Finanzen

Nobelpreisträger Stieglitz: Banken-Rettung beschädigt die Demokratie

Die Art und Weise wie Banken wirtschaften hat wenig mit dem zu tun, was ihre eigentliche Aufgabe ist, kritisiert der ehemalige Chefökonom der Weltbank Joseph Stieglitz. Die Institute sollten viel stärker reguliert werden. Sie schwächen unsere Wirtschaft. Eine Reform der Regulierung sei das dringlichste Problem der Weltwirtschaft.
02.07.2012 00:00
Lesezeit: 1 min

Unterregulierte und übermächtige Banken schwächen die globale Wirtschaft und führen zu größerem Ungleichgewicht, warnt der Nobelpreisträger und ehemalige Chefökonom der Weltbank Joseph Stieglitz. Wie man bei dem derzeitigen Libor-Skandal sieht, in die unter anderem die britischen Banken Barclays und die Royal Bank of Scotland verwickelt sind, ist die Reform der Finanzmärkte das dringendste Problem der Weltwirtschaft.

„Ein Großteil des Ungleichgewichts, insbesondere an der Spitze, kommt nicht von Leuten, die die Größe des Kuchens erweitern, so dass unsere Wirtschaft besser wird“, sagte Joseph Stieglitz in einem Interview mit dem US-Sender CNBC: „Es kommt von denen, die wir Rent-seeking nennen, die ein größeres Stück des Kuchens durch Handlungen nehmen, die eigentlich unsere Wirtschaft schwächen.“ Als Rent-Seekung wird dasjenige Verhalten von Marktakteuren bezeichnet, das darauf abzielt, über den Einsatz von Ressourcen wie Geld die Staatsgewalt so zu beeinflussen, dass der Marktakteur zusätzliche Geschäfte machen kann.  Aus ökonomischer Sicht werden diese eingesetzten Ressourcen verschwendet, da nicht die gesamte Konsumenten- und Produzentenrente wächst, sondern auf Kosten des Konsumenten nur die Rente des Produzenten.

Joseph Stieglitz betont, dass es einer „viel stärkeren“ Reform der Finanzmarkt-Regulierung bedarf. Mittels der man die Branche zwingt, sich auf die Kernaufgabe, die Kreditvergabe, zu konzentrieren. Man sollte den Banken sagen, „Sie können nicht in die spekulative Art der Aktivitäten investieren, das ist nicht Ihr Geschäft“, so Stieglitz. Übermächtige Banken verzerren nicht nur die Wirtschaft, sondern auch die Politik. Auch die Aufhebung des US-Glass-Steagal Acts, also die wirkungsvolle Trennung von Investment-Banking-Aktivitäten und Geschäftsbank-Aktivitäten, war durch Lobby-Arbeit des Finanzsektors gelungen, erklärt der Nobelpreisträger. „Sie verloren eine Menge Geld auf ihre eigentlichen finanziellen Investitionen, aber ihre politische Investition“ habe sich wirklich gelohnt. Zwar „nicht für die Aktionäre und Anleihegläubiger, aber für die Bank-Manager, denen es in den letzten Jahren sehr gut ging ", fügte Stieglitz hinzu.

Ohne Reform des Finanzsektors werden die europäische Wirtschaft und die Weltwirtschaft in fünf bis zehn Jahren schwach sein, so Stieglitz. „Wenn wir den aktuellen Kurs fortsetzen, (…) wird es größere Ungleichheit geben und wir werden einen sehr hohen Preis für diese Ungleichheit zahlen“. Nicht nur werde es der Wirtschaft schaden, sondern auch die „Politik werde im Ungleichgewicht sein, mit einem Finanzsektor, der sowohl unsere Wirtschaft als auch unsere Demokratie deformiert“, warnte er.

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..
download.macromedia.com] name="allowfullscreen" value="true" />plus.cnbc.com] />www.macromedia.com] />
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Nordkoreas Kronprinzessin: Kim Ju-Ae rückt ins Zentrum der Macht
18.07.2025

Kim Jong-Un präsentiert die Zukunft Nordkoreas – und sie trägt Handtasche. Seine Tochter Kim Ju-Ae tritt als neue Machtfigur auf. Was...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Birkenstock: Von der Orthopädie-Sandale zur globalen Luxusmarke
18.07.2025

Birkenstock hat sich vom Hersteller orthopädischer Sandalen zum weltweit gefragten Lifestyle-Unternehmen gewandelt. Basis dieses Wandels...

DWN
Politik
Politik 18. Sanktionspaket verabschiedet: EU verschärft Sanktionsdruck mit neuen Preisobergrenzen für russisches Öl
18.07.2025

Die EU verschärft ihren wirtschaftlichen Druck auf Russland: Mit einem neuen Sanktionspaket und einer Preisobergrenze für Öl trifft...

DWN
Politik
Politik China investiert Milliarden – Trump isoliert die USA
18.07.2025

China bricht alle Investitionsrekorde – und gewinnt Freunde in aller Welt. Trump setzt derweil auf Isolation durch Zölle. Wer dominiert...

DWN
Finanzen
Finanzen Energie wird unbezahlbar: Hohe Strom- und Gaskosten überfordern deutsche Haushalte
18.07.2025

Trotz sinkender Großhandelspreise für Energie bleiben die Kosten für Menschen in Deutschland hoch: Strom, Gas und Benzin reißen tiefe...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzen: Deutsche haben Angst um finanzielle Zukunft - Leben in Deutschland immer teurer
18.07.2025

Die Sorgen um die eigenen Finanzen sind einer Umfrage zufolge im europäischen Vergleich in Deutschland besonders hoch: Acht von zehn...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kursgewinne oder Verluste: Anleger hoffen auf drei entscheidende Auslöser für Börsenrally
18.07.2025

Zölle, Zinsen, Gewinne: Neue Daten zeigen, welche drei Faktoren jetzt über Kursgewinne oder Verluste entscheiden. Und warum viele...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wenn Kunden nicht zahlen: So sichern Sie Ihre Liquidität
18.07.2025

Alarmierende Zahlen: Offene Forderungen in Deutschland sprengen die 50-Milliarden-Euro-Marke. Entdecken Sie die Strategien, mit denen Sie...