Wirtschaft

Autobauer zittern schon vor der nächsten Krise

Die Autobauer VW, Seat und Stellantis erwarten vorerst schwache Verkäufe. Wegen der extrem hohen Energiepreise in Deutschland droht zudem eine Abwanderung der Unternehmen.
20.10.2022 17:15
Lesezeit: 2 min
Autobauer zittern schon vor der nächsten Krise
Opel-Wert in Eisenach. Die Auto-Branche erwartet schwache Umsätze. (Foto: dpa) Foto: Martin Schutt

I​​​​​​n der Autoindustrie macht sich angesichts des Abschwungs der Weltwirtschaft Sorge über eine Absatzkrise im nächsten Jahr breit. Der Auftragseingang schwäche sich ab, erklärten die Chefs der Marken Volkswagen und Seat auf einem Fachkongress am Donnerstag.

„Der Gesamtmarkt wird zurückgehen“, sagte Seat-Chef Wayne Griffiths beim Branchengipfel des Instituts für Automobilwirtschaft (ifa) in Nürtingen. Auch VW-Markenchef Thomas Schäfer erwartet, „dass uns ein steiferer Wind entgegenweht im nächsten Jahr.“

Weniger Wirtschaftswachstum oder Rezession bremst den Automarkt, davon geht auch der Europachef des Opel-Mutterkonzerns Stellantis Uwe Hochgeschurtz aus: „Wir müssen uns auf Krisen vorbereiten“, sagte er. „Die gute alte Zeit ist erstmal vorbei.“

Branchenkenner gehen für 2023 von einem Einbruch am Automarkt aus. So erwartet Peter Fuß, Autoexperte der Unternehmensberatung EY, dass die Neuzulassungen in Europa in den nächsten Monaten noch steigen dank des Rückstaus bei Aufträgen, die wegen der Chipkrise noch nicht abgearbeitet werden konnten.

Für das erste Halbjahr seien die Aussichten aber düster, so Fuß. „Konjunktureinbruch, Energiekrise, Inflation: Die Rahmenbedingungen sind denkbar schlecht. Die Nachfrage nach Neuwagen wird darunter massiv leiden.“ Autohändler klagten bereits über Stornierungen.

Ein Nachfrageeinbruch sei nicht länger nur ein vages Risiko, sondern werde bereits Realität, hieß es kürzlich auch in einer Analyse der Schweizer Bank UBS. Da die Verbraucher in der Rezession ihr Geld zusammenhielten, müssten die Hersteller die mit dem Angebotsmangel gestiegenen Preise wieder senken und bekämen weniger große, teurere Wagen los. Zugleich stiegen die Kosten.

Im kommenden Jahr könnten die Autobauer nach Prognose von UBS daher bis zu 4 Prozentpunkte Umsatzrendite einbüßen, ihre Gewinne würden sich daher in etwa halbieren.

Nach einer Studie von S&P Global Mobility könnte die Autoproduktion in Europa 2023 bei einer Eskalation der Energiekrise um fast 40 Prozent oder mehr als eine Million Fahrzeuge pro Quartal einbrechen. Dahinter steckt die Annahme, dass es bei explodierenden Energiepreisen und Stromausfällen zu Produktionsstopps kommt.

Die Automanager auf dem Branchentreff in Nürtingen gaben sich unterdessen zuversichtlich, einen Absatzrückgang verkraften zu können. BMW-Vertriebschef Pieter Nota sagte, das Management des größten Premiumautobauers der Welt sei eher optimistisch. „Wir sehen das nicht als Krise, wir sehen das als Chance, uns noch stärker aufzustellen.“

Seat-Boss Griffiths erklärte, im Fall sinkenden Absatzes müsse die Gewinnschwelle schon früher erreicht werden, um die Renditen zu sichern. „Wir und der Handel kommen da durch“, betonte er. Die Stimmung sei in Deutschland besonders schlecht im Vergleich zu Spanien.

Auch Stellantis-Manager Hochgeschurtz setzt auf die Anpassungsfähigkeit der Branche, die sie gerade beim Umstieg auf Elektromobilität unter Beweis stelle. Die bevorstehende Krise bedeute nicht, dass Autohersteller und Handel schlechten Zeiten entgegengingen.

Die Chefin des Automobilverbandes VDA, Hildegard Müller, forderte angesichts „explodierender Energiepreise“, die Steuern zu senken. Denn vor allem dem Mittelstand gehe nach der Corona-Krise mit den neuen Belastungen die Puste aus.

Andernfalls stünden Unternehmen vor der Frage bei anstehenden Investitionen vor der Entscheidung, ob sie wegen der hohen Energiekosten in Deutschland nicht in andere Länder ausweichen und Standorte schließen sollten.

Den Firmen gehe es mit den Energiekosten wie dem Frosch auf der heißen Herdplatte. „Alle haben sich lange angestrengt, aber durch den Krieg nimmt die Temperatur so zu, dass der Frosch springen muss.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Mit einem Fondsdepot mehr aus dem eigenen Geld machen

Wer vor zehn Jahren 50.000 Euro in den Weltaktienindex investiert hat, kann sich heute über mehr als 250.000 Euro freuen! Mit der...

DWN
Immobilien
Immobilien Mietpreise schießen erneut in die Höhe: Mietmarkt unter Druck – wird Wohnen zum Luxus?
06.02.2025

Schon wieder Schocknachrichten vom Immobilienmarkt: Mieter in verschiedenen Großstädten, die neue Mietverträge abschließen, müssen...

DWN
Politik
Politik BSW-Mitglieder treten nach Migrationsdebatte aus Partei aus
06.02.2025

Die Debatten zur Migrationspolitik im Bundestag haben auch innerhalb des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) für Unruhe gesorgt –...

DWN
Politik
Politik Parteien: Wahlomat gibt Orientierungshilfe zur Bundestagswahl
06.02.2025

Der Termin der vorgezogenen Bundestagswahl 2025 rückt näher - viele Menschen sind noch unentschlossen, bei welchen Parteien sie ihre...

DWN
Politik
Politik Neue DWN-Serie: Die unbequemen Wahrheiten der Bundestagswahl 2025 - was die Parteien planen
06.02.2025

Am 23. Februar findet die Bundestagswahl 2025 statt, eine richtungsweisende Wahl. Was die Parteien planen, haben wir uns in einer großen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wirtschaftskrise: Deutschland hat sich zu lange auf seinem Erfolg ausgeruht
06.02.2025

Deutschland hat sich laut einer internationalen Studie zu lange auf früheren Erfolgen ausgeruht – und steckt deshalb langfristig in...

DWN
Politik
Politik Konzernchefs fordern Politikwechsel in Wirtschaft und Migration
06.02.2025

Die Vorstandschefs von Deutsche Bank, Siemens und Mercedes-Benz setzen sich in einem gemeinsamen Appell für ein offenes Deutschland ein....

DWN
Politik
Politik Gaza: Israels Armee plant "freiwillige Ausreise" von Palästinensern
06.02.2025

Israel reagiert auf Trumps Vorschlag einer Umsiedelung von zwei Millionen Palästinensern aus Gaza. Der israelische Verteidigungsminister...

DWN
Immobilien
Immobilien Immobilienmarkt: Entwicklung 2025 und wie Sie darauf reagieren sollten
06.02.2025

2025 bringt eine Reihe an Immobilienmarkt-Entwicklungen mit sich, darunter die neue Grundsteuer, sinkende Kreditzinsen, Veränderungen bei...