Finanzen

Anleger zittern vor drohender Winter-Rezession

Ein Ende der drastischen Zinserhöhungen ist nicht in Sicht und die hohen Energiepreise dämpfen deutsche Industrieproduktion. Anleger erwarten eine Rezession.
30.09.2022 11:39
Lesezeit: 1 min
Anleger zittern vor drohender Winter-Rezession
In der Regel zieht die Börse im Herbst, aber wohl nicht dieses Jahr. (Foto: dpa) Foto: Arne Dedert

Von der Hoffnung auf einen goldenen Herbst sollten sich Anleger nach Einschätzung von Experten verabschieden. „Es kommt momentan einiges an schlechten Nachrichten beziehungsweise Unsicherheiten zusammen“, sagt Analyst Frank Wohlgemuth von der National-Bank in Essen. Hauptbelastungsfaktoren seien die hartnäckig hohe Inflation, der Ukraine-Krieg und die Energiekrise.

Außerdem könne frühestens nach dem Jahreswechsel mit einem gedrosselten Zinserhöhungstempo der Notenbank gerechnet werden, prognostiziert Bernd Meyer, Chef-Anlagestratege der Vermögensverwaltung bei der Berenberg Bank. „Frühestens dann dürfte sich die Wirtschaft hinreichend abgeschwächt haben und sich in oder nahe einer Rezession befinden und die nachlassende Nachfrage einen deutlicheren Inflationsrückgang begünstigen.“

Ein Lichtblick sei allerdings die Tatsache, dass der Aktienmarkt statistisch betrachtet in eine starke Phase eintrete, sagte Jochen Stanzl, Chef-Marktanalyst des Online-Brokers CMC Markets. „Saisonalität ist keine Garantie, aber eine Orientierung.“ In vierten Quartalen hat der Dax bislang im Schnitt 6,8 Prozent zugelegt.

In der alten Woche büßte er wegen wieder aufgeflammter Rezessionsängste allerdings insgesamt etwa 1,6 Prozent ein und fiel zeitweise auf ein Zwei-Jahres-Tief von 11.862,84 Punkten. Seit Monatsbeginn summiert sich das Minus auf knapp sechs Prozent. Damit steht der deutsche Leitindex vor seinem schwärzesten September seit 14 Jahren.

Wie üblich zum Monatswechsel steht am Freitag das Konjunkturdaten-Highlight ins Haus: Der US-Arbeitsmarktbericht. Aus Sicht der US-Notenbank Fed werde er wohl noch zu stark sein, um das Zinserhöhungstempo zu drosseln, prognostizierte Commerzbank-Volkswirt Christoph Balz. Er rechne für September mit 280.000 neuen Stellen in den USA außerhalb der Landwirtschaft. „Die Arbeitslosenquote dürfte bei extrem niedrigen 3,7 Prozent verharren.“ Am Mittwoch geben die Zahlen der privaten US-Arbeitsagentur ADP einen Vorgeschmack auf die offiziellen Daten.

Diesseits des Atlantik stehen unter anderem die europäischen Einzelhandelsumsätze (Donnerstag) und die deutsche Industrieproduktion (Freitag) auf dem Terminplan. Bei Letzteren sagt Commerzbank-Experte Balz ein Minus von 1,5 Prozent voraus. „Gedrückt wird die Produktion dadurch, dass viele Waren aufgrund der massiv gestiegenen Energiepreise in Deutschland nicht mehr profitabel hergestellt werden können, weshalb die Unternehmen ihre Produktion herunterfahren.“ (Reuters)

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

DWN
Politik
Politik EU plant Ukraine-Hilfe: Kann Russlands eingefrorenes Vermögen helfen?
13.11.2025

Die Europäische Union steht vor einer heiklen Entscheidung: Sie will die Ukraine weiterhin finanziell unterstützen, sucht jedoch nach...

DWN
Politik
Politik Zollfreigrenze in der EU: Billigwaren künftig ab dem ersten Euro zollpflichtig
13.11.2025

Billige Online-Waren aus Asien könnten bald teurer werden. Die EU plant, die 150-Euro-Freigrenze für Sendungen aus Drittländern...

DWN
Politik
Politik EU-Politik: Fall der Brandmauer öffnet Tür für Konzernentlastungen
13.11.2025

Das EU-Parlament hat das Lieferkettengesetz deutlich abgeschwächt. Künftig sollen nur noch sehr große Unternehmen verpflichtet sein,...

DWN
Politik
Politik Wehrdienst-Reform: Union und SPD einigen sich auf Kompromiss
13.11.2025

Union und SPD haben ihren Streit über den Wehrdienst beigelegt – und ein Modell beschlossen, das auf Freiwilligkeit setzt, aber eine...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Google: Milliardenstreits um Marktmissbrauch
13.11.2025

Google steht erneut unter Druck: Die Preissuchmaschine Idealo verlangt Milliarden, weil der US-Konzern angeblich seit Jahren seine...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Kurs aktuell: Stabilisierungsversuch nach Kursverlusten
13.11.2025

Nach der kräftigen Korrektur in den vergangenen Tagen zeigt sich der Bitcoin-Kurs aktuell moderat erholt – was steckt hinter dieser...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Gender Pay Gap in der EU: Was die neue Richtlinie wirklich fordert
13.11.2025

Die EU hat mit der Richtlinie 2023/970 zur Gehaltstransparenz die Gender Pay Gap im Fokus. Unternehmen stehen vor neuen Pflichten bei...

DWN
Finanzen
Finanzen Telekom-Aktie: US-Geschäft treibt Umsatz trotz schwachem Heimatmarkt
13.11.2025

Die Telekom-Aktie profitiert weiter vom starken US-Geschäft und einer angehobenen Jahresprognose. Während T-Mobile US kräftig wächst,...