Finanzen

Mächtigste Bank der Welt warnt vor Crash des Finanz-Systems

Lesezeit: 3 min
10.02.2014 00:05
Die größte Bank Portugals meldet, dass sie die Zinsen auf ihre Schulden nicht mehr zahlen kann. Plötzlich ist ein massiver System-Fehler zu erkennen: Aufgrund der billigen Kredite seien diese Länder extrem verwundbar, warnt die Bank für Internationale Zahlungsausgleich (BIZ). Jede kleine, regionale Krise könne zu einem Crash im globalen Finanz-System führen.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Am Mittwoch herrschte in Portugal große Nervosität: Die größte Bank des Landes meldete Zahlungsschwierigkeiten - und konnte die Zinsen für ihre Kredite nicht mehr bedienen. Sofort gerieten auch die portugiesischen Staatsanleihen unter Druck: Die Zinsen stiegen, und es ist völlig unklar, ob die Situation mit gewöhnlichen Maßnahmen unter Kontrolle gebracht werden kann (mehr dazu hier).

Der portugiesische Schock könnte weltweite Folgen haben.

In der Vergangenheit gab es nämlich eine „massive Expansion“ von Schuldenaufnahmen von Banken und Unternehmen auf den globalen Staatsanleihen-Märkten in den entwickelten Ländern. Dies habe sie einem „mächtigen Feedback“-Risiko (Rückkopplungs-Risiko) ausgesetzt, da die Anleihekosten im Westen ansteigen.

Dies hat auch Auswirkungen auf die Schwellenländer. So könnte es geschehen, dass das mit Portugal stark verflochtene Brasilien von einer Krise in Europa getroffen wird. 

Wie aus einem Arbeitspapier der BIZ hervorgeht, „führt die tiefere Integration der Schwellenländer in die globalen Märkte dazu, dass der Markt für deren Staatsanleihen weitaus verwundbarer im Hinblick auf die Bondmarkt-Entwicklungen in den Industrieländern geworden ist“, berichtet der britische Telegraph.

Bereits im Oktober 2013 bezeichnete die BIZ die Lage an den Kreditmärkten als äußerst kritisch. Damals meldete die BIZ, dass die außergewöhnlichen Maßnahmen - also das Gelddrucken - der Notenbanken die Illusion geweckt habe, dass damit die fundamentalen Probleme zu lösen seien. In ihrem Jahresbericht bezeichnete die BIZ die Schuldensituation in den Industrieländern als „desolat" und forderte einen raschen Schuldenabbau ein.

Diese Forderung verhallte ungehört.

Die Krisenstaaten in der Eurozone können aufgrund der schlechten Wirtschaftslage und der hohen Arbeitslosigkeit ihre Schulden nicht abbauen. Im Gegenteil: die Verschuldung nimmt immer weiter zu.

Auch in den USA steht der Schuldenabbau nicht zur Disposition. Der Schuldenstand erreicht dort 17,3 Billionen US-Dollar und liegt damit auf über 100 Prozent des Bruttoinlandsproduktes, doch fallen nicht alle Bundesschulden darunter. Im Gegenteil: Ende Februar diesen Jahres stehen in den USA erneute Auseinandersetzungen über die Anhebung der Schuldengrenze an.

Der Lenkungsausschuss des IWF erhob vor einiger Zeit die Mahnung, ein Ausstieg aus der extrem lockeren Geldpolitik der Notenbanken dürfe nicht zu einer Destabilisierung der Schwellenländer führen. Dagegen müssten umgehend „Schutzmaßnahmen“ eingeführt werden.

Die Federal Reserve (Fed) kaufte zunächst monatlich Staatsanleihen und Hypothekenpapiere im Wert von 85 Milliarden US-Dollar. Sie reduzierte ihre Aufkäufe daraufhin 75 Milliarden US-Dollar. Für Februar 2014 kündigte die Fed eine weitere Reduzierung auf 65 Milliarden US-Dollar an. Dies hat dazu beigetragen, dass Kapitalanleger aus den Schwellenländern flüchteten, um ihr Geld wieder in den USA anzulegen. Sie hoffen dort auf die Erhöhung der Leitzinssätze oder der Zinssätze für US-amerikanische Staatsanleihen.

Eine niedrige Staatsverschuldung, ein starkes Wachstum des Bruttoinlandsprodukts sowie eine wachsende Mittelschicht waren der Grund, weshalb so viel Kapital in den vergangenen fünf Jahren in Schwellenländer wie die Türkei, Brasilien, Indonesien geflossen ist.

Jetzt, da die Kapitalquellen abgeschnitten sind, zeigt sich, dass das Resultat eine Schädigung der Volkswirtschaften sowie einen Ausverkauf ihrer Vermögenswerte nach sich ziehen wird (mehr hier).

„Der globale, langfristige Zinssatz bedeutet für die Geldpolitik der Schwellenländer jetzt viel mehr als noch vor einem Jahrzehnt“, erklärt die BIZ in ihrem Arbeitspapier.

Dies steht im Widerspruch zu den weit verbreiteten Behauptungen, die Schwellenländer seien von der Straffung der Geldpolitik durch die US-Notenbank-Politik nicht betroffen, da sie in der Vergangenheit angeblich mit ihren eigenen Währungen Schulden gemacht und riesige Devisenreserven angehäuft hätten.

Der Bericht der BIZ besagt, dass die Schulden-Emissionen in den Schwellenländern so überhand genommen haben, dass ein „sudden stop“ - also ein plötzliches Anhalten - die Zentralbanken zu erdrücken droht und sich als Gefahr für das globale Finanzsystem entwickeln kann. Die wechselseitigen Auswirkungen von fallenden Wechselkursen und steigenden Zinsen für Staatsanleihen können in einem Teufelskreis enden (hier).

Der beispiellose und unbeschränkte Zugang zu den globalen Kapitalmärkten ermöglichte den Unternehmen in den Schwellenländern, sich mit riesigen Summen bei einem Zinssatz von einem Prozent zu verschulden. Seit 2008 wurde diese Schuldenaufnahme verdoppelt. Sie betragen in den jeweiligen Währungen der Schwellenländer aktuell 9,1 Billionen US-Dollar. Dies sei faustischer Pakt, der die Schwellenländer weitaus mehr verschuldet hat als je zuvor in der Geschichte, so die BIZ.

Doch dies hat auch eine Kehrseite:

Die Forderungen allein aller deutscher Banken an die Schwellenländer belaufen sich nach Statistiken der Deutschen Bundesbank wie folgt: Brasilien 3,4 Milliarden Euro, Russland 16,5 Milliarden Euro, Indien 5,8 Milliarden Euro und China 13,4 Milliarden Euro.

Noch deutlicher sehen die Forderungen der europäischen Banken gegenüber allen Schwellenländern aus. Laut Statistik der Bank für Internationalen Zahlungsverkehr aus dem August 2013 betragen die gesamten Forderungen aller europäischen Banken – einschließlich vergebener Kredite und Staatsanleihen – an die Schwellenländer 3,40 Billionen US Dollar.

Wenn die sich die Krise in den Schwellenländern verschärft, hat das also direkte Konsequenzen auf europäische und deutsche Banken. 

Weitere Themen

Stillstand: Mittelstand hat kein Geld für Innovationen

Brasilianische Droge soll gegen Krebs helfen

Türkei: Opposition wirft Erdogan Ablenkung vor


Mehr zum Thema:  

DWN
Finanzen
Finanzen Steuern auf Rente: Steuervorteile und Grundfreibetrag - so hoch ist die Besteuerung 2025
15.01.2025

In Deutschland wird die Rente besteuert. Doch seit wann sind Rentner steuerpflichtig? Welcher Rentenfreibetrag gilt aktuell, welche...

DWN
Immobilien
Immobilien Zwangsversteigerungen 2024: Zahl stark gestiegen
15.01.2025

Deutlich mehr Immobilien zwangsversteigert: Die Wirtschaftskrise und steigende Zinsen hinterlassen Spuren, besonders bei Eigentümern. 2024...

DWN
Politik
Politik Wider den Hedonismus: Warum Wehrpflicht (und Zivildienst) Deutschland wieder auf Spur bringen
15.01.2025

Als Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), vom russischen Überfall auf die Ukraine richtig geschockt, die Zeitenwende für Deutschland ausrief,...

DWN
Technologie
Technologie Wie ehemalige IT-Nerds der russischen Suchmaschine Yandex den KI-Markt Europas aufmischen
14.01.2025

Russische IT-Nerds bauen in Amsterdam das KI-Unternehmen Nebius auf. Informatiker um den Yandex-Suchmaschinen-Gründer Arkadi Wolosch...

DWN
Finanzen
Finanzen Bafin-Kontenvergleich: Alle Girokonten in Deutschland im Überblick
14.01.2025

Die Finanzaufsicht Bafin bringt Transparenz in den Kontomarkt: Mit dem neuen Bafin Kontenvergleich können Verbraucher alle Girokonten in...

DWN
Politik
Politik Russischer Außenminister Lawrow: "USA wollen nach Nord-Stream Gaspipeline TurkStream zerstören"
14.01.2025

Russlands Außenminister Lawrow beschuldigt die USA, mit ukrainischen Drohnenangriffen die Gasleitung TurkStream lahmlegen zu wollen....

DWN
Politik
Politik CDU-Heizungsgesetz: Wie die Union das Heizungsgesetz abschaffen will - und warum das schlecht wäre
14.01.2025

Das Habecksche Heizungsgesetz, offiziell Gebäudeenergiegesetz (GEG), gilt seit Januar 2024. Die CDU plant, das GEG bei einer möglichen...

DWN
Politik
Politik Weitere Ukraine-Hilfe? Pistorius zu Besuch in Kiew spricht sich dafür aus
14.01.2025

Ukraine-Hilfe 2025: Verteidigungsminister Boris Pistorius bleibt optimistisch, was die Fortsetzung der Unterstützung für die Ukraine...