Politik

Taiwan: Oppositionelle Kuomintang gewinnt Abstimmung über künftige China-Strategie

Wende in Taiwans China-Politik? Die oppositionelle Kuomintang hat eine Abstimmung über das Verhältnis zum Nachbarn gegen die Regierung gewonnen. Die amtierende Präsidentin legt den Parteivorsitz nieder.
28.11.2022 10:00
Aktualisiert: 28.11.2022 10:39
Lesezeit: 2 min
Taiwan: Oppositionelle Kuomintang gewinnt Abstimmung über künftige China-Strategie
Chiang Wan-an (M), Bürgermeisterkandidat der taiwanesischen Kuomintang-Partei (KMT), jubelt über seinen Wahlsieg. Die Inselbewohner haben insgesamt 21 Bürgermeister und rund 11 000 Gemeinderäte gewählt. Dabei hat die oppositionelle Kuomintang-Partei (KMT) im Vergleich zu den letzten Wahlen vor vier Jahren deutliche Gewinne erzielen können. (Foto: dpa) Foto: Chiangying-Ying

In Taiwan hat Präsidentin Tsai Ing-wen ihr Amt als Vorsitzende der Demokratischen Fortschrittspartei (DFP) nach einer Niederlage bei Kommunalwahlen niedergelegt. Tsai hatte die Wahlen am Samstag faktisch zur Abstimmung über eine schärfere Gangart gegenüber der Volksrepublik China erklärt. Stärkste Kraft bei den Wahlen in Kommunen und Bezirken aber wurde die Kuomintang (KMT), die größte Oppositionspartei im Parlament. Sie hatten Tsai und ihrer Partei in der Vergangenheit eine überzogene Konfrontationspolitik gegen die Regierung in Peking vorgeworfen und setzt auf mehr Dialog und Ausgleich als die DFP.

Die KMT hat nach vorläufigen Ergebnissen Aussicht auf bis zu 13 der 21 zur Wahl stehenden Bürgermeister- und Bezirkschefposten. „Die Ergebnisse haben unsere Erwartungen nicht erfüllt“, räumte Tsai ein. Sie gebe den Vorsitz der DFP ab, wolle jedoch ihre bis 2024 laufende Amtsperiode als Staatspräsidentin erfüllen. Ein Rücktrittsangebot von Su Tseng-chang, der ebenfalls der DFP-Parteiführung angehört, habe sie abgelehnt. Su erklärte sich nach Angaben seines Kabinetts angesichts der „schwierigen“ innen- und außenpolitischen Lage zu einer Fortsetzung seiner Amtsgeschäfte bereit.

Taiwan kämpft wie andere Länder mit den Folgen der Corona-Pandemie und sieht sich mit Gebietsansprüchen Chinas konfrontiert. Zwar pochen sowohl die DFP als auch die KMT auf die Unabhängigkeit Taiwans. Die KMT verfolgt allerdings einen konzilianteren Kurs gegenüber dem großen Nachbarn als die DFP, der sie eine übertriebene Konfrontationspolitik vorwirft.

KMT-Parteichef Eric Chu bekräftigte nach dem Wahlerfolg am Samstag, seine Partei bleibe bei ihrer Linie. „Wir werden auf der Verteidigung der Republik China und dem Schutz von Demokratie und Freiheit bestehen“, sagte er. „Wir werden uns anstrengen, den regionalen Frieden zu bewahren.“ In der Hauptstadt Taipeh wurde der KMT-Kandidat Chiang Wan-an zum Bürgermeister gewählt, ein Urenkel des ehemaligen Militärdiktators Chiang Kai-shek. Dieser floh 1949 nach dem verlorenen Bürgerkrieg der Kuomintang gegen Chinas Kommunisten nach Taiwan. Die KMT gilt als rechtskonservativ und ist auf eine Annäherung gegenüber China bedacht.

Die chinesische Regierung sah in dem Wahlausgang einen Beleg dafür, dass die große Mehrheit der Bevölkerung auf Taiwan Frieden, Stabilität und Wohlstand wollten. Man werde weiter mit der Bevölkerung auf der Insel an friedfertigen Beziehungen arbeiten und lehne entschieden eine Unabhängigkeit Taiwans oder ausländische Einmischungen ab, hieß es in einer Stellungnahme des Außenministeriums.

Chinas Präsident Xi Jinping sieht in Taiwan einen abtrünnigen Teil Chinas und will die Insel langfristig wieder der Volksrepublik vereinen. Die Regierung in Peking geht gegen alle Staaten mit diplomatischen oder wirtschaftlichen Mitteln vor, die Beziehungen zu Taiwan pflegen. Vor zwei Wochen hatte Xi bei einem persönlichen Treffen mit US-Präsident Joe Biden die Taiwan-Frage zur roten Linie erklärt.

Die Vorsitzende der US-Demokraten in der Parlamentskammer, Nancy Pelosi, hatte mit einer offizielle Reise nach Taiwan im August erheblich zur Verschärfung der Spannungen beigetragen. Die USA hatten Taiwan in den vergangenen Jahren politisch und militärisch unterstützt, obwohl sie seit 1972 offiziell eine Ein-China-Politik vertreten.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Unternehmen
Unternehmen NATO-Ostflanke: Drohnenhersteller Quantum Systems unterstützt die Bundeswehr-Brigade in Litauen
22.11.2025

Der deutsche Drohnenhersteller Quantum Systems expandiert nach Litauen und baut dort ein umfassendes Wartungs- und Logistikzentrum für...

DWN
Technologie
Technologie Digitale Souveränität: Wie Deutschland bei Breitband, 5G und Cloud die Abhängigkeit verringern kann
22.11.2025

Verpasst Deutschland die digitale Zeitenwende? Der Wohlstand von morgen entsteht nicht mehr in Produktionshallen, sondern in...

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz-Erfinder warnt: „Meine Schöpfung kann uns vernichten“
22.11.2025

Er gilt als einer der „Väter der Künstlichen Intelligenz“ – jetzt warnt Yoshua Bengio vor ihrer zerstörerischen Kraft. Der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Zwischen Škoda-Erfolg und Chinas Einfluss: Was die Abhängigkeit für deutsche Autobauer bedeutet
22.11.2025

Elektromobilität ist längst kein Nischenphänomen mehr, sondern prägt zunehmend den europäischen Massenmarkt. Doch wie gelingt es...

DWN
Panorama
Panorama Weihnachtsmarkt-Sicherheit: Was bringen Beton, Kameras und Co. auf Weihnachtsmärkten wirklich?
22.11.2025

Deutsche Weihnachtsmärkte stehen für Atmosphäre, Tradition und Millionen Besucher. Gleichzeitig wächst die Debatte über Schutz,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Ticketsteuer sinkt: Flugbranche verspricht mehr Verbindungen – Passagiere bleiben skeptisch
22.11.2025

Die Bundesregierung will den Luftverkehr mit einer Absenkung der Ticketsteuer ab Mitte nächsten Jahres entlasten. Die Flug- und...

DWN
Politik
Politik New York-Wahl: Was Mamdanis Sieg für Europa bedeutet
22.11.2025

Der Sieg eines radikalen Sozialisten in New York, Deutschlands Stillstand und Polens Aufstieg: Ein Kommentar darüber, wie politische und...

DWN
Finanzen
Finanzen Krypto-Crash: Wie Zinsen und KI die Kryptomärkte unter Druck setzen
21.11.2025

Die jüngsten Turbulenzen an den Kryptomärkten stellen Anleger, Unternehmen und Regulierer gleichermaßen auf die Probe. Welche Kräfte...