Finanzen

Banken-Krise: „System der Risiko-Bewertung ist extrem problematisch“

Lesezeit: 2 min
12.12.2013 02:29
Die US-Finanzprofessorin Anat Admati sieht in der Volcker-Regel noch kein Allheilmittel gegen die Banken-Krise: Das systemische Problem der Banken liege darin, dass die Risiken falsch bewerten werden. Wie groß die Risiken wirklich waren, weiß man offenbar immer erst, wenn es geknallt hat.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Verringert die Volcker-Regel das Risiko, das von den Too-big-to-fail-Banken ausgeht?

Anat Admati: In Verbindung mit anderen Regulierungen kann sie das Risiko verringern, indem sie beschränkt, was die Too-big-to-fail-Banken machen können. Auf diese Weise beschneidet sie deren Wachstum und die Risiken, die sie eingehen können.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Solange die Banken für sich in Anspruch nehmen können, dass sie Market-Maker sind – wie kann man sie stoppen?

Anat Admati: Die Ausnahme für das Market-Making ist problematisch und macht die Umsetzung sehr schwierig. Die Regel wurde geschrieben, um zu versuchen, die Banken dazu zu zwingen nachzuweisen, dass Trades, die als Market-Making klassifiziert sind, einigermaßen vereinbar damit sind. Doch es gibt erheblichen Raum für Ermessensentscheidungen und Entscheidungsfreiheit auf Seiten der Banken und der Regulierer. Die Regulierer (hier und anderswo) müssen wachsam sein bei der wirksamen Durchsetzung der Regel. Die Hoffnung ist, dass eine stärkere Belastung der Banken das übermäßige Eingehen von Risiken beschränkt.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Was sind die tatsächlichen Risiken im Bankensektor und wie groß sind sie?

Anat Admati: Die Risiken kommen von der Undurchsichtigkeit und Vernetzung und den extrem niedrigen Kapitalquoten. Abgesehen von der Wahrscheinlichkeit einer vermuteten Insolvenz und Ansteckungseffekten sind hoch verschuldete Banken, wie alle großen Schuldner, ineffektiv bei ihren Investitions-Entscheidungen und vermeiden möglicherweise besonders die Vergabe von relativ sicheren Unternehmenskrediten, weil diese nicht genug Gewinnpotential haben. Ein solches Verhalten zusammen mit der Jagd nach Rendite, die das Eingehen übermäßiger Risiken beinhalten kann, gefährdet und schädigt die Wirtschaft. Ich kann die Risiken und den Schaden nicht beziffern, aber sie sind erheblich und sie dauern an.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Welche Themen sollten die Regulierer ihrer Ansicht nach angehen, um das systemische Risiko wirklich zu verringern?

Anat Admati: Regulierer müssen sicherstellen, dass keine Risiken entstehen oder versteckt werden. Und sie müssen sicherstellen, dass die Banken sich auf deutlich mehr Kapitalfinanzierung stützen. Ein stabiles Finanzsystem kann die Wirtschaft besser und beständiger unterstützen, ohne so viele Boom-Phasen und Krisen und mit weniger Verzerrungen. Die Regulierer müssen auch die Art und Weise überdenken, wie Regulierungen versuchen, mit Risiken umzugehen. Das System zur Risikobewertung ist extrem problematisch. Anzunehmen, dass das Kapital so „knapp“ ist, nur weil die Banken sich nicht auf diese Art der Finanzierung stützen wollen, ist vollkommen falsch.

Anat Admati ist Professorin für Finanz-Wirtschaft (Kapitalmärkte, Unternehmensfinanzierung) an der Stanford University. Außerdem arbeitet sie in einem Komitee des Einlagensicherungsfonds der USA. In ihrem neuen Buch „Des Bankers neue Kleider - was bei Banken wirklich schiefläuft und was sich ändern muss“ entzaubern Anat Admati und Martin Hellwig die modernen Märchen der Finanzwirtschaft, dass eine Regulierung der Banken ohne Zusammenbruch des Systems unmöglich sei. Das Buch ist im FinanzBuch Verlag München auf Deutsch erschienen und kostet 24,99 Euro.

DWN
Finanzen
Finanzen Legale Tricks: Steuern sparen bei Fonds und ETFs - so geht's!
20.05.2024

Steuern fressen einen großen Teil der Börsengewinne auf. DWN zeigt Ihnen 11 legale Wege, wie Sie Steuern bei Fonds und ETFs sparen und...

DWN
Panorama
Panorama In wenigen Klicks: Verbraucher finden optimale Fernwärme-Tarife auf neuer Plattform
20.05.2024

Eine neue Online-Plattform ermöglicht es Verbrauchern, die Preise für Fernwärme zu vergleichen, was eine bedeutende Rolle in der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft IEA schlägt Alarm: Rohstoffmangel gefährdet Klimaschutzziele
20.05.2024

Die Internationale Energie-Agentur warnt vor einem drohenden Mangel an kritischen Mineralien für die Energiewende. Mehr Investitionen in...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Fußball-EM 2024: Bierbranche hofft auf Rückenwind
20.05.2024

Weil die Deutschen immer weniger Bier trinken, schrumpft der hiesige Biermarkt und die Brauereien leiden. Eine Trendwende erhofft sich die...

DWN
Unternehmen
Unternehmen „Irreführende Praktiken“: Shein muss deutsche Website anpassen
20.05.2024

Nach einer Abmahnung durch deutsche Verbraucherschützer hat Shein eine Unterlassungserklärung unterzeichnet. Laut vzbv-Chefin Pop machen...

DWN
Technologie
Technologie BYD baut erstes Werk in der EU: Eine Gefahr für Deutschlands Autobauer?
20.05.2024

Bereits seit Dezember 2023 steht fest, dass BYD, Chinas wichtigste und staatlich geförderte Marke für Elektroautos, ein Werk in Szeged in...

DWN
Politik
Politik DWN-Interview mit Ex-Militärberater Jörg Barandat (zweiter Teil): Die Welt ist im Wasserkampf
20.05.2024

Jörg Barandat war unter anderem militärischer Berater im Auswärtigen Amt sowie Dozent für Sicherheitspolitik an der Führungsakademie...

DWN
Politik
Politik DWN-Interview mit Ex-Militärberater Jörg Barandat: „Wasser und Energie sind untrennbar miteinander verbunden.“
19.05.2024

Wasser sollte nicht getrennt von anderen Faktoren wie Energie und Klima betrachtet werden, sagt Jörg Barandat, langjähriger Berater...