Der Absturz der Credit Suisse inmitten der Sorgen rund um die Pleite der kalifornischen Silicon Valley Bank (SVB) hat Europas Börsen erneut auf Talfahrt geschickt. Anleger schmissen vor allem Bank-Aktien aus ihren Depots. Nach der jüngsten Erholung rutschte der Dax am Mittwoch in der Spitze um 3,5 Prozent auf 14.702,91 Punkte ab. Der EuroStoxx50 büßte bis zu 3,9 Prozent auf 4018 Zähler ein. Die Märkte seien durch die Schlagzeilen der Credit Suisse verängstigt, sagte Richard McGuire, Zinsstratege bei der Rabobank. Auch die wichtigsten US-Indizes eröffneten mehr als ein Prozent tiefer.
Die Ankündigung des neuen Großaktionärs Saudi National Bank in einem Reuters-Interview, aus aufsichtsrechtlichen Gründen keine frischen Mittel in die Credit Suisse einschießen zu können, beschleunigte den dramatischen Kursverfall bei dem krisengeplagten Schweizer Institut. Die Titel rauschten mehr als 30 Prozent auf ein Allzeit-Tief von 1,55 Franken.
Es sehe so aus, als ob immer mehr besorgte Investoren Credit Suisse als möglichen nächsten Wackelkandidaten betrachteten, erklärte Neil Wilson, Analyst beim Onlinebroker Markets.com. "Wenn die Credit Suisse in ernsthafte existenzielle Schwierigkeiten gerät, sind wir in einer ganz anderen Welt des Schmerzes. Sie ist wirklich zu groß, um zu scheitern." Im Sog der Credit Suisse verlor der europäische Bankensektor rund sieben Prozent an Wert. In den vergangenen Tagen hat der Sektor damit mehr als 120 Milliarden Euro eingebüßt.
Mit einem Minus von mehr als zehn Prozent war die Commerzbank das Schlusslicht im Dax, gefolgt von der Deutschen Bank, deren Titel um rund neun Prozent fielen. Auch in Frankreich, Spanien und Italien trennten sich die Anleger massenweise von Bankaktien. Mehr als zehn Prozent nach unten ging es in London auch für Prudential. Der auf Asien fokussierte Versicherer konnte zwar den Betriebsgewinn steigern. Finanzchef, James Turner, teilte unterdessen mit, dass der Konzern ein Engagement von einer Million Dollar bei der Silicon Valley Bank habe, was bei einem Gesamtschuldenbestand von 23 Milliarden Dollar "minimal" sei.
Angesichts der Unsicherheiten im Bankensektor flüchteten Anleger in sichere Häfen. Die Nachfrage nach Bundesanleihen mit zehnjähriger Laufzeit stieg sprunghaft an. Im Gegenzug sank die Rendite weiter auf 2,128 Prozent von 2,454 Prozent am Dienstag. Auch beim als sichere Anlage gesehenen Dollar griffen Investoren zu. Der Dollar-Index, der den Wert zu wichtigen Währungen misst, gewann bis zu 1,2 Prozent auf 104,96 Punkte.
Dagegen setzte der Credit-Suisse-Absturz und die Furcht vor den Folgen der SVB-Pleite auf Europas Banken den Euro unter Druck. Die Gemeinschaftswährung fiel um bis zu zwei Prozent auf 1,0520 Dollar. "Die Nachrichten der Credit Suisse richten an den Devisenmärkten den ganzen Schaden an, da die europäischen Bankaktien erneut unter die Räder kommen", sagte Simon Harvey, Devisen-Experte bei Monex. Der Ausverkauf der Bankaktien schüre nun wieder die Sorgen um die Finanzstabilität. Federn ließ auch das britische Pfund, das um bis zu ein Prozent auf 1,2040 Dollar nachgab. Der Schweizer Franken verlor 1,2 Prozent auf 0,9251 Dollar.
Nach dem Zusammenbruch der SVB und einer weiteren US-Bank in der vergangenen Woche bemühen sich Regulierungsbehörden weltweit, Ansteckungsängste zu zerstreuen. Vor allem die Sorge um kleinere Institute hielt sich aber.
Zugleich setzten Zinssorgen die Aktienmärkte erneut unter Druck. Die Währungshüter der Europäischen Zentralbank (EZB) tendieren einem Insider zufolge trotz der jüngsten Turbulenzen im Bankensektor wahrscheinlich dazu, am Donnerstag am geplanten großen Zinsschritt von einem halben Prozentpunkt festzuhalten. Denn die EZB erwarte, dass die Inflation auch in den kommenden Jahren zu hoch bleiben werde, sagte ein Insider Reuters.
Angesichts der Schockwellen nach der SVB-Pleite waren zunächst Zweifel an der Entschlossenheit der EZB zu einer weiteren großen Zinserhöhung aufgekommen. "Es ist nicht davon auszugehen, dass sich die EZB von den US-Bankenpleiten vom Weg abbringen lässt", sagte auch Thomas Altmann, Portfolio-Manager beim Vermögensverwalter QC Partners. (Reuters)