Politik

Asylrecht: Die Stimmung kippt

Angesichts der unkontrollierten Einwanderung fordern Bürger eine radikale Änderung des Asylrechts.
28.03.2023 11:00
Aktualisiert: 28.03.2023 11:02
Lesezeit: 3 min
Asylrecht: Die Stimmung kippt
Bundesinnenministerin Nancy Faeser. (Foto: dpa) Foto: Britta Pedersen

Die Zahl der Asylanträge in der EU ist erneut gestiegen - gleichzeitig sehen viele Bürgerinnen und Bürger einer Umfrage zufolge Deutschland nicht in der Lage, noch mehr Geflüchtete aufzunehmen.

Migration aus dem Orient

Im vergangenen Jahr wurden in den 27 EU-Mitgliedstaaten 881 200 Erstanträge gestellt, wie die EU-Statistikbehörde Eurostat am Donnerstag in Luxemburg mitteilte. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutet dies ein Plus von 64 Prozent. Damals waren es 537 400 Anträge. Die Behörde verwies jedoch auch darauf, dass die Zahl während der großen Fluchtbewegung in den Jahren 2015 und 2016 jeweils bei mehr als einer Million lag.

Zusätzlich gewährten die EU-Staaten mehr als 4,3 Millionen Menschen aus der Ukraine Schutz vor dem russischen Angriffskrieg. Diese müssen keinen Asylantrag stellen.

Wie in jedem Jahr seit 2013 kamen die meisten Asylsuchenden in Europa aus dem Stellvertreterkriegsland Syrien (15 Prozent). Es folgen Afghanistan (13 Prozent) sowie Venezuela und die Türkei (jeweils fast 6 Prozent). Mit 217 735 Anträgen (25 Prozent) wurden wie bereits in den vergangenen Jahren die meisten Anträge in Deutschland gestellt, gefolgt von Frankreich (16 Prozent) und Spanien (13 Prozent).

Asyl: Die Stimmung kippt

Doch verliert das Recht auf Asyl einer im März durchgeführten Umfrage zufolge an Rückhalt in der Bundesrepublik: Laut der repräsentativen Erhebung des Instituts für Demoskopie Allensbach im Auftrag der Frankfurter Allgemeinen Zeitung halten nur noch 39 Prozent der Bevölkerung das Asylrecht in seiner aktuellen Form für gut. Im Jahr 2017 waren es demnach noch 52 Prozent. 49 Prozent finden, das Recht auf Asyl müsste eingeschränkt werden; 2017 waren es 39 Prozent.

Der stellvertretende CDU-Vorsitzende Carsten Linnemann sprach sich erneut für radikale Änderungen des deutschen und europäischen Asylsystems aus. Die Grenzen des Schengen-Raums „müssen so gesichert sein, dass in Zukunft nur noch Menschen zu uns kommen können, die einen positiven Asylbescheid haben“, sagte er dem Fernsehsender Welt. Das bedeute, dass Asylverfahren künftig außerhalb der EU stattfinden müssten.

Der Umfrage der FAZ zufolge sieht nur ein Fünftel der Befragten Deutschland derzeit dazu in der Lage, noch mehr Flüchtlinge aufzunehmen. 59 Prozent halten dies nicht für möglich, in Ostdeutschland sind es 69 Prozent. 39 Prozent der Befragten bereitet die Flüchtlingssituation in Deutschland laut Umfrage Sorgen - eine Zunahme im Vergleich zum vergangenen Jahr (30 Prozent).

Um die Geflüchteten gut unterzubringen, forderte der Deutsche Städtetag am Donnerstag erneut eine schnelle Entlastung der Kommunen. Es brauche ein langfristiges und dauerhaftes Konzept zur Unterbringung und Integration von Geflüchteten und auch ein entsprechendes Finanzierungsmodell von Bund und Ländern, das sich diesen steigenden Zahlen von Geflüchteten anpasse. „Wir rangeln uns ja im Moment immer wieder von Jahr zu Jahr vor. Wir müssen immer wieder neu verhandeln“, monierte der Präsident des Deutschen Städtetages, Oberbürgermeister Markus Lewe, aus Münster. Wie mit geflüchteten Menschen umgegangen werde, gehöre mittlerweile zur Stadtstrategie. „Das ist ein Thema, was von langfristiger Bedeutung sein wird und damit auch einen langfristigen Rahmen braucht“, sagte Lewe.

Migrationskrise in Italien

Sehr viele Migranten machen sich trotz der hochgefährlichen Überfahrt über das Mittelmeer weiter auf den Weg nach Europa. Allein an diesem Wochenende kamen nach Angaben aus Rom 5573 Menschen an den süditalienischen Küsten an. Seit Anfang Januar wurden nach offiziellen Zahlen bereits knapp 27 000 Bootsmigranten registriert - weit mehr als vier mal so viele wie im gleichen Vorjahreszeitraum (6543).

In der Nacht zu Montag erreichte dann ein Fischkutter mit rund 650 Menschen die kalabrische Küste im Süden des Mittelmeerlandes. Das rund 30 Meter lange und überladene Boot kam in der Stadt Roccella Ionica an, wie die Nachrichtenagentur Ansa am Montag berichtete. Die Leute seien von Libyen aus losgefahren und fünf Tage lang unterwegs gewesen. Bei den Insassen handelt es sich ausschließlich um Männer, die aus Syrien, Pakistan, Ägypten und Bangladesch stammen, wie Ansa weiter berichtete. Weder die Küstenwache noch zivile Seenotretter waren an der Ankunft beteiligt - sie erreichten die Stadt in der Region Kalabrien autonom.

Unterdessen brachte die private Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen 190 Mittelmeer-Migranten in der süditalienischen Stadt Bari an Land. Wie die Organisation mitteilte, erreichte die „Geo Barents“ den zuvor von den italienischen Behörden zugewiesenen Hafen an der Adriaküste am späten Sonntagnachmittag. Das Schiff hatte die Menschen am Freitag von einem seeuntauglichen Holzboot aufgelesen. Unter ihnen befanden sich mehrere unbegleitete Minderjährige.

Viele Menschen versuchen immer wieder mit Booten aus Tunesien und Libyen über das zentrale Mittelmeer nach Lampedusa, Malta, Sizilien oder das italienische Festland zu gelangen. In dem Mittelmeerland wird nun seit geraumer Zeit über die Ankünfte diskutiert. Medien sprechen bereits von einem „Migranten-Boom“ oder gar „Exodus.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Schnell noch ins LIVE-WEBINAR reinklicken: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Fondsmanager warnt: „Gold ist noch immer unterbewertet“
05.06.2025

Der Goldpreis explodiert – doch laut Fondsmanager Erik Strand ist das Edelmetall noch immer unterbewertet. Die wahre Blase?...

DWN
Panorama
Panorama Stromanbieterwechsel 2025: Neue Fristen ab 6. Juni – wichtige Tipps
05.06.2025

Ein Stromanbieterwechsel soll ab dem 6. Juni deutlich schneller gehen – das klingt gut, hat aber Tücken. Welche Chancen und Risiken...

DWN
Finanzen
Finanzen Altersarmut wächst: Jede sechste Rentnerin in Deutschland lebt in Altersarmut
05.06.2025

Die neuen Zahlen zur Altersarmut in Deutschland sind alarmierend: 2,1 Millionen Rentnerinnen und 1,3 Millionen Rentner leben unterhalb der...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB stützt Konjunktur mit achter Zinssenkung seit Juni 2024
05.06.2025

Die von hohen US-Zöllen bedrohte Wirtschaft im Euroraum darf auf günstigere Kredite hoffen: Zum achten Mal seit Juni 2024 senkt die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Erneut mehr Aufträge in der Industrie - Experte: mögliche Trendwende
05.06.2025

In der deutschen Industrie mehren sich Hinweise auf ein Ende der Schwächephase. Im April haben die Industriebetriebe den zweiten Monat in...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Börsenboom trotz Pleitewirtschaft: Drei Konzerne täuschen die deutsche Stärke vor
05.06.2025

Während die deutsche Wirtschaft stagniert und die Industrie schwächelt, feiert die Börse Rekorde. Doch hinter dem Höhenflug stecken nur...

DWN
Technologie
Technologie Wenn die künstliche Intelligenz lügt: Wie Sie sich schützen und was KI-Versicherungen bringen?
05.06.2025

Chatbots erfinden Fakten, ruinieren Verträge und blamieren Konzerne – und die Industrie weiß: Das Problem ist nicht lösbar. Jetzt...

DWN
Politik
Politik Altersvorsorgedepot: Kommt die Frühstart-Rente? Zehn Euro pro Monat für jedes Kind geplant
05.06.2025

Die neue Regierung aus Union und SPD plant die Einführung einer Frühstart-Rente ab 2026. Laut Koalitionsvertrag sollen für jedes Kind...