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20.01.2014 18:06
Gabriels Ideen zur Energiewende sorgen in den eigenen Reihen für Gegenwind. Dafür gibt es Lob von Seiten der Union. Geplant sind vor allem Einschnitte bei der Förderung der Windenergie.

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Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) bekommt für sein Konzept zur Energiewende Gegenwind aus den eigenen Reihen. Mehrere SPD-regierte Bundesländer bemängelten am Montag vor allem die geplanten Einschnitte bei der Förderung der Windenergie, die über den Koalitionsvertrag hinausgehen. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig kritisierte die geplante Ausbaubremse für Windstrom als „unsinnig“. Auch Mecklenburg-Vorpommerns Regierungschef Erwin Sellering verlangte, der Ausbau von Windkraft müsse fortgesetzt werden. „Da wird man über einige Details aus dem Papier noch sprechen müssen.“ Sein niedersächsischer Kollege Stephan Weil kündigte an, er werde bei der Reform auch auf die leistungsfähige Windenergie auf hoher See achten: „Windkraft insgesamt muss deswegen vorangetrieben werden.“ Rheinland-Pfalz warnte sogar vor einer Vollbremsung der Energiewende.

Lob für Gabriel kam dagegen vom Wirtschaftsflügel der Union: „Ich finde gut, dass man ambitionierter vorgeht, als im Koalitionsvertrag verabredet“, sagte Wirtschafts- und Energieexperte Joachim Pfeiffer (CDU) zu dem Eckpunktepapier, das am Mittwoch vom Kabinett gebilligt werden soll. Windkraft dürfe nur noch an guten Standorten gefördert werden, sagte er. Der Wirtschaftsrat der CDU lobte, die Regierung packe die Reform mit Tempo an und zeige einen Weg aus der Subventionssackgasse. Wirtschaftsrat-Präsident Kurt Lauk verlangte aber, dass der Weg Richtung Markt für alle Ökostrom-Produzenten noch beschleunigt werden müsse. EU-Energiekommissar Günther Oettinger plädierte in der Bild dafür, die Abgabenlast bei Strom weiter zu senken, um international wettbewerbsfähig zu sein. Abgaben und Steuern machten über die Hälfte des Preises aus.

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) bezeichnete Gabriels Reformpaket als das, was politisch machbar sei. Ein weiterer Anstieg der Strompreise lasse sich so aber nicht verhindern, sagte BDI-Präsident Ulrich Grillo. Er forderte vor allem, dass große Stromverbraucher weiterhin von Kosten der Ökostrom-Förderung befreit sein müssten.

In diesem Punkt bleibt Gabriel vage. Hintergrund ist, dass die EU-Kommission wegen der Rabatte auf die Umlage ein Verfahren gegen Deutschland eingeleitet hat und eine Lösung zusammen mit der Brüsseler Behörde gesucht wird. Dagegen beschreibt das Papier detailliert, wie die Fördersätze für Ökostrom gekürzt, der Ausbau begrenzt und Risiken für Investoren etwa durch eine Direktvermarktung und den allmählichen Verzicht auf garantierte Abnahmepreise erhöht werden sollen.

Vor allem gegen die Einschnitte bei der vergleichsweise günstigen Windenergie erhob sich Protest bei den Küstenländern: Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Albig kritisierte in einem Papier, der Ausbau Erneuerbarer Energien sei so gering geplant, dass nicht einmal die AKW-Abschaltung ausgeglichen werde. „Insgesamt ist eine Deckelung der kostengünstigsten erneuerbaren Energie Wind an Land volkswirtschaftlich unsinnig.“ Mindestens 3000 Megawatt Leistung müssten jährlich neu gebaut werden. Daher dürfe es keine Deckelung für Windstrom geben. Gabriel will maximal 2500 Megawatt vorschreiben. Die Aktien von Windrad-Produzenten wie Nordex sackten als Reaktion darauf an der Börse ab. Gabriel versuchte bei einem Treffen mit den Ministerpräsidenten der SPD-Länder am Montag die Wogen zu glätten.

Die Wirtschaftsministerin von Rheinland-Pfalz, Eveline Lemke (Grüne), warf Gabriel vor, die Energiewende abzuwürgen. „Es wäre eine Vollbremsung mit einer dicken Bremsspur“, sagte sie Reuters. Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) sprach von einem guten ersten Aufschlag Gabriels, der aber besonders mit Blick auf die Windenergie im weiteren Verfahren ausgestaltet werden müsse. Rheinland-Pfalz ist das Binnenland, das besonders stark auf den Ausbau von Windstrom in kommenden Jahren setzt.

Die Regierung will ein reformiertes Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) bis Anfang April beschließen. Bis zum Sommer soll es die parlamentarischen Hürden nehmen. Diese gelten wegen der Interessen der Bundesländer als hoch. Schwarz-Rote-Regierungen haben keine Mehrheit im Bundesrat. Zwar ist das EEG nicht zustimmungspflichtig, allerdings kann es etwa über eine Anrufung des Vermittlungsausschusses zumindest verzögert werden.

Widerstand regt sich zudem auch bei Umweltpolitikern der Koalition: Der CSU-Umweltexperte Josef Göppel sagte Einwände Bayerns gegen die Begrenzung des Ausbaus von Biogas-Anlagen voraus. Diese sei zu strikt. Die Biogasbranche fürchtet den Verlust von bis zu 40.000 Jobs, da nur noch 100 Megawatt Leistung jährlich installiert werden soll. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer sagte: „Es ist ein guter erster Aufschlag, insbesondere bei der Dämpfung der Strompreise.“ Er schränkte ein, mit einigen Details müsse man sich noch befassen.


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