Finanzen

Drohende Rezession: EZB warnt vor Insolvenzwelle bei Haushalten und Unternehmen

Der Euroraum rutscht laut EZB in eine Rezession. Die Währungshüter warnen vor der Gefahr einer Insolvenzwelle bei Unternehmen und Privathaushalten. Die Risiken für die Finanzmarktstabilität nähmen zu.
16.11.2022 14:41
Aktualisiert: 16.11.2022 14:41
Lesezeit: 2 min
Drohende Rezession: EZB warnt vor Insolvenzwelle bei Haushalten und Unternehmen
Die Europäische Zentralbank (EZB) um Präsidentin Christine Lagarde warnt vor einer drohenden Rezession im Euroraum. (Foto: dpa) Foto: Arne Dedert

Hochschießende Energiepreise und Inflationsraten und die sich eintrübende Konjunktur haben laut EZB die Gefahren für die Stabilität des Finanzsystems im Euro-Raum erhöht. „Menschen und Unternehmen spüren bereits die Auswirkungen der steigenden Inflation und der Verlangsamung der Wirtschaftstätigkeit“, sagte EZB-Vizepräsident Luis de Guindos am Mittwoch zur Vorlage des jüngsten Finanzstabilitätsberichts der Europäischen Zentralbank (EZB).

EZB warnt vor Insolvenzwelle im Euroraum

Der Ton des Berichts sei nicht sehr optimistisch. „Finanzstabilitätsrisiken im Euro-Raum haben in den letzten sechs Monaten zugenommen“, sagte er. Eine technische Rezession im Euro-Raum sei wahrscheinlicher geworden. Volkswirte sprechen von einer technischen Rezession wenn die Wirtschaftsleistung einer Volkswirtschaft in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen schrumpft. Im dritten Quartal war das Bruttoninlandsprodukt nur um 0,2 Prozent zum Vorquartal gewachsen. Die EU-Kommission rechnet inzwischen damit, dass die Wirtschaft der Euro-Zone im Winter in die Rezession rutscht.

Die Verwundbarkeiten von Haushalten, Unternehmen und Staaten, die mehr Schulden haben, hätten zugenommen, teilten die Währungshüter mit. Sie warnten davor, dass mehr Firmen in die Insolvenz abrutschen könnten, insbesondere energieintensive Unternehmen, falls sich der Ausblick weiter verschlechtern sollte. Die hohe Inflation sowie steigende Gas- und Stromrechnungen belasteten die Haushalte. Dadurch sinke ihre Kaufkraft und womöglich auch ihre Fähigkeit zur Kreditrückzahlung. Banken könnten daher mittelfristig mit höheren Kreditverlusten konfrontiert sein. Zu den Risiken zählte die EZB auch Spannungen an den Finanzmärkten, wodurch etwa die Widerstandsfähigkeit von Fonds getestet werde.

EZB: Lage am Finanzmarkt bleibt angespannt

Viele Investmentfonds seien nach wie vor stark anfällig für Bewertungs- und Kreditverluste. Fonds mit besonders geringen Puffern könnten Finanzmittelabflüsse stark zusetzen. „Die Volatilität ist deutlich gestiegen in einer Reihe von Märkten“, sagte de Guindos. Der Schattenbanken-Sektor sei zudem anfällig für ungeordnete Anpassungen. Diese Verwundbarkeiten müssten von der Aufsicht aufmerksam beobachtet werden. Zu solchen Finanzfirmen abseits der klassischen Banken zählen unter anderem Hedge- und Geldmarktfonds, alternative Investmentfonds sowie spezielle Börsenhändler.

Alle diese Schwachstellen könnten gleichzeitig auftreten und sich möglicherweise gegenseitig verstärken, warnte die Notenbank. Zwar profitierten die Banken von den inzwischen höheren Zinsen. Es gebe aber Anzeichen dafür, dass sich die Qualität der Vermögenswerte verschlechtere. Höhere Rückstellungen im Jahr 2023 könnten daher die Folge sein. Die Markterwartungen hinsichtlich der Gewinne der Institute könnten sich überdies als zu optimistisch erweisen.

In ihrem Bericht wies die EZB auch darauf hin, dass auf rund die Hälfte der Energiehändler mit Engagements in Gas- und Stromderivaten weitere Nachschussforderungen zukommen könnten, sollen die Energiepreise weiter ansteigen oder stark schwanken. Energiefirmen würden dann weitere Verluste bei ihren Derivate-Engagements schreiben. „Der Höhepunkt des Problems war Ende August und Anfang Dezember gewesen“, sagte de Guindos. Mit dem Rückgang der Gaspreise sei die Situation inzwischen zwar etwas mehr unter Kontrolle. „Wir können aber die Möglichkeit nicht ausschließen, dass dies wieder passieren kann“, sagte er.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Wie schützt man seine Krypto-Wallet? CLS Mining ermöglicht Nutzern eine stabile tägliche Rendite von 6.300 €.

Der Kryptowährungsmarkt erholte sich heute umfassend, die Stimmung verbesserte sich deutlich. Meme-Coins führten den Markt erneut an....

DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Kurs aktuell: Nvidia-Euphorie verpufft – Aktienmärkte rutschen weltweit ab
21.11.2025

Der DAX-Kurs steht am Freitag vorbörslich stark unter Druck, obwohl Nvidia zur Wochenmitte mit beeindruckenden Zahlen überraschte und den...

DWN
Finanzen
Finanzen Teurer Überziehungs-Kredit: Fast 20 Prozent Zinsen
21.11.2025

Das Girokonto dauerhaft in den Miesen stehenzulassen, ist keine gute Idee. Eine Auswertung zeigt, dass vor allem bei kleineren Banken der...

DWN
Politik
Politik Geheimplan für die Ukraine: Wie weit geht Amerika für ein Ende des Krieges?
21.11.2025

Laut Medienberichten haben Diplomaten aus den USA und Russland einen neuen Friedensvorschlag ausgearbeitet. Er verlangt von der Ukraine...

DWN
Finanzen
Finanzen Nvidia-Aktie und Microsoft-Aktie: Anthropic-Deal stärkt Position bei künstlicher Intelligenz
20.11.2025

Microsoft und Nvidia setzen mit Milliardeninvestitionen auf das KI-Start-up Anthropic. Die US-Giganten stärken damit ihre Position im...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Arbeitsmarkt-Trend: Fähigkeiten statt Abschlüsse - Zeugnisse verlieren an Bedeutung
20.11.2025

Immer mehr Firmen rücken bei der Personalsuche von klassischen Lebensläufen und Abschlüssen ab: Laut einer Stepstone-Befragung wollen 77...

DWN
Politik
Politik Friedensverhandlungen in Sicht? USA arbeiten an Ideen für Kriegsende in der Ukraine – Kritik von der EU
20.11.2025

Ein angeblicher 28-Punkte-Plan für ein Kriegsende in der Ukraine sorgt für Aufsehen. Kiew sieht sich unter Druck. In der EU regt sich...

DWN
Politik
Politik Trump erhält freie Hand: USA bereiten massive Strafzölle und Sanktionen gegen Russlands Handelspartner vor
20.11.2025

Präsident Donald Trump unterstützt ein Gesetz, das weltweite Schockwellen auslösen könnte: Die USA wollen Staaten bestrafen, die...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen nach Nvidia-Zahlen im Aufwind: Wie Anleger jetzt von KI-Investitionen profitieren
20.11.2025

Die US-Börsen zeigen sich am Donnerstag zum Start mit Zuschlägen. Nachdem die Nvidia-Quartalszahlen deutlich besser als erwartet...