Finanzen

Gegen den Dollar: Russland plant, in großem Stil Währungen „freundlicher“ Länder zu kaufen

Moskau will Berichten zufolge in großem Stil neue Devisenreserven aufbauen. Im Gegenzug sollen die Währungen der G7-Staaten schrittweise aus den eigenen Devisenreserven entfernen werden.
09.09.2022 13:00
Aktualisiert: 09.09.2022 13:27
Lesezeit: 3 min
Gegen den Dollar: Russland plant, in großem Stil Währungen „freundlicher“ Länder zu kaufen
Russland plant offenbar, fremde Währungen zu kaufen. (Foto: dpa) Foto: Jens Büttner

Die russische Regierung hat angeblich mit Wohlwollen auf Pläne reagiert, künftig in großem Umfang Währungen befreundeter Staaten aufzukaufen und im Gegenzug die Währungen der G7-Staaten schrittweise aus den eigenen Devisenreserven zu entfernen.

Die Gouverneurin der Notenbank, Elwira Niabullina, sowie weitere hochrangige Beamte sollen an dem Treffen am 30. August teilgenommen haben, berichtet Bloomberg. Die Nachrichtenagentur hat eigenen Angaben zufolge eine Kopie eines bei dem Treffen diskutierten Dokumentes eingesehen.

Namentlich nicht genannte Personen hätten zudem berichtet, dass Russland im Rahmen der Pläne im laufenden Jahr für umgerechnet 70 Milliarden US-Dollar (4,4 Billionen Rubel) Währungen von „freundlich gesinnten“ Ländern kaufen könnte. Der größte Teil der Käufe solle dabei auf den chinesischen Renminbi (Yuan) entfallen.

Später könnten die Renminbi-Vorräte dann wieder verkauft werden, um beispielsweise Investitionen zu finanzieren. Die Regierung rechnet langfristig also mit einer deutlichen Aufwertung des Yuan zum Rubel.

Aufwertung soll gestoppt werden

Zu den im Dokument verankerten Zielen soll auch gehören, die starke Aufwertung des russischen Rubels zu stoppen. Dessen Wechselkurs hatte in den vergangenen Wochen gegenüber Euro und Dollar deutlich aufgewertet, nachdem er kurz nach Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine massiv an Wert verloren hatte. Grund für die Erholung ist der Umstand, dass die drastische Verteuerung von Erdgas, Kohle und Erdöl – ausgelöst maßgeblich durch die Sanktionen – zusätzliche Milliarden in die Staatskasse spülen.

„Die Käufe (ausländischer Währungen – die Red.) werden Russland helfen, die außergewöhnliche Wechselkursstärke zu begrenzen, welche Exporteure belastet (…). Für neutrale Länder führen die Käufe zur Unterstützung der jeweiligen Landeswährung, sie helfen ihnen, ihre Probleme in der Handelsbilanz zu beheben und helfen darüber hinaus, die Importe von Rohstoffen zu bezahlen“, zitiert Bloomberg einen Analysten.

Einer Finanzexpertin der Moskauer BCS Financial Group zufolge könnte ein Kaufprogramm in Höhe von 70 Milliarden Dollar den Dollarkurs des Rubel auf Werte um 75 oder 80 drücken. Derzeit müssen für einen Dollar nur 60 Rubel bezahlt werden.

„De-Dollarisierung“ mit gemischter Bilanz

Die Pläne, sollten sie denn umgesetzt werden, bedeuten eine Verstärkung von Moskaus Abwendung vom US-Dollar. Bereits vor einigen Jahren hatte Russland sich schrittweise von sämtlichen amerikanischen Staatsanleihen in seinen Depots getrennt und versucht, den Dollar aus dem Handelsgeschäft mit anderen Ländern zu entfernen.

Nichtsdestotrotz konnten rund die Hälfte der offiziellen Devisenreserven in Höhe von 640 Milliarden Dollar nach dem Beginn des Krieges gegen die Ukraine von westlichen Institutionen eingefroren werden.

In dem von Bloomberg eingesehenen Dokument wird dieser Verlust beklagt. Die „eingefrorenen 300 Milliarden Dollar waren keine Hilfe für Russland; im Gegenteil wurden sie zu einer Schwäche und einem Symbol für vergebene Chancen“, heißt es dort.

Schwächen der Partner-Währungen

Die Planer sind sich offenbar auch der Risiken umfangreicher Investitionen in die Schwellenland-Währungen bewusst. So bedürfe es im Fall großer Verkäufe von Yuan-Positionen in der Zukunft Absprachen mit China, weil solche Maßnahmen Auswirkungen auf den Offshore-Kurs des Renminbi haben. Solche Absprachen seien aber „im Fall einer Krise“ sehr schwer zu treffen, heißt es in dem Dokument.

Russlands Renminbi-Reserven, die zu Jahresbeginn rund 17 Prozent der Devisenbestände ausmachten, sollen den Plänen zufolge von umgerechnet 100 Milliarden Dollar auf 180 Milliarden Dollar aufgestockt werden.

Andere Währungen wie beispielsweise die Landeswährung der Vereinigten Arabischen Emirate, der Dirham, bergen „hohe politische Risiken“, heißt es. Damit spielen die Autoren des Dokuments wahrscheinlich auf den Umstand an, dass die Emirate auch zu den Vereinigten Staaten gute Kontakte pflegen.

Die türkische Lira wiederum sei einer starken Entwertung ausgesetzt, weshalb sich Käufe auf längere Sicht vielleicht als Verlustgeschäft entpuppen würden.

An der Machbarkeit des Unterfangens sind Beobachtern zufolge Zweifel angebracht. „Ich bin mir nicht sicher, ob die Zentralbank so viele Yuan oder andere ‚freundliche‘ Währungen im Markt finden wird. Der Großteil des Handelsverkehrs mit ‚freundlichen‘ Staaten wird noch immer in den Währungen ‚unfreundlicher‘ Länder abgewickelt, sagt eine Analystin von Oxford Economics und bezieht sich bei letztgenannten Währungen vor allem auf den Dollar und den Euro.

Ein Analyst der Citibank nannte das Ziel, bis zum Jahresende 4,4 Billionen Rubel in andere Währungen zu investieren „ziemlich ambitioniert.“ In jedem Fall sei die Regierung aber daran interessiert, den Rubelkurs zu schwächen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft China frisst Tesla: Wie Elon Musk seine eigene Konkurrenz großzog
19.07.2025

Elon Musk wurde in China gefeiert, hofiert und mit Privilegien überschüttet – doch während Tesla half, Chinas E-Auto-Industrie...

DWN
Technologie
Technologie Lokale Rechenzentren: Auslaufmodell oder Bollwerk digitaler Souveränität?
19.07.2025

Cloud oder eigenes Rechenzentrum? Unternehmen stehen vor einem strategischen Wendepunkt. Lokale Infrastruktur ist teuer – aber oft die...

DWN
Panorama
Panorama Rentenvergleich: So groß ist der Unterschied zwischen Ost und West
19.07.2025

Im Osten der Republik erhalten Frauen im Schnitt deutlich mehr Rente als im Westen. Jahrzehntelange Unterschiede in der Erwerbsbiografie...

DWN
Finanzen
Finanzen Erbe aufteilen: So sichern Sie den Verbleib Ihres Partners im gemeinsamen Haus
19.07.2025

Sind Sie wiederverheiratet und haben Kinder aus früheren Beziehungen? Dann ist besondere Vorsicht geboten, wenn es darum geht, Ihr Erbe...

DWN
Finanzen
Finanzen Unser neues Magazin ist da: Kapital und Kontrolle – wem gehört Deutschland?
19.07.2025

Deutschland ist reich – doch nicht alle profitieren. Kapital, Einfluss und Eigentum konzentrieren sich zunehmend. Wer bestimmt wirklich...

DWN
Finanzen
Finanzen Steuererklärung: Wann Verspätungszuschläge unzulässig sind
19.07.2025

Viele Steuerzahler ärgern sich über Verspätungszuschläge, wenn sie ihre Steuererklärung zu spät abgeben. Doch nicht immer ist die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeiten nach der Schule: Warum viele keine Ausbildung beginnen
19.07.2025

Schnell Geld verdienen statt jahrelang pauken – das klingt für viele junge Menschen verlockend. Doch wer direkt nach der Schule in den...

DWN
Politik
Politik Militär statt Frieden? Was das EU-Weißbuch 2030 wirklich bedeutet
19.07.2025

Mit dem Weißbuch „Bereitschaft 2030“ gibt die EU ihrer Sicherheitspolitik eine neue Richtung. Doch Kritiker warnen: Statt...