Im Streit um die Reform des Wahlrechts kommt aus der SPD-Fraktion ein Kompromissvorschlag. Der SPD-Abgeordnete Axel Schäfer sprach sich dafür aus, die Fünf-Prozent-Hürde auf vier Prozent zu senken, um negative Folgen der Ampel-Pläne vor allem für CSU und Linke zu kompensieren. Das berichtet die «Süddeutsche Zeitung» am Samstag unter Berufung auf eine zweiseitige Stellungnahme von Schäfer. Das Papier liegt auch der Deutschen Presse-Agentur vor. Der 70-Jährige sitzt seit 2002 im Bundestag. Von 2010 bis 2017 war er stellvertretender Fraktionsvorsitzender.
Schäfer schreibt in der Stellungnahme, mit der Wahlrechtsreform zur Verkleinerung des Bundestages sei der Ampel-Koalition zwar «ein wichtiger parlamentarischer Erfolg gelungen». Schäfer verwies darauf, dass die Versuche der früheren Bundestagspräsidenten Norbert Lammert und Wolfgang Schäuble (beide CDU) erfolglos geblieben seien.
Der geplante Wegfall der Grundmandatsklausel habe allerdings «aus allen Richtungen zu erheblicher Kritik geführt, die wir ernst- und aufnehmen müssen». Es bestehe jetzt «ein erhebliches Potenzial für Fake News und Legendenbildung sowie vermeidbare Auseinandersetzungen». Dem sollte die Ampelkoalition «sowohl widerstehen als auch eine weitere Reform des Wahlrechts in Angriff nehmen und konkret über eine Absenkung der Sperrklausel auf vier Prozent beraten».
Die Koalition aus SPD, Grünen und FDP hatte eine Wahlrechtsreform beschlossen, um den auf 736 Abgeordnete aufgeblähten Bundestag dauerhaft auf 630 Abgeordnete zu verkleinern. Die sogenannte Grundmandatsklausel soll entfallen. Sie sorgt bisher dafür, dass Parteien auch dann in der Stärke ihres Zweitstimmenergebnisses in den Bundestag einzogen, wenn sie unter fünf Prozent lagen, aber mindestens drei Direktmandate gewannen. Davon profitierte 2021 die Linkspartei. Mit der gegen den Protest der Opposition verabschiedeten Wahlrechtsreform der Ampel-Koalition gilt die Fünf-Prozent-Klausel ab 2025. Union und Die Linke laufen Sturm gegen die Pläne der Ampel-Koalition.
Schäfer schreibt in seiner Stellungnahme, seit 1990 seien «Grüne, FDP und Linke in unterschiedlichen Legislaturperioden an der Fünf-Prozent-Klausel gescheitert». Nun könnte «eine Situation kommen, dass FDP, Linke und CSU zusammen mit 7 bis 9 Millionen Wählerinnen und Wählern keine Abgeordneten mehr ins Parlament schicken». Dies «wäre für die Mehrheit der Menschen politisch nicht verständlich und auch durch uns nicht vermittelbar». Die Sozialdemokraten «sehen das Wahlrecht nicht als Kampfinstrument gegen bestimmte Parteien». Die SPD müsse deshalb jetzt der «veränderten Parteienlandschaft auch gesetzlich Rechnung tragen und entsprechende Initiativen ergreifen».
Schäfer verwies auch auf die Lage in der Europäischen Union: «In acht EU-Staaten gibt es Sperrklauseln unterhalb von fünf Prozent und beim Europäischen Parlament genügen weniger als ein Prozent, um einen Sitz zu erringen.» (dpa)