnen.

Der Rhein ist ein wichtiger Schifffahrtsweg für Rohstoffe wie Getreide, Chemikalien, Mineralien, Kohle und Ölprodukte einschließlich Heizöl. Unternehmen beobachten die Pegelstände genau. "Im Rahmen unseres Arbeitsstabes 'Niedrigwasser' beobachten wir die Lage auf dem Rhein kontinuierlich", hieß es etwa bei ThyssenKrupp. Wegen der aktuellen Niedrigwasserlage seien bereits verschiedene Maßnahmen ergriffen worden. "Unsere Rohstoffbedarfe sind auf dieser Basis derzeit gesichert", so der Konzern.

In der Schweiz beeinträchtigen Kühlwasserprobleme derweil die Stromproduktion. Weil die Wassertemperaturen in der Aare zu hoch sind, muss das Energieunternehmen Axpo die Produktion im Kernkraftwerk Beznau mit seinen zwei Blöcken mit jeweils 365 Megawatt bis voraussichtlich 12. August drosseln - und zwar jeweils bis zur Hälfte, wie aus einer Notiz der Großhandelsbörse EEX hervorgeht. (dpa)


Mehr zum Thema:  

DWN
Finanzen
Finanzen Boom-Segment aktive ETFs: BlackRock startet fünf neue Fonds
07.09.2024

Blackrocks ETF-Tochter iShares erweitert ihr Angebot in Europa um fünf neue aktive ETFs. Ziel der Fonds ist es, Anlegern kostengünstige...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Flexible Arbeitszeiten: Sind Vollzeitjobs ein Auslaufmodell?
07.09.2024

Eine repräsentative Befragung der Bertelsmann Stiftung zeigt, dass nur noch eine Minderheit eine Stelle mit festen Arbeitszeiten...

DWN
Finanzen
Finanzen Derivate Erklärung: So funktionieren Zertifikate, CFDs und Optionsscheine
07.09.2024

Derivate wie Futures, Optionen, Zertifikate, Optionsscheine, Swaps und CFDs sind heftig umstritten. Einige sehen darin notwendige...

DWN
Technologie
Technologie Wasserstoffprojekt in Namibia könnte KZ-Gedenkstätte gefährden
07.09.2024

Deutschland unterstützt ein Großprojekt zur Herstellung von grünem Wasserstoff in Lüderitz. An diesem Ort befand sich einst das erste...

DWN
Immobilien
Immobilien Tag des offenen Denkmals: 7 ungewöhnliche Monumente in Deutschland
07.09.2024

Ob Schloss Neuschwanstein oder Siegessäule: Viele Denkmäler in Deutschland sind international bekannt. Hier werfen wir einen Blick auf...

DWN
Technologie
Technologie Stromerzeugung aus Windkraft: Die Dynamik nimmt ab
07.09.2024

Im vergangenen Jahr war Windkraft erstmals die Hauptquelle der hiesigen Stromerzeugung, weit vor Kohle. Doch in diesem Jahr ist eine...

DWN
Politik
Politik Trump-Erfolg im Schweigegeld-Prozess: Urteil erst nach US-Wahl
07.09.2024

Im New Yorker Prozess wegen Schweigegeldzahlungen von Ex-Präsident Donald Trump wird das Strafmaß erst nach der Präsidentschaftswahl...

DWN
Panorama
Panorama Studie: Ungesunde Ernährung bereits bei Kleinkindern weit verbreitet
07.09.2024

Laut einer aktuellen Studie ernähren sich bereits Kleinkinder zu süß und ungesund. Wie das Max Rubner-Institut (MRI) in Karlsruhe, ein...