Deutschland

Innenminister de Maizière verheimlicht Dokumente zur Fünf-Prozent-Hürde

Das Bundesinnenministerium geht juristisch gegen die Veröffentlichung von Dokumenten zur Europawahl vor. Eine Webseite, die behördeninterne Dokumente veröffentlicht, wurde abgemahnt. Unter dem Vorwand des Urheberrechts übt das Ministerium Zensur aus.
27.01.2014 00:05
Lesezeit: 1 min

Das Portal Fragdenstaat.de hat es sich zur Aufgabe gemacht, auf Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) eine Plattform zu bieten, durch die die Bürger einfacher an staatliche Informationen kommen. Ein Bürger verlangte vom Innenministerium (BMI) die Offenlegung von Dokumenten, die sich mit der vom Verfassungsgericht als rechtswidrig eingestuften Fünfprozenthürde bei der Europawahl beschäftigen und im Wesentlichen die internen Überlegungen der Behörde zu diesem Thema enthalten.

Das BMI folgte dem Ersuchen, machte jedoch deutlich, dass dieses Dokument nicht veröffentlicht werden dürfte, da es lediglich für den internen Gebrauch gedacht sei. Als Fragdenstaat.de die Stellungnahme dennoch veröffentlichte, schickte die  Behörde die Anwälte ins Feld und ließ den Portalbetreiber abmahnen. Als kruder Grund wurde das Urheberrecht angeführt. Dieses nimmt zwar amtliche Dokumente vom Schutz aus, da es sich bei der Stellungnahme jedoch um ein internes Dokument handele, greife hier die Ausnahme nicht ein.

Brisant ist, dass 2013 zwar eine Novellierung des Wahlgesetzes beschlossen und die Hürde auf drei Prozent abgesenkt wurde. Aus der Stellungnahme wird jedoch ersichtlich, dass nach Meinung der behördeninternen Fachleute aus dem Urteil des Verfassungsgerichts der Schluss gezogen werden müsse, dass solch eine Hürde generell verfassungswidrig sei.

Nach diesem Schluss hätte die Regierung also eine interne Warnung missachtet und wider besseres Wissen eine Sperrklausel per Gesetz festgelegt, die von den eigenen Mitarbeitern als verfassungswidrig eingestuft wurde. In diesem Widerspruch sah auch Fragdenstaat.de das öffentliche Interesse an dem Dokument und weigert sich weiterhin, den Zugang dazu zu sperren.

Innenminister Thomas de Maizière (CDU) als Behördenchef versucht also, mittels des Urheberrechts die Transparenz der Gesetzgebung auszuhebeln und damit elementare Rechte der Bürger mit Füßen zu treten. Damit wiederholt sich die Geschichte, denn schon Mitte 2013 zog er – damals noch als Verteidigungsminister – den Urheberrechtsjoker, um unliebsame Presse über den Afghanistaneinsatz zu unterdrücken (mehr hier).

Der Zirkelschluss, dass brisante interne Dokumente über den Arbeitsablauf in einem Ministerium ja gerade nicht für die Öffentlichkeit bestimmt und damit vom Urheberrecht geschützt seien, verkennt einmal mehr, dass in Bereichen, in denen die gewählten Volksvertreter wichtige Entscheidungen treffen, eine höchstmögliche Transparenz gegeben sein muss und die Öffentlichkeit gerade dort ein Interesse an Informationen hat. Je elementarer die Materie ist, die geregelt wird, desto eher haben die Bürger ein Recht auf Information.

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