Auf dem Osteuropa-Gipfel der Europäischen Union ist in ersten Gesprächen mit dem ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch keine Annäherung über eine engere Zusammenarbeit erzielt worden. Janukowitsch habe in einem Treffen mit EU-Vertretern am Donnerstag in Vilnius nicht über das ursprünglich angestrebte Assoziierungsabkommen (mehr hier) gesprochen, sagte Litauens Präsidentin Dalia Grybauskaite.
Janukowitsch habe lediglich die wirtschaftlichen Probleme seines Landes beschrieben und vorgeschlagen, dass diese von der EU und Russland gemeinsam gelöst werden könnten. An dem Gespräch nahm auch Bundeskanzlerin Angela Merkel teil. Sie hatte bereits zuvor gesagt, dass sie keine Hoffnung mehr habe, dass es doch noch zur Unterzeichnung des Abkommens mit der ehemaligen Sowjet-Republik kommen werde.
Janukowitsch hatte vergangene Woche überraschend angekündigt, ein über mehrere Jahre ausgehandeltes Freihandelsabkommen mit der EU doch nicht zu unterzeichnen. Vorausgegangen war wachsender Druck Russlands (hier), das die Ukraine in seiner Einfluss-Sphäre halten will. Dennoch flog Janukowitsch zum zweitägigen Gipfel nach Vilnius, wo Abkommen mit Moldawien und Georgien zur Erleichterung von Handels- und Visafragen unterzeichnet werden sollen.
Ein Diplomat sagte, die EU-Vertreter hätten den Vorschlag des ukrainischen Präsidenten zu Dreier-Gesprächen mit Russland abgelehnt. Janukowitsch habe auf die hohen Preise verwiesen, die die Ukraine für Erdgas aus Russland zahlen müsse und für Erleichterungen bei einem möglichen Kredit des Internationalen Währungsfonds geworben.
Merkel hatte erklärt, dass sich die EU nicht von der Ukraine abwende. Beobachter werteten die Reise von Janukowitsch nach Vilnius als Beleg dafür, dass er nicht alle Brücken zur Staatenunion abbrechen will.
Die EU wird der Ukraine nach Angaben von Merkel kein zeitliches Limit für die Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens setzen. „Die Tür bleibt offen. Das ist ein dickes Brett, das wir bohren müssen, aber wir geben hier keinerlei zeitliche Vorgaben“, sagte Merkel am Freitag nach einem Zweier-Treffen mit Janukowitsch.
Merkel lehnte ukrainische Forderungen nach erleichterten Bedingungen etwa für einen Kredit des Internationalen Währungsfonds (IWF) ab. „Ich glaube, dass die Ukraine noch sehr viele eigene Reformen zu machen hat“, sagte sie. Auch andere osteuropäische Staaten hätten schmerzhafte Reformen hinter sich. Deshalb könnten für die Ukraine keine Standards gelockert werden.
Merkel sagte aber sowohl der Ukraine als auch Moldawien und Georgien Unterstützung gegen Druck aus Russland zu. Mit beiden Ländern hatte die EU am Freitag Assoziierungsabkommen paraphiert. „Das ist ein großer Fortschritt, wenn man sieht, wie zum Teil auch Druck auf diese Länder ausgeübt wird mit Handelsbeschränkungen“, sagte sie mit Blick auf die beiden Abkommen. „Für die EU möchte ich sagen, dass wir die Länder nicht enttäuschen werden.“ Der Ukraine bot sie an, dass die EU dem Land künftig Gas liefert, damit es sich aus der Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen befreien kann. „Letztlich hängt es an der Ukraine, ob sie den Mut hat, noch einen Schritt auf die Europa zuzugehen und dann wird die EU auch ein verlässlicher Partner sein.“
Merkel versicherte, dass sich Deutschland weiter für die Freilassung der inhaftierten Oppositionspolitikerin Julia Timoschenko einsetzen werde. „Wir werden weiter den Kontakt suchen und natürlich auch die ukrainische Opposition unterstützen“, betonte sie. Man werde aber an alle Menschen denken, „die in der Ukraine und Weißrussland noch unter schwierigsten politischen Bedingungen zu leben haben“.