Die Ukraine teilt auf ihrer offiziellen Website mit, dass die Truppen des Landes erfolgreich eine Invasion der Russen in der Region Khershon auf der Arbatskaya Strelka gestoppt hätte: Mit Flugzeugen und Fallschirmjägern hätte man die Russen zurückgedrängt, die mit Hubschraubern versucht hätten, auf das Festland überzusetzen.
Von russischer Seite liegt noch keine Bestätigung vor. Die Meldung kam über AFP und mehrere US-Medien.
Die Ukraine hat der Regierung in Moskau einen Tag vor dem umstrittenen Referendum über einen Anschluss der Krim an Russland massive Provokationen vorgeworfen und vor einer Invasion gewarnt. Die Gewalt im Osten, bei der zuletzt drei Menschen getötet wurden, sei das Werk von "Kreml-Agenten", sagte der amtierende Präsident Alexander Turtschinow am Samstag vor dem Parlament in Kiew. Ein Sprecher des russischen Präsidenten Wladimir Putin erklärte, er sei sicher, dass es keinen "Kalten Krieg" geben werde. Das russische Militär hat faktisch die Kontrolle über die Halbinsel Krim übernommen, wo seine Schwarzmeerflotte stationiert ist, und gerät deshalb zunehmend in die Isolation. Der Europarat stimmte am Freitagabend für den Erhalt der Ukraine. Im UN-Sicherheitsrat scheiterte aber am Veto Russlands eine Resolution, in der die für Sonntag geplante Volksabstimmung für ungültig erklärt werden sollte.
Präsident Turtschinow ging im Parlament in Kiew die russische Führung frontal an: "Sie wissen genauso gut wie wir, wer die Massenproteste im Osten der Ukraine organisiert", rief er den Abgeordneten der Opposition zu. "Es sind Kreml-Agenten, die sie organisieren und bezahlen, die letztlich für den Mord an Menschen Schuld tragen." Er warnte vor einer russischen Invasion im Osten, die einer Einverleibung der Krim durch den Nachbarn folgen könnte.
Die Regierung in Kiew fürchtet, dass Moskau Gewalt gegen russisch-stämmige Bürger zum Anlass für ein militärisches Einschreiten nehmen könnte. So erklärte das Außenministerium in Moskau, man werde Hilfsgesuche friedlicher Bürger aus der Ukraine prüfen. Es gebe "alarmierende Informationen", dass militante bewaffnete Gruppen Donezk, Charkiw und Ligansk verließen, um eine "Ost-Front" aufzumachen. In einem an die Krim angrenzenden Gebiet wehrte das ukrainische Militär nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Kiew russische Soldaten ab, die in einen Landstreifen zwischen der Krim und dem Festland vorrücken wollten.
"LASST EUCH NICHT PROVOZIEREN!"
Putins Sprecher sagte, er hoffe, der Westen sei politisch klug genug, eine tiefere Konfrontation mit Russland wegen der Ukraine zu vermeiden. Beide Seiten seien wirtschaftlich voneinander abhängig. Von einer Selbstisolation Russlands zu sprechen sei absurd.
Dem ukrainischen Innenminister Arsen Awakow zufolge wurden am späten Freitagabend in Charkiw ein 20- und ein 31-jähriger Mann getötet. "Angeheuerte Provokateure aus einem Nachbarland betreiben professionelle Provokationen", sagte er. Am Donnerstag war zudem in Donezk ein Demonstrant ums Leben gekommen. Awakow rief die Bevölkerung auf, sich nicht provozieren zu lassen. "Lasst euch nicht manipulieren! Beendet diese Hysterie. Das ist kein Spiel mit Spielzeugsoldaten - das ist ein wirklicher Konflikt, es geht um das wirkliche Leben der Menschen."
Im UN-Sicherheitsrat scheiterte wie erwartet ein US-Entwurf für eine Resolution, in der alle Staaten und Organisationen aufgefordert werden sollten, eine Änderung des Krim-Status' nicht anzuerkennen. 13 Mitglieder stimmten für den Entwurf, Russland dagegen. China, das Russland bei internationalen Konflikten meist unterstützt, enthielt sich. Im Europarat votierten 43 Länder für eine Resolution, die die Parteien auffordert, alles zu unterlassen, was die Unabhängigkeit und den Zusammenhalt der Ukraine bedrohen könnte. Als einziges Land stimmte Russland gegen den Text.
Am Montag beraten die EU-Außenminister weitere Strafmaßnahmen gegen Russland. Frankreichs Präsident Francois Hollande sagte, im Rahmen der dritten Stufe von Sanktionen werde sein Land die militärische Zusammenarbeit mit Russland überprüfen. Bislang ist Frankreich vor Änderungen seiner milliardenschweren Rüstungsverträge mit Russland zurückgeschreckt. Russlands Wirtschaftsminister Alexej Uljukajew sagte, Sanktionen würden kaum große Wirkung entfalten. "Wir müssen auf Risiken vorbereitet sein, es könnte sie ab dem 17. März geben." Große Projekte oder der Handel seien aber nicht in Gefahr.
Wenn die Wahlberechtigten am Sonntag auf der Krim abstimmen, fehlt ihnen die Möglichkeit, für einen Verbleib der autonomen Region in der Ukraine zu votieren. Denn auf dem Zettel stehen nur zwei Fragen: "Sind Sie für die Wiedervereinigung mit Russland?" Oder: "Sind Sie für die Wiederherstellung der Verfassung von 1992 und den Status der Krim als Teil der Ukraine?" Und hier ist die Krux: Diese alte Verfassung erlaubt es der Krim, ihr Schicksal selbst zu bestimmen. Da die pro-russische Regionalversammlung bereits beschlossen hat, Russland beizutreten, wäre eine Eingliederung nur eine Frage der Zeit.
Die muslimischen Krim-Tataren fürchten dies und haben einen Boykott des Referendums angekündigt. "Wir Krim-Tataren hätten am meisten darunter zu leiden", sagte Mustafa Dschemilew, eine der bekanntesten Persönlichkeiten der muslimischen Gemeinschaft, zu Reuters. Die Krim-Tataren sind in der Minderheit. Von den rund zwei Millionen Krim-Bewohnern sind fast 60 Prozent Russen.