Deutschland

Bundesbank: Die Rezession ist da

Analysten der Bundesbank zeichnen mit Blick auf die kommenden Monate ein trübes Bild.
19.09.2022 14:00
Lesezeit: 2 min

Wegen der Energiekrise rechnet die Bundesbank bald mit einer spürbaren konjunkturellen Talfahrt und rund zehn Prozent Inflation. „Es mehren sich die Anzeichen für eine Rezession der deutschen Wirtschaft im Sinne eines deutlichen, breit angelegten und länger anhaltenden Rückgangs der Wirtschaftsleistung“, teilte die Notenbank am Montag in ihrem Monatsbericht mit.

Grund seien vor allem die steigenden Energiekosten in Folge des Ukraine-Kriegs und der Sanktionen. Nach dem Mini-Wachstum von 0,1 Prozent im Frühjahr werde das Bruttoinlandsprodukt im laufenden Sommer-Quartal voraussichtlich etwas schrumpfen. „Alles in allem dürfte die Wirtschaftsleistung im vierten Quartal merklich zurückgehen“, betonten die Bundesbank-Fachleute. „Dies dürfte wohl auch für das erste Quartal des kommenden Jahres gelten.“ Der Ausblick sei ausgesprochen unsicher.

„Die hohe Inflation und die Unsicherheit in Bezug auf die Energieversorgung und ihre Kosten beeinträchtigen dabei nicht nur die gas- und stromintensive Industrie sowie deren Exportgeschäfte und Investitionen“, hieß es. Denn betroffen seien auch der private Konsum und die davon abhängigen Dienstleister.

Das deutsche Gastgewerbe startete bereits mit einem Rückschlag in die zweite Jahreshälfte. Hotel, Restaurants und Kneipen zählten im Juli zwar 0,4 Prozent mehr in ihren Kassen als im Vormonat, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Klammert man aber steigende Preise aus, sank der reale Umsatz um 1,5 Prozent. Das ist der erste Rückgang seit Dezember 2021, als wegen der damals geltenden Corona-Beschränkungen deutlich weniger eingenommen wurde. Der Umsatz lag im Juli zwar inflationsbereinigt 10,2 Prozent höher als im Vorjahresmonat, blieb aber um 9,3 Prozent hinter dem Ergebnis von Juli 2019 zurück, als die Corona-Pandemie noch nicht zugeschlagen hatte.

Die Jahresteuerung in der Euro-Zone lag im August auf dem Rekordhoch von 9,1 Prozent und dürfte für weitere Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank (EZB) sorgen. In Deutschland kletterte die Inflationsrate auf 7,9 Prozent. Mit Auslaufen des 9-Euro-Tickets und des Tankrabatts sei hier im September mit weiterem Schub zu rechnen, schrieben die Ökonominnen und Ökonomen der Bundesbank. „Dies wird im laufenden Monat zu erneuten Preissteigerungen bei Energie und Dienstleistungen führen und die Inflationsrate entsprechend erhöhen.

Die angekündigten Maßnahmen des jüngsten Entlastungspakets der Ampel-Koalition, etwa zur Gasumlage oder Strompreisbremse, würden sich dagegen wohl erst Anfang 2023 in den Verbraucherpreisen niederschlagen. „Die Inflationsrate dürfte unter dem Strich in den nächsten Monaten in den zweistelligen Bereich vorrücken.“

Teures Material und steigende Kreditzinsen bremsen derweil den Baumboom und sorgen im Wohnungsbau vermehrt für stornierte Aufträge. Im August waren 11,6 Prozent der befragten Unternehmen davon betroffen, nach 11,5 Prozent im Vormonat, wie aus einer Umfrage des Münchner Ifo-Instituts hervorgeht. „Seit April sehen wir, dass auffällig viele Projekte gestrichen werden“, sagte Ifo-Forscher Felix Leiss. „Explodierende Baukosten, steigende Finanzierungszinsen und eingeschränkte Fördermöglichkeiten belasten die Kalkulation potenzieller Bauherren schwer“, sagte Leiss. „Einige Projekte werden damit unrentabel.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Immobilien
Immobilien Wohntraum wird Luxus: Preise schießen in Städten durch die Decke
13.05.2025

Die Preise für Häuser und Wohnungen in Deutschland ziehen wieder deutlich an – vor allem in den größten Städten. Im ersten Quartal...

DWN
Finanzen
Finanzen Wird die Grundsteuer erhöht? Zu viele Ausgaben, zu wenig Einnahmen: Deutsche Kommunen vorm finanziellen Kollaps
13.05.2025

Marode Straßen, Bäder und Schulen: Fast neun von zehn Städten und Gemeinden in Deutschland droht in absehbarer Zeit die Pleite. Bereits...

DWN
Politik
Politik EU im Abseits: Trump bevorzugt London und Peking – Brüssel droht der strategische Bedeutungsverlust
12.05.2025

Während Washington und London Handelsabkommen schließen und die USA gegenüber China überraschend Konzessionen zeigen, steht die EU ohne...

DWN
Panorama
Panorama Nach Corona nie wieder gesund? Die stille Epidemie der Erschöpfung
12.05.2025

Seit der Corona-Pandemie hat sich die Zahl der ME/CFS-Betroffenen in Deutschland nahezu verdoppelt. Rund 600.000 Menschen leiden inzwischen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Machtkampf der Tech-Eliten: Bill Gates attackiert Elon Musk – „Er tötet die ärmsten Kinder der Welt“
12.05.2025

Ein milliardenschwerer Konflikt zwischen zwei Symbolfiguren des globalen Technologiekapitalismus tritt offen zutage. Der frühere...

DWN
Politik
Politik Pflege am Limit? Ministerin fordert Reform für mehr Eigenverantwortung
12.05.2025

Pflegekräfte sollen mehr dürfen und besser arbeiten können – das fordert Gesundheitsministerin Nina Warken zum Tag der Pflegenden....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Milliarden ungenutzt: Irischer Top-Investor fordert Einsatz von Pensionsgeldern zur Stärkung europäischer Technologie
12.05.2025

Die europäische Technologiebranche droht im globalen Wettbewerb ins Hintertreffen zu geraten. Der Grund: Staatlich geförderte...

DWN
Politik
Politik Geheime Waffenlieferungen: Kritik an Intransparenz – Ukrainischer Botschafter lobt Merz’ Kurs
12.05.2025

Die neue Bundesregierung unter Friedrich Merz hat entschieden, Waffenlieferungen an die Ukraine künftig wieder geheim zu halten – ein...