Deutschland

Bad Banks: Profit für Zocker, schwerer Schaden für die Steuerzahler

Die Rettung der deutschen Banken wird den Steuerzahler etwa 70 Milliarden Euro kosten. Die dazu errichteten Bad Banks profitieren derzeit von den niedrigen Zinsen. Denn auf der Suche nach Rendite greifen Investoren auch bei äußerst riskanten Papieren zu. Sie hoffen, am Ende zumindest mit den Kredit-Ausfallsversicherungen zu profitieren. Die Steuerzahler sind unversichert.
02.11.2013 00:03
Lesezeit: 3 min

In Deutschland haben eine ganze Reihe von Banken ihre Schrottpapiere in Bad Banks abgeschoben: die Hypo Real Estate (HRE), die WestLB, die Commerzbank und die HSH Nordbank. Zuständig für die Bad Banks ist der Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin), der die Verluste der Bad Banks mit Steuergeld finanziert.

Eine Bad-Bank ist ein gesondertes Institut, das der Aufnahme giftiger Derivate oder fauler Kredite dient. Auf diese Weise kann sich eine marode Bank ihrer schlimmsten Assets entledigen. Die Ausfallrisiken für die abgestoßenen Derivate oder Kredite trägt dann nicht mehr die Bank selbst, sondern der Steuerzahler.

Die Bad Banks sollen die übernommenen Schrottpapiere Stück für Stück verkaufen. Da die dabei erzielten Preise meist unterhalb des Nennwertes liegen, kommt es zu Verlusten, die vom Steuerzahler ausgeglichen werden müssen. Die Abwicklung kann Jahrzehnte dauern.

Die Bad Bank der HRE, die FMS Wertmanagement, hat derzeit rund 140 Mitarbeiter. Bis 2020 soll sie den Giftmüll der verstaatlichten HRE im Umfang von 175 Milliarden Euro zu möglichst viel Geld machen, berichtet n-tv. Drei Jahre nach ihrer Gründung hat die Bad Bank Risikopapiere und Kredite im Wert von rund 47 Milliarden Euro abgebaut.

FMSW-Vorstandschef Christian Bluhm hätte nicht gedacht, dass das so schnell gehen würde. Finanzierungen für Mautbrücken, Zollstraßen und Tunnel gehörten zu den rund 5.000 Krediten, die ihm die HRE übergeben hatte. Doch die Investoren sind aufgrund der rekord-niedrigen Zinsen heute wieder risikofreudiger und greifen auch bei Papieren zu, die früher kaum verkäuflich gewesen wären.

Auch die Erste Abwicklungsanstalt (EAA), die die Schrottpapiere der WestLB abwickelt, baut ihr Portfolio mit schnellen Schritten ab. Sie konnte ihre Bilanz im ersten Halbjahr 2013 von 123 Milliarden auf 95 Milliarden Euro verringern. Weitere Risiken drohen durch Portigon, die Nachfolgebank der WestLB. Sie verwaltet nach eigenen Angaben ein Derivate-Portfolio im Nennwert von 1,5 Billionen Euro (hier).

Die HSH Nordbank hat etwa die Hälfte ihrer Vermögenswerte in eine interne Bad Bank ausgelagert. Bei der teilverstaatlichten Commerzbank wurden Schottpapiere mit einem Nennwert von 143 Milliarden Euro intern abgewickelt (mehr hier).

Die Bad Banks profitieren derzeit vom Umfeld der niedrigen Zinsen. Dennoch sind sie ein massives Verlustgeschäft für den Steuerzahler. Bis Ende 2012 machte der SoFFin insgesamt einen Verlust von 21,5 Milliarden Euro, berichtet die ARD.

Wie hoch der Gesamtverlust des SoFFin am Ende ist, wird sich erst in vielen Jahren zeigen. Das böse Erwachen könnte noch kommen, denn die besten unter den Schrottpapieren sind bereits verkauft. Der Abbau wird zunehmend schwieriger.

Martin Hellwig, Direktor des Max-Planck-Instituts zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern, schätzt die Kosten der Bankenrettung, die am Ende der deutsche Steuerzahler tragen muss, auf bis zu 70 Milliarden Euro.

Auch in anderen Ländern der EU eilten die Regierungen den Banken zu Hilfe. Nach Angaben des Instituts der Deutschen Wirtschaft stellten sie ihnen 3,2 Billionen Euro zur Verfügung. Großbritannien rettete die heimischen Institute mit insgesamt 873 Milliarden Euro.

Die Royal Bank of Scotland (RBS) wurde im Jahr 2008 zu 81 Prozent verstaatlicht. Beim Verkauf der Großbank kommt auf den britischen Steuerzahler voraussichtlich ein Verlust in zweistelliger Milliardenhöhe zu.

Die britische Regierung hatte die Aktien noch für durchschnittlich 5,02 Pfund gekauft, berichtet das WSJ. Am Freitag ging der Aktienpreis von RBS um mehr als 7 Prozent auf 3,40 Britische Pfund zurück.

Bereits vor fünf Jahren hatte RBS eine interne Abteilung geschaffen, die damals riskante Papiere von 258 Milliarden Pfund aufnahm, berichtet der Guardian. Bis September wurden diese Papiere bis auf 35 Milliarden Pfund reduziert. Davon werden nun Papiere im Umfang von knapp 15 Millionen Pfund in die neue Bad-Bank ausgelagert.

Zusätzlich zu diesen Papieren werden faule Kredite im Umfang von 23,5 Milliarden Pfund in die Bad-Bank verlagert. Diese Kredite können voraussichtlich nicht zurückgezahlt werden und beinhalten massive Verluste für die Bank. Es handelt sich vor allem um Darlehen für gewerbliche Immobilien.

Die neue interne Bad-Bank von RBS soll nun giftige Kredite um Umfang von 38 Milliarden Pfund aufnehmen (mehr hier). Die Bad-Bank wird 5 Prozent der Bilanzsumme von RBS ausmachen.

Die spanische Bad-Bank Sareb rechnet mit steigenden Immobilienpreise ab 2017. Dies hält nicht nur der IWF für viel zu optimistisch. Der Bad-Bank drohte sogar die Pleite (mehr hier).

Die Regierung der Niederlande trennt sich von einem 6,4 Milliarden Euro schweren Portfolio mit riskanten Wertpapieren aus dem Bestand des staatlich gestützten Finanzkonzerns ING. Die Marktentwicklung erlaube es, die mit US-Hypotheken abgesicherten Papiere nun mit einem Gewinn abzustoßen, sagte ING am Freitag.

In der Finanzkrise haben die Niederlande das Geldhaus mit 10 Milliarden Euro Kapital gerettet und ihm zudem das Wertpapier-Portfolio abgenommen. Seit den Staatshilfen hat ING Versicherungsaktivitäten veräußert sowie zahlreiche andere Bereiche verkauft und Tausende Stellen gestrichen.

ING hatte erst diese Woche angekündigt, noch im November weitere 1,1 Milliarden Euro an den Staat zurückzuzahlen. Damit würden sich die Erstattungen inklusive Zinsen auf über 11 Milliarden Euro summieren. Die letzte, noch offene Tranche soll in den nächsten 18 Monaten gezahlt werden.

Die Bad Banks dienen letztlich der Enteignung der europäischen Steuerzahler zur Banken-Rettung. Dass die Verluste der Schrott-Verwalter nicht noch viel höher sind, hat seine Ursache in der Niedrigzins-Politik der EZB. Diese stellt jedoch eine weitere Enteignung dar. Die Sparer verlieren dadurch jedes Jahr viele Milliarden Euro (mehr hier).

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