Finanzen

Wegen Zinswende: Bundesbank muss auf Risikovorsorge zurückgreifen

Wegen der gestiegenen Zinsen erzielte die Deutsche Bundesbank 2022 lediglich eine schwarze Null. Für die kommenden Jahre erwartet die Bundesbank sogar Verluste.
01.03.2023 15:28
Aktualisiert: 01.03.2023 15:28
Lesezeit: 2 min

Die Zinswende zehrt am Ergebnis der Bundesbank. Die deutsche Notenbank erwirtschaftete im vergangenen Jahr lediglich eine schwarze Null, weswegen die Ausschüttung an den Bund nun bereits das dritte Jahr in Folge ausfällt, wie die Bundesbank am Mittwoch in Frankfurt mitteilte. Um Verluste zu verhindern, griff sie zudem im Umfang von annähernd einer Milliarde Euro auf ihre Risikovorsorge zurück. Schon in den beiden Corona-Jahre 2020 und 2021 hatte die Notenbank lediglich ein ausgeglichenes Ergebnis erzielt und keinen Gewinn an den Bund abgeführt.

"Die Ertragsentwicklung jetzt und in den kommenden Jahren ist letztlich das Ergebnis der außerordentlich expansiven Geldpolitik der vergangenen Jahre", sagte Bundesbank-Präsident Joachim Nagel bei der Präsentation der Jahresbilanz. Nun sei eine straffe Geldpolitik nötig, um zeitnah wieder Preisstabilität herzustellen. "Wenn damit bilanzielle Belastungen verbunden sind, müssen wir das und können wir das verkraften." Bis zum Juli 2022 hätten die Leitzinsen noch historisch niedrig gelegen. Bislang seien daher die Belastungen aus dem Zinsanstieg noch begrenzt. "In den kommenden Jahren dürften die Belastungen in der Gewinn- und Verlustrechnung der Bundesbank deutlich zunehmen," stellte Nagel in Aussicht.

Der Bundesbank-Präsident erwartet, dass 2023 die Risikovorsorge wahrscheinlich noch ausreichen wird, um Verluste zu vermeiden. In den Folgejahren würden dann aber voraussichtlich die Belastungen die Puffer übersteigen. "In diesem Fall werden wir einen Verlustvortrag ausweisen," führte er aus. Mit Hilfe künftiger Gewinne soll der Verlustvertrag dann wieder abgebaut werden. Die Bundesbank hatte bereits in den 1970iger Jahren sieben Jahre lang rote Zahlen geschrieben. Die Bilanz der Notenbank stehe auch angesichts erheblicher Eigenmittel "auf felsigem Grund", sagte Bundesbank-Vorstand Joachim Wuermeling. "Und das erleichtert uns auch, über einen gewissen Zeitraum Verluste zu verkraften", fügte er hinzu.

WAGNISRÜCKSTELLUNG GESUNKEN

Die EZB und die nationalen Notenbanken der Euro-Länder hatten zur Ankurbelung der Konjunktur und zur Abmilderung der Folgen der Corona-Pandemie in den vergangenen Jahren billionenschwere Anleihen-Kaufprogramme aufgelegt. Die hohen Bestände an Bonds werfen derzeit aber nur geringe Zinsen ab. Auf der anderen Seite müssen die Währungshüter im Zuge der Zinswende den Finanzinstituten nun wieder kräftig Zinsen zahlen für deren Einlagen bei der Notenbank. Bei der Bundesbank wurde zudem 2022 das Nettoergebnis aus Finanzgeschäften durch die gestiegenen US-Renditen belastet. Der Anstieg der Kapitalmarktzinsen in den USA führte zu einem Wertverlust bei den Devisenreserven. Die US-Notenbank Fed war schon früher als die EZB auf einen Zinserhöhungskurs umgeschwenkt.

Durch die Nutzung der Wagnisrückstellung ist diese bis Ende Dezember 2022 auf 19,2 Milliarden Euro gesunken. Im Jahr 2021 war sie noch um 1,3 Milliarden Euro auf 20,2 Milliarden aufgestockt worden. Auch die EZB hatte kürzlich nur dank der Auflösung von Rückstellungen in Milliardenhöhe einen Verlust für das Jahr 2022 abwenden können.

Nagel betonte auf der Pressekonferenz, dass weiterhin eine straffe Geldpolitik nötig sei, um wieder Preisstabilität herzustellen. Die EZB hat seit Juli in rascher Folge die Schlüsselsätze fünf Mal in Folge um insgesamt 3,0 Prozentpunkte angehoben, um die anziehende Inflation zu bekämpfen. Der an den Finanzmärkten maßgebliche Einlagensatz, den Geldhäuser für das Parken überschüssiger Gelder von der Notenbank erhalten, liegt aktuell bei 2,50 Prozent. EZB-Präsidentin Christine Lagarde hatte für die nächste Zinssitzung am 16. März bereits eine weitere kräftige Anhebung um 0,50 Prozentpunkte in Aussicht gestellt. Auch über den März hinaus können nach Einschätzung von Nagel weitere deutliche Zinsschritte erforderlich sein. (Reuters)

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Finanzen
Finanzen Politische Unsicherheit: Warum Anleger jetzt Fehler machen
03.07.2025

Trumps Kurs schürt Unsicherheit an den Finanzmärkten. Wie Anleger jetzt kühlen Kopf bewahren und welche Fehler sie unbedingt vermeiden...

DWN
Politik
Politik Keine Stromsteuersenkung: Harsche Kritik der Wirtschaftsverbände
03.07.2025

Die Strompreise bleiben hoch, die Entlastung fällt kleiner aus als versprochen. Die Bundesregierung gerät unter Druck, denn viele Bürger...

DWN
Politik
Politik USA drosseln Waffenhilfe – Europa unter Zugzwang
03.07.2025

Die USA drosseln die Waffenhilfe für Kiew. Europa muss die Lücke schließen. Wie geht es weiter?

DWN
Unternehmen
Unternehmen Baywa Milliardenverlust: Sanierung bleibt trotz Rekordminus auf Kurs
03.07.2025

Baywa steckt tief in den roten Zahlen – doch der Sanierungsplan bleibt unangetastet. Der traditionsreiche Konzern kämpft mit Altlasten,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Seltene Erden: China kontrolliert deutsche Industrie
03.07.2025

Die deutsche Industrie gerät zunehmend in die Abhängigkeit Chinas, weil Peking bei seltenen Erden den Weltmarkt kontrolliert....

DWN
Panorama
Panorama Spritpreis: Wie der Rakete-und-Feder-Effekt Verbraucher belastet
03.07.2025

Die Spritpreise steigen wie eine Rakete, fallen aber nur langsam wie eine Feder. Das Bundeskartellamt nimmt dieses Muster ins Visier und...

DWN
Finanzen
Finanzen Vetternwirtschaft und Machtspiele: So scheitert der NATO-Innovationsplan
03.07.2025

Milliarden für die NATO-Innovation, doch hinter den Kulissen regiert das Chaos: Interessenkonflikte, Rücktritte und Streit gefährden...

DWN
Politik
Politik Trump dreht den Geldhahn zu: Kiew kämpft ohne Washington
02.07.2025

Donald Trump kappt Waffenhilfe für die Ukraine, Europa zögert, Moskau rückt vor. Doch Kiew sucht nach eigenen Wegen – und die Rechnung...