Politik

EU-Parlament: Massive Vetternwirtschaft bei Kandidaten aus Rumänien

Auf den Kandidatenlisten für die Europawahl stehen Angehörige, Freunde und Ehepartner von Rumäniens führenden Politikern. Klientel-Politik und Korruptionsskandale werden für ein Rekordtief bei der Wahlbeteiligung sorgen, so Experten.
11.03.2014 00:09
Lesezeit: 2 min

Vetternwirtschaft, Klientel-Politik und Korruptionsaffären. Rumänische Abgeordnete haben in den vergangenen Jahren für zahlreiche Skandale gesorgt. Experten vermuten nun für die Europawahl im Mai ein Rekordtief bei der Wahlbeteiligung.

Die Kandidatenliste der führenden Parteien für die Europa-Wahl liest sich wie ein Stammbaum: Angehörige, Freunde und Ehepartner der Bukarester Eliten werden für einen Arbeitsplatz in Brüssel vorgeschlagen. Bereits in Brüssel und mit einer guten Aussicht auf Wiederwahl sind etwa die Frau des rumänischen Premier Victor Ponta, die Frau des Vorsitzenden der Nationalliberalen Partei (PNL) und die Tochter des rumänischen Präsidenten Traian Basescu.

„Die Positionen auf den Listen werden als Belohnung für verdiente Parteisoldaten oder als eine Ressource, die in der Familie bleiben soll, gesehen“, so Politologe Claudiu Tufis zum EUObserver.

Zwei Skandale aus den Reihen der Abgeordneten, die 2009 ins Europaparlament gewählt wurden, stechen besonders hervor. George Becali, Eigentümer des Fußballklubs Steaua Bukarest, machte Millionen mittels dunkler Geschäfte mit staatlichen Stellen. Ihm wird unter anderem Dokumentenfälschung und Zahlung von Bestechungsgeldern vorgeworfen. Um sich vor strafrechtlichen Ermittlungen zu schützen, wechselte er die Partei, um Ende 2012 von Brüssel ins rumänische Parlament zu wechseln.

Doch für eine Straftat aus dem Jahr 2009 wurde er schließlich zur Verantwortung gezogen. Mit vier Leibwächtern hatte er Diebe, die eines seiner Luxusautos gestohlen hatten, in den Kofferraum gesperrt und körperlich misshandelt anstatt sie der Polizei zu übergeben. Wegen Freiheitsberaubung wurde er im Februar 2013 zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt.

Ein weiterer Europa-Abgeordneter, Adrian Severin, wurde von Journalisten der Sunday Times dabei gefilmt, wie er zustimmt, gegen Bargeld in die Gesetzgebung eingreifen zu wollen. Nach der Cash-for-Law-Affäre trat Severin aus seiner Partei aus, allerdings blieb er Abgeordneter. Die rumänische Antikorruptionsbehörde (DNA) hat ihn aber nun doch angeklagt, das Verfahren ist noch anhängig.

Weitere hochkarätige rumänische Politiker sitzen wegen Korruption bereits im Gefängnis. Im Januar wurde der ehemalige Ministerpräsident Adrian Nastase, der bereits wegen Korruption verurteilt wurde, zusätzlich der Erpressung und Zahlung von Bestechungsgeldern schuldig befunden. Er wurde zu vier Jahren Gefängnis verurteilt.

„Die jungen Politiker sind immer noch korrupt“, sagt Politologe Tufis, „weil sie vor zehn Jahren die Jugendorganisation der Parteien durchlaufen sind. Dort lernten sie, wie attraktiv Korruption sein kann.“

Wegen den unzähligen Skandalen wird die Wahlbeteiligung im Mai wohl auf ein Rekordtief sinken. Bereits bei der Europawahl 2009 war die Beteiligung eine der niedrigsten in Europa. Nur 27,4 Prozent der Rumänen gaben ihre Stimme ab. Weniger waren es nur in der Slowakei ( 19,6 Prozent), Litauen (20,9 Prozent ) und Polen ( 24,5 Prozent). Zum Vergleich: Der europäische Durchschnitt lag bei 43 Prozent.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Technologie
Technologie Elektrische Kleinwagen: Kompakte Elektroautos für die Innenstadt
12.07.2025

Elektrische Kleinwagen erobern die Straßen – effizient, kompakt und emissionsfrei. Immer mehr Modelle treten an, um Verbrenner zu...

DWN
Finanzen
Finanzen Elterngeld: Warum oft eine Steuernachzahlung droht
12.07.2025

Das Elterngeld soll junge Familien entlasten – doch am Jahresende folgt oft das böse Erwachen. Trotz Steuerfreiheit lauert ein...

DWN
Finanzen
Finanzen Krypto ersetzt Börse: Robinhood bietet Token-Anteile an OpenAI und SpaceX
12.07.2025

Die Handelsplattform Robinhood bringt tokenisierte Beteiligungen an OpenAI und SpaceX auf den Markt. Doch was wie ein Investment klingt,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Meta-KI: Facebook-Mutter wirbt KI-Top-Talente von OpenAI ab – Altman schlägt Alarm
12.07.2025

Der KI-Krieg spitzt sich zu: Meta kauft sich Top-Talente, OpenAI wehrt sich mit Krisenurlaub – und Europa droht im Wettrennen um die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deindustrialisierung: Ostdeutsche Betriebsräte fordern Ende von Habecks Energiewende - Industriestandort gefährdet
11.07.2025

Nach dem Verlust von über 100.000 Industriearbeitsplätzen richten ostdeutsche Betriebsräte einen dramatischen Appell an Kanzler Merz....

DWN
Technologie
Technologie Start-up ATMOS Space Cargo setzt neue Maßstäbe: Deutsche Logistik erobert den Weltraum
11.07.2025

Fracht ins Weltall zu bringen, ist eine Herausforderung. Eine noch größere ist es, sie wieder unversehrt zur Erde zurückzubringen....

DWN
Finanzen
Finanzen JP Morgan-CEO Jamie Dimon rechnet mit Europa ab: „Europa verliert“
11.07.2025

Jamie Dimon, CEO von JP Morgan und einer der mächtigsten Akteure der US-Wirtschaft, warnt europäische Politiker: Der Kontinent droht...

DWN
Immobilien
Immobilien Mietpreisbremse bleibt bestehen: Bundesjustizministerin Hubig kündigt Bußgeldregelung an
11.07.2025

Die Mietpreisbremse wird verlängert – doch ist das genug, um Mieter wirklich zu schützen? Während die Politik nachjustiert, plant das...