Deutschland

Deutsche Wirtschaft am Rande der Rezession

Lesezeit: 2 min
14.02.2023 14:09  Aktualisiert: 14.02.2023 14:09
Top-Ökonomen sehen die deutsche Wirtschaft am Rande einer Rezession, die jedoch mild ausfallen werde. Die Reallöhne werden weiter schrumpfen.
Deutsche Wirtschaft am Rande der Rezession
Führende Ökonomen sehen die deutsche Wirtschaft in einer milden Rezession. (Foto: dpa)
Foto: Daniel Bockwoldt

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Top-Ökonomen sehen die deutsche Wirtschaft am Rande einer milden Rezession und schauen bereits mit Sorge auf den kommenden Winter. Mit Blick auf das Szenario einer Abfolge von zwei Quartalen mit schrumpfender Wirtschaftsleistung sagte Ifo-Chef Clemens Fuest am Dienstag beim sogenannten Leibniz-Wirtschaftsgipfel: "Wir sind da genau an der Grenze - also wahrscheinlich schon". Doch werde eine Rezession eher flach ausfallen, fügte er auf dem Online-Forum führender Konjunkturforscher hinzu.

Denn einige Probleme, wie etwa die Störung der Lieferketten, lösten sich etwas. Wegen der abgewendeten Erdgasmangellage sei es wahrscheinlich, dass Deutschland einigermaßen gut durch den Winter komme. "Aber vielleicht nicht so gut durch den nächsten", fügte er hinzu. Auch wegen der noch anstehenden Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank und einer möglichen "Übersteuerung" seien daher Sorgen mit Blick auf die Aussichten für das nächste Jahr berechtigt.

Laut dem Präsidenten des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH), Reint Gropp, lehrt die Geschichte, dass Rezessionen oft durch sehr starke Zinserhöhungen der Zentralbanken ausgelöst wurden: "Es könnte sehr gut sein, dass wir dieses Szenario doch wieder sehen im nächsten Jahr."

Auch der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, warnte vor Gefahren: "Die Risiken, die Unsicherheiten waren selten größer als heute", sagte der Berliner Forscher. So dürften die Reallöhne in diesem Jahr bei erwarteten Inflationsraten von fünf bis sechs Prozent erneut schrumpfen. Sorge bereitet ihm zudem ein drohender Subventionswettlauf mit den USA, die Hunderte Milliarden Dollar zur Förderung klimafreundlicher Technologien ausgeben wollen. Deutschland und Europa müssten darauf antworten, indem sie für verbesserte Rahmenbedingungen sorgten - etwa für Forschung und Entwicklung.

Absage an Subventionen

Das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) rechnet ungeachtet der Probleme nicht mit einer Deindustrialisierung in Deutschland. "Diese Befürchtungen habe ich nicht", sagte IfW-Vizepräsident Stefan Kooths. Der Maschinenbau als deutsche Vorzeigebranche etwa habe volle Auftragsbücher. Es ergebe aber wenig Sinn, angesichts hoher Strompreise energieintensive Branchen wie die Batteriehersteller zu fördern.

Die Bundesregierung rechnet auch wegen zurückhaltend investierender Unternehmen mit einer Konjunkturflaute in den ersten Monaten des Jahres. Diese wird auch nach Einschätzung des Bundeswirtschaftsministerium insgesamt wohl mild ausfallen. Dennoch belasten demnach die zunehmend bei den Verbrauchern ankommenden Preissteigerungen, Unsicherheiten über die wirtschaftlichen Aussichten und steigende Zinsen die konjunkturelle Entwicklung.

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist vor der Jahreswende überraschend um 0,2 Prozent gesunken, nachdem es im Sommerquartal noch um 0,5 Prozent zugelegt hatte. Kommt es im laufenden ersten Vierteljahr zum zweiten Minus in Folge, sprechen Volkswirte von einer technischen Rezession. Für 2023 rechnet das Bundeswirtschaftsministerium mit einem Plus beim BIP von 0,2 Prozent. Im vergangenen Jahr hatte es noch zu einem Zuwachs von 1,8 Prozent gereicht. (Reuters)


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Zu Weihnachten Zukunft schenken

Gerade zu Weihnachten wünschen sich viele Menschen, etwas von ihrem Glück zu teilen und sich für diejenigen zu engagieren, die es nicht...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Quiet Quitting: Der stille Job-Rückzug mit gefährlichen Folgen
22.12.2024

Ein stiller Rückzug, der Unternehmen erschüttert: Quiet Quitting bedroht die Substanz deutscher Betriebe. Warum immer mehr Beschäftigte...

DWN
Technologie
Technologie DWN-Sonntagskolumne: Künstliche Intelligenz Hype Cycle - Zwischen Revolution und Enttäuschung
22.12.2024

Ist künstliche Intelligenz nur ein Hype oder der Beginn einer Revolution? Zwischen hohen Erwartungen, Milliardeninvestitionen und...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Psychische Gewalt am Arbeitsplatz: Ursachen, Folgen und Lösungen
22.12.2024

So können Unternehmen gegen verbale Übergriffe aktiv werden- Beleidigungen, Drohungen und Beschimpfungen: Rund ein Drittel der...

DWN
Finanzen
Finanzen Kindergeld beantragen: Tipps und wichtige Infos für 2025
22.12.2024

Wussten Sie, dass Sie Kindergeld bis zu sechs Monate rückwirkend erhalten können? Dies gilt sowohl für Ihr erstes Kind als auch für...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Märchen vorbei? Steht Deutschlands Automobilindustrie vor dem Aus?
22.12.2024

Volkswagen in der Krise, Mercedes, BMW & Co. unter Druck – und hunderttausende Jobs stehen auf dem Spiel. Wie kann der Kampf um...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Credit Suisse-Debakel: Ausschuss sieht Schuld bei Bank
22.12.2024

Die Nervosität an den Finanzmärkten war im Frühjahr 2023 groß - drohte eine internationale Bankenkrise? Für den Schweizer...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Der Volkswagen-Deal: Worauf sich VW und die IG Metall geeinigt haben
22.12.2024

Stellenabbau ja, Werksschließungen nein: Mehr als 70 Stunden lang stritten Volkswagen und die IG Metall um die Sparmaßnahmen des...

DWN
Technologie
Technologie Webasto-Geschäftsführung: „Der Einsatz von KI ist eine strategische Notwendigkeit“
22.12.2024

Angesichts des wachsenden Drucks durch die Transformation hin zur Elektromobilität und steigender Kosten in der Branche sprechen Markus...