Die Bank of England hat am Donnerstag gemeldet, dass sie sämtliche britischen Staatsanleihen im Wert von 19,3 Milliarden Pfund verkauft hat, die sie zwischen dem 28. September und dem 14. Oktober während der Krise der britischen Pensionsfonds erworben hatte, die gefährlich auf andere Finanzmärkte überzugreifen drohte.
Dabei ging es um konventionelle Staatsanleihen mit langer Laufzeit im Umfang von 12,1 Milliarden Pfund und inflationsgeschützte Staatsanleihen im Umfang von 7,2 Milliarden Pfund. Allerdings verkaufte die Bank of England die Gilts für 23,1 Milliarden Pfund und machte damit einen Gewinn von 3,8 Milliarden Pfund oder 19,7 Prozent in nur etwa drei Monaten.
Die Bank of England ist damit die erste große Zentralbank, die Staatsanleihen nicht nur mit der Zeit fällig werden lässt und sie auf diese Weise im Laufe der Jahre langsam aus der Bilanz verschwinden lässt, wie es die Federal Reserve und die Europäische Zentralbank tun, sondern die britische Notenbank verkauft Staatsanleihen in den Finanzmarkt.
Der Verkauf langlaufender Staatsanleihen durch die Bank of England war ein durchaus gewagtes Experiment. Doch es hat sehr gut funktioniert. Es ist der Notenbank gelungen, ihre Bilanz um eine zweistellige Milliardensumme zu reduzieren, ohne einen Preisverfall auszulösen. Es scheint, dass Quantitatives Straffen (Quantitative Tightening, QT) tatsächlich möglich ist - auch für andere Zentralbanken.
Wie kam es zur Krise der Pensionsfonds?
Die Staatsanleihen, welche die Bank of England im Verlauf der letzten Monate verkauft hat, hatte sie gekauft, um fremdfinanzierten Pensionsfonds im Vereinigten Königreich eine Atempause zu verschaffen, damit sie ihre Schulden abbauen konnten. Denn Ende September standen einige der größten Pensionsfonds des Landes vorübergehend am Rand des Bankrotts.
Diese Pensionsfonds hatten jahrelang eine Anlagestrategie verwendet, die als "Liability-Driven Investment" (LDI) bezeichnet wird und aus etwa 1 Billionen Pfund an Derivaten auf Staatsanleihen bestand, wie der Finanzblog Wolfstreet.com erklärt. Die Derivate waren aber so konzipiert, dass sie dauerhafte Null-Zinsen voraussetzten.
Als die Renditen von Staatsanleihen mit langer Laufzeit viel schneller und viel weiter stiegen, als die Modelle der Pensionsfonds vorhergesehen hatten, flogen ihre Investments in die Luft. Die Fonds erhielten Nachschussforderungen von denselben Investmentbanken, die ihnen diese LDI-Fonds verkauft hatten.
In der Folge mussten die Pensionsfonds erhebliche Teile ihrer Bestände an Gilts veräußern, um diesen Nachschussforderungen der Investmentbanken zuvorzukommen oder um sie zu bezahlen. Doch durch diese Zwangsverkäufe geriet der Markt weiter in Aufruhr und die Gilts drohten in eine "Todesspirale" zu geraten.
Also sah sich die Bank of England zum Handeln gezwungen. Sie sprach viel davon, dass sie riesige Mengen an Gilts kaufen würde, kaufte dann aber nur sehr geringe Mengen. Und im November begann sie dann umgehend wieder mit dem Verkauf dieser Anleihen, die sie im September und Oktober gekauft hatte, und jetzt hat sie die erworbenen Anleihen alle wieder verkauft.
"Die Käufe wurden getätigt, um nach den Störungen auf dem Markt für britische Staatsanleihen wieder geordnete Marktbedingungen herzustellen und so die Risiken einer Ansteckung der Kreditbedingungen für britische Haushalte und Unternehmen zu verringern", hieß es heute in der Pressemitteilung.
Bank of England wagt den Sprung ins kalte Wasser
Einige Analysten hatten erwartet, dass die Anleihekäufe der Bank of England im Kampf gegen die Krise der Pensionsfonds eine Rückkehr zur Quantitativen Lockerung (Quantitative Easing, QE) darstellen könnte. Denn tatsächlich kaufte eine große Notenbank wieder Anleihen, und die Vermutung lag nahe, dass andere Zentralbanken ihre Anleihekäufe nun ebenfalls wieder aufnehmen könnten.
Doch dies ist - trotz der fallenden Finanzmärkte - nicht geschehen: Stattdessen hat die Federal Reserve ihr Programm zur Quantitativen Straffung gnadenlos fortgesetzt. Die US-Notenbank hat ihre Bilanz bereits 458 Milliarden Dollar reduziert. Dabei verkauft sie zwar keine Anleihen an den Markt, doch sie lässt fällig werdende Anleihen ersatzlos auslaufen.
Die Bank of England hat in den letzten Monaten gezeigt, dass der direkte Verkauf von Staatsanleihen im Rahmen einer Quantitativen Straffung gut funktionieren kann und eben nicht das Ende der Welt bedeuten muss. Man beachte, dass das Tempo ihrer Verkäufe zunächst sehr zögerlich war und sich dann immer weiter steigerte, bis nichts mehr zum Verkaufen übrig war.
"Um sicherzustellen, dass die Bank ihre Zusage einhält, dass die Käufe vorübergehender Natur sind begann die Bank am 29. November mit der Rückführung dieser Käufe", so die Bank of England in ihrer Pressemitteilung. Wolfstreet.com resümiert: "Damit hat die BOE anderen Zentralbanken und der Fed gezeigt, wie man Staatsanleihen ohne Umschweife und in einer fulminanten Rallye verkauft."