Mit der Unterzeichnung des Koalitionsvertrags von Union und SPD kann nun endlich wieder regiert werden. Bei einigen Projekten drängt die Zeit, bei anderen haben sich die Koalitionäre durch Versprechungen und Ankündigungen selbst unter Druck gesetzt. Es folgt ein Überblick über die ersten Gesetzesvorhaben der großen Koalition:
Eine der ersten Aufgaben der neuen Koalition wird die Aufstellung eines Bundeshaushaltes für 2014 sein. Dabei kann das Regierungsbündnis auf den Entwurf der Vorgängerregierung aufbauen, der aber an die eigenen Prioritäten angepasst wird.
Das umfangreiche Gesetzgebungsverfahren wird nicht bis zum 1. Januar beendet werden können. Bis zum abschließenden Beschluss des Bundestages im Frühjahr wird es deshalb eine vorläufige Budgetführung geben. Sie stellt sicher, dass der Bund alle gesetzlich beschlossenen Maßnahmen weiter finanzieren und seine Zahlungsverpflichtungen erfüllen kann.
Im Finanzbereich liegen keine besonders dringenden Gesetze an, einige Projekte dürften aber nach Angaben aus Kreisen der Koalitionäre zügig angepackt werden. So gibt es Überlegungen in der Unions-Fraktion, eine Evaluierung der umfangreichen Gesetzgebung zur Finanzmarktregulierung in der abgelaufenen Legislaturperiode vorzunehmen. Darauf aufbauend könnte entschieden werden, wo die neue Koalition nachsteuern will.
Außerdem stehen auf EU-Ebene eine Reihe von Vorhaben vor dem Abschluss. Dazu zählt die Vollendung der Bankenunion mit der Schaffung eines einheitlichen Abwicklungsmechanismus für grenzüberschreitende Banken. Außerdem stehen die Umsetzung der neuen EU-Kapitalvorschriften für Versicherer (Solvency II) und der Finanzmarktrichtlinie MiFID an, wenn diese beschlossen ist.
Noch in dieser Woche soll der Bundestag ein Gesetz auf den Weg bringen, wonach der Beitragssatz zur Rentenversicherung 2014 bei 18,9 Prozent des Bruttolohns bleibt. Damit will Schwarz-Rot die wegen voller Rentenkassen eigentlich vorgeschriebene Beitragssenkung verhindern, weil die Reserven andernfalls binnen weniger Jahre schon allein durch die geplanten höheren Mütterrenten aufgezehrt wären.
Union und SPD wollen den Zwangsrabatt, den die Pharmaunternehmen den Krankenkassen auf Medikamente gewähren müssen, nicht wie gesetzlich vorgesehen zum Jahresende von 16 auf sechs Prozent senken, sondern sieben Prozent festschreiben. Ebenso soll das Preismoratorium für Arzneimittel zum Leidwesen der Industrie auf dem Niveau von 2009 erhalten bleiben. Inzwischen gilt aber als fraglich, ob noch in dieser Woche eine erste Lesung im Bundestag stattfinden kann. Diese ist notwendig, um Anfang des Jahres beide Instrumente rückwirkend zum 1. Januar endgültig zu verabschieden. Die Arbeiten am Gesetzentwurf waren vom Kanzleramt gestoppt worden. Wenn in dieser Woche nun nicht noch die Fraktionen etwas einbringen, müsste das Vorhaben komplett im neuen Jahr umgesetzt werden. Dann können die Unternehmen ihre Preise zunächst wieder beliebig erhöhen und müssen nur den geringeren Rabatt von sechs Prozent einräumen. Rechtliche Zweifel bestehen, ob die Preise jemals wieder auf dem Stand von 2009 eingefroren werden können.
Beim gesetzlichen Mindestlohn stehen Union und SPD ebenso wie bei der höheren Mütterrente, der abschlagfreien Rente ab 63 und den Verbesserungen bei der Erwerbsminderungsrente unter Termindruck. Der Mindestlohn von 8,50 Euro soll ab 1. Januar 2015 gelten, während die Leistungsausweitungen bei der Rente schon ab 1. Juli 2014 greifen sollen. Diese Vorhaben dürften daher Priorität im Arbeitsministerium haben. Die Arbeitgeber werden darauf dringen, auch die Tarifeinheit rasch anzugehen.
Die Reform der Ökostrom-Förderung über das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) soll bis Ostern vom Kabinett gebilligt werden. Bis Sommer soll es auch Bundesrat und Bundestag passiert haben. Geregelt werden müssen unter anderem neue Fördersätze für Strom aus Wind- und Biomasseanlagen. Zudem müssen auch die Ausnahmen von der EEG-Umlage, mit der die Hilfen finanziert werden, neu geregelt werden. Hintergrund ist, dass die EU ein Beihilfeverfahren gegen Deutschland einleiten will.
Der designierte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) will die Pläne zur Einführung einer Pkw-Maut schnell umsetzen. „Die Vorbereitungen sind getroffen durch den Koalitionsvertrag“, sagte der CSU-Politiker am Montag vor der Sitzung der Unions-Bundestagsfraktion in Berlin. Darin sei ein klarer Zeitplan vorgegeben, nun gehe es an die Umsetzung. „2014 werden wir den Gesetzentwurf, die Gesetzesberatung und die Verabschiedung im deutschen Bundestag haben“, sagte Dobrindt.
Schneller dürfte die Erhöhung der bestehenden Maut-Sätze bei der Lkw-Maut auf Autobahnen möglich sein. Hier wird als Basis in den nächsten Wochen eine neue Wegekosten-Richtlinie erwartet, die auch Umweltschäden wie Lärm berücksichtigt. Technisch kompliziert dürfte die Ausweitung der Lkw-Maut auf alle Bundesstraßen sein. Es wird daher frühestens für 2016 eine Umsetzung erwartet.