Wirtschaft

Schmelzhütten in Europa müssen Produktion einstellen

Am Dienstag hat schon eine holländische Zinkhütte wegen hoher Energiekosten die Einstellung der Produktion angekündigt. Nun trifft es eine weitere Schmelzhütte.
Autor
17.08.2022 12:35
Lesezeit: 2 min
Schmelzhütten in Europa müssen Produktion einstellen
Aluminiumbarren: Analysten sind aufgrund der Angebotsverknappung optimistisch für dieses Metall. (Foto: nyrstar)

Eine zweite Schmelzhütte in Europa sieht sich gezwungen, die Produktion wegen der steigenden Energiekosten einzustellen. Die zweite innerhalb weniger Tage angekündigte Schließung spiegelt die zunehmenden Auswirkungen der Gaskrise auf die europäische Industrie wider.

Die Slovalco-Aluminiumhütte in der Slowakei, die sich mehrheitlich im Besitz von Norsk Hydro befindet, wird die Primärproduktion bis Ende September einstellen. Davon seien 300 Vollzeitarbeitsplätze betroffen, berichtet die Financial Times. Die Schließung in der Slowakei folgt auf eine ähnliche Entscheidung am Vortag.

Am Dienstag hatte die Budel-Hütte in den Niederlanden, eine der größten Schmelzhütten Europas, angekündigt, dass sie im nächsten Monat die Produktion einstellen wird. Die Verhüttung von Erz zur Metallerzeugung ist einer der energieintensivsten industriellen Prozesse, dessen Kosten in die Höhe geschossen sind.

Die Zinkhütte, die von der zur Trafigura-Gruppe gehörenden belgischen Nyrstar kontrolliert wird, soll ab dem 1. September "bis auf Weiteres" in einen Wartungs- und Instandhaltungszustand versetzt werden, zitiert Bloomberg aus einer Erklärung des Unternehmens. In der Folge der Ankündigung schoss der Zinkpreis um bis zu 7,2 Prozent in die Höhe.

Anfang August warnte auch der führende Zinkproduzent Glencore, dass die Energiekrise in Europa eine erhebliche Bedrohung für die Versorgung darstellt. Die Hütten in Europa erwirtschaften kaum noch Gewinne, und die Nyrstar-Anlage, auf die etwa 2 Prozent der weltweiten Produktion entfallen, arbeitet schon seit dem vierten Quartal 2021 mit reduzierter Leistung.

Unternehmen zwischen Gas-Krise, Rezession und EU-Klimapolitik

Eine Welle von Produktionsdrosselungen und die jüngsten Schließungen in Europa verdeutlichen den Druck, dem die Schwerindustrie durch die Gaspreise ausgesetzt ist, die auf ein neues Allzeithoch gestiegen sind und das 13-fache des Durchschnitts der letzten zehn Jahre erreicht haben, nachdem Russland die Lieferungen gedrosselt hat.

Slovalco hat eine jährliche Produktionskapazität von 175.000 Tonnen Aluminium. Das Unternehmen erklärte, dass die Slowakei es versäumt habe, es für die Kohlenstoffemissionen der energieintensiven Industrie im Rahmen des EU-Systems zu entschädigen, was bedeute, dass es "erhebliche finanzielle Verluste" erleiden werde, wenn der Betrieb über dieses Jahr hinaus fortgesetzt werde.

Ola Sæter, Leiter der Primärproduktion von Norsk Hydro, sagte, dass Slovalco ein gut geführtes und modernes" Werk sei und bedauerte, dass der Betrieb der Primärproduktion im Werk eingestellt werden musste. Wie viele andere Werke in Europa arbeitete auch Slovalco schon vor Ankündigung der Schließung unter seiner Kapazität.

"Die Schließung der Slovalco-Anlage spiegelt die zunehmende Belastung der europäischen Hüttenwerke durch die gestiegenen Energiekosten wider", so die Analysten von JPMorgan.

Viele Rohstoffe bleiben aufgrund von Bedenken über die Auswirkungen einer Rezession auf die Nachfrage gedrückt. Metallanalysten sind jedoch aufgrund der Angebotsverknappung durch die Schließung europäischer Hütten optimistischer für Zink, Aluminium und Kupfer.

Die Bestände aller drei Metalle in den Lagerhäusern sind im Vergleich zum Vorjahr gesunken, da die Händler ihre Lagerbestände aufgrund des geringeren Angebots der Schmelzhütten abbauen.

Der Preis für Aluminium zur Lieferung in drei Monaten an der Londoner Metallbörse stieg am Mittwoch um 1 Prozent auf 2.421 Dollar pro Tonne, während Zink nach den starken Zuwächsen vom Dienstag am Mittwoch wieder nachgab.

Das weltweite Angebot an Basismetallen gerät auch durch die sengende Hitzewelle in der chinesischen Provinz Sichuan unter Druck. Die dortigen Behörden haben der Energieversorgung der Haushalte Vorrang eingeräumt, sodass die Hütten ihre Produktion drossel mussten.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Immobilien
Immobilien Immobilienrendite: Es lohnt sich wieder zu vermieten
13.12.2025

Eine Mietimmobilie als Kapitalanlage kann wieder eine interessante Investition sein. Doch nicht überall macht das Sinn. Wo sich das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Prominenter China-Experte zeichnet düsteres Bild für Europa: „Es wird ziemlich schlimm“
13.12.2025

Europa wähnt sich sicher, doch die nächste ökonomische Erschütterung rollt bereits heran. Der prominente China-Analyst Dan Wang...

DWN
Finanzen
Finanzen Falsche Gehaltsgruppe: Was kann ich tun, wenn meine Gehaltseinstufung nicht zum Tarifvertrag passt?
13.12.2025

Viele Beschäftigte merken erst spät, dass ihre Gehaltsgruppe im Tarifvertrag nicht zur Arbeit passt. Das kann monatlich bares Geld...

DWN
Technologie
Technologie Lidl krempelt den Einkauf um: Warum die Scan-and-Go-Technologie den Handel umdreht
13.12.2025

Litauens Handelsketten treiben den digitalen Umbruch voran. Das Selbstscansystem Scan & Go kommt nun in die Lidl Filialen. Bisher wurde...

DWN
Politik
Politik Billigfluglinien bereiten sich bereits auf Flüge in die Ukraine vor
13.12.2025

Wizz Air, Ryanair und EasyJet bringen sich in Stellung. Europas Billigfluglinien planen bereits ihre Rückkehr in die Ukraine und rechnen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europa-Krise vertieft sich: JPMorgan warnt vor dramatischen Folgen für Amerika
13.12.2025

Die Warnungen von JPMorgan Chef Jamie Dimon treffen Europa in einer Phase wachsender politischer Unsicherheit. Seine Kritik an der...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Textilrecycling: Wie eine schwedische Gründerin die Branche unter Druck setzt
12.12.2025

Ein junges schwedisches Unternehmen behauptet, die nachhaltigste Lösung für das Textilrecycling gefunden zu haben. Die Methode nutzt CO2,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Shein, Temu & Co. betroffen: EU erhöht Kosten für Billigpakete aus Drittstaaten
12.12.2025

Um die Flut günstiger Online-Pakete aus Ländern wie China einzudämmen, beschließt die EU eine neue Importabgabe. Ab Juli 2026 sollen...