Das verarmte, winzige südamerikanische Land Guyana hat sich zu einem der größten Ölproduzenten des amerikanischen Kontinents entwickelt und ist auf dem besten Weg, ein weltweit führender Energieexporteur zu werden. Energieriese Exxon Mobile hat die Potentiale des Landes früh erkannt und sich seinen Anteil früh gesichert. Seit 2015 hat ein von Exxon Mobil geführtes Konsortium im 6,6 Millionen Hektar großen Stabroek-Block vor der Küste Guyanas eine ganze Reihe hochwertiger Ölfunde gemacht, von denen der letzte im Juli 2022 bekannt gegeben wurde. Schätzungen zufolge haben diese Funde fast elf Milliarden Barrel förderbare Ölressourcen im Stabroek-Block aufgedeckt und weitere Ölfunde werden noch folgen.
Guyanas Rohöl billig und einfach zu produzieren
Exxon, der Betreiber, dem 45 % des Blocks gehören, während Hess 30 % und CNOOC die restlichen 25 % halten, entwickelt den Stabroek-Block in rasantem Tempo. Das Liza-Ölfeld im Südosten des Blocks pumpt derzeit rund 360.000 Barrel Rohöl pro Tag von zwei schwimmenden Produktions-, Lager- und Entladungsschiffen (FPSO), Liza Destiny und Liza Unity.
Das aus dem Liza-Feld gepumpte Erdöl ist laut Exxon Mobile leicht und mit einem geringen Schwefelgehalt. Das bedeutet, dass Rohöl der Sorte Liza billiger und einfacher zu produzieren und zu hochwertigen Kraftstoffen zu raffinieren ist, was zu einer geringeren CO2-Bilanz im Vergleich zu schwereren, sauren Sorten führt, insbesondere zu denen, die im benachbarten Venezuela gefördert werden.
Infolgedessen ist das vor der Küste Guyanas entdeckte und geförderte Öl besonders attraktiv für globale Energieunternehmen, die unter erheblichem Druck stehen, ihre Emissionen deutlich zu senken und ihre Tätigkeiten zu dekarbonisieren. Die niedrigen Kosten der Branche, die sich im prognostizierten durchschnittlichen Break-even-Preis von 35 US-Dollar pro Barrel widerspiegeln, machen das zutiefst verarmte Land zu einem der kostengünstigsten und damit profitabelsten Gebiete in Lateinamerika. Diese Faktoren haben dazu geführt, dass Offshore-Guyana von Brancheninsidern als das spannendste Ölfördergebiet der Welt bezeichnet wird. Dies führt zu einem noch größeren Investitionszufluss ausländischer Energieunternehmen in Guyanas Kohlenwasserstoffsektor.
Exxon Mobile unter heftiger Kritik
Im November 2020, als der Preis für die Sorte Brent bei etwa 45 Dollar pro Barrel lag, gab Exxon bekannt, dass Guyana neben dem Permian Basin und Brasilien aufgrund des beträchtlichen Potenzials des Landes bei Investitionen Priorität genießt. Die laufende Ausbeutung des Stabroek-Blocks durch Exxon wird eine wichtige Rolle bei den Plänen des Unternehmens spielen, seine Aktivitäten aggressiv zu dekarbonisieren, nachdem es für seine Ignoranz gegenüber den Gefahren des Klimawandels heftig kritisiert wurde.
Aus diesen Gründen treibt Exxon die Erschließung des Stabroek-Blocks und die Explorationsaktivitäten in anderen Blöcken voran, an denen das Unternehmen vor der Küste Guyanas beteiligt ist. Im Jahr 2021 kündigte der Energieriese an, dass er zwischen 2022 und 2027 20 bis 25 Mrd. US-Dollar für Investitionen ausgeben will, wobei 60 % dieser Investitionen in Guyana, Brasilien, die Permian-Region und sein LNG- sowie Chemiegeschäft fließen sollen.
Exxon hat in Guyana schon zwei neue Prokjekte in der Pipeline. Das Payara-Projekt mit einer Kapazität von 220.000 Barrel pro Tag befindet sich derzeit in der Entwicklungsphase und liegt etwa fünf Monate vor dem Zeitplan, so dass die Produktion noch vor Ende 2023 aufgenommen werden soll. Exxon treibt auch das Yellowtail-Projekt voran, das voraussichtlich im Jahr 2025 mit einer Kapazität von 250.000 Barrel pro Tag in Betrieb gehen wird. Mit der Fertigstellung von Payara und Yellowtail wird der Stabroek-Block bis Ende 2025 mindestens 810.000 Barrel pro Tag produzieren, möglicherweise sogar mehr.
Ölressourcen auf mehrere Milliarden Barrel geschätzt
Branchenanalysten gehen davon aus, dass Guyana bis 2027 täglich mindestens eine Million Barrel Rohöl fördern wird, wobei einige glauben, dass diese Zahl noch höher liegen könnte, nämlich bei 1,2 Millionen Barrel. Damit würde Guyana Kolumbien überholen und zum drittgrößten Erdölproduzenten in Lateinamerika und der Karibik aufsteigen.
Jüngste Entdeckungen in dem Becken sowie Schätzungen des Kohlenwasserstoffpotenzials deuten laut Oilprice darauf hin, dass die förderbaren Ölressourcen vor der Küste Guyanas und Surinams zusammen mehr als 18 Milliarden Barrel Öläquivalent betragen. Diese Zahl ist deutlich höher als die vom U.S. Geological Survey im Jahr 2012 geschätzten durchschnittlichen 13,6 Milliarden Barrel unentdeckter Ölressourcen.