Finanzen

Finanzmarkt: Ist es an der Zeit, Anleihen für ambitioniertere Anlagen aufzugeben?

Lesezeit: 3 min
09.04.2023 08:00
Ein altes Sprichwort von Investorenlegende André Kostolany lautet: „Wer gut schlafen will, kauft Anleihen, wer gut essen will, bevorzugt Aktien.“ Doch lohnen sich Anleihen auch bei der derzeitig hohen Inflation noch?
Finanzmarkt: Ist es an der Zeit, Anleihen für ambitioniertere Anlagen aufzugeben?
Die Lichter in den Büros der Europäischen Zentralbank (EZB) leuchten im letzten Licht des Tages. (Foto: dpa)
Foto: Boris Roessler

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Nach der Zinsstraffung der EZB lohnen sich Staatsanleihen wieder. Anleihen können Anlegern dabei helfen, ihr Handelsportfolio zu diversifizieren und vor Marktabschwüngen zu schützen. Dennoch können die Zinssätze weiterhin nicht der Rekordinflation standhalten. Dasselbe gilt für Firmenanleihen. Dementsprechend stellen sich Anleger die Frage, ob sich Bonds in wirtschaftlich schweren Zeiten und bei hoher Inflation weiterhin lohnen, oder ob sie sich stattdessen lukrativeren Anlagemöglichkeiten (Aktien kaufen online, ETFs oder IPOs) mit einem höheren Renditepotenzial zuwenden sollten.

(Abbildung: Statista)

Wie funktionieren Anleihen?

Anleihen bzw. Bonds sind Schuldverschreibungen, die von Regierungen, Unternehmen oder anderen Organisationen ausgegeben werden, um Kapital einzuwerben. Wenn Sie eine Anleihe kaufen, leihen Sie dem Emittenten Geld und erhalten dafür Zinsen. Die meisten Anleihen sind festverzinsliche Wertpapiere, d. h. der Zins ist nicht variabel. Es gibt jedoch auch Anleihen mit variablem Zinssatz, der von einer Reihe von Wirtschaftsfaktoren abhängt, wie beispielsweise der Inflationsrate.

Anleihen bestehen in der Regel aus 3 Komponenten: dem Nennwert, dem Kuponzins sowie der Laufzeit. Der Kuponzins wird in der Regel jährlich ausgezahlt, während der Nennwert erst am Ende der Laufzeit zurückgezahlt wird. Anleihen werden genau wie Aktien an der Börse gehandelt und können im Nennwert variieren, wenn sich beispielsweise der Zinssatz oder die Kreditwürdigkeit des Emittenten verändert.

Die Kreditwürdigkeit wird von ausgewählten Agenturen wie Standard & Poor's ermittelt und gibt an, wie sicher eine Anleihe ist. Staaten und Firmen mit geringer Kreditwürdigkeit zahlen im Regelfall höhere Zinssätze aufgrund des erhöhten Risikos.

(Abbildung: S&P Global Ratings)

Lohnen sich Anleihen während der Rekordinflation?

Um zu ermitteln, ob sich Anleihen im eigenen Handelsportfolio auszahlen, sollten Anleger unbedingt auf die Nettorendite achten. Die Nettorendite sind Anleiheerträge nach Steuerabzügen, sonstigen Kosten sowie inflationsbedingten Wertminderungen.

Shanna Strauss-Frank, stellvertretende Vertriebsleiterin bei Freedom Finance Deutschland, sagt hierzu Folgendes: „Anleihen werden traditionell als Zufluchtsort für Anleger angesehen, um ihr Vermögen zu bewahren und risikoarme Renditen zu erzielen. Aufgrund des jüngsten wirtschaftlichen Gegenwinds und der sich ändernden Marktdynamik fragen sich einige Anleger vermehrt, ob Anleihen immer noch der beste Ort sind, um das Vermögen aufzubewahren. Obwohl Anleihen immer noch einen stetigen Ertragsstrom liefern und einen gewissen Schutz vor Marktvolatilität bieten, sind sie möglicherweise nicht die attraktivste Option für Anleger, die nach langfristigem Wachstumspotenzial suchen.

Da die Zinssätze niedrig bleiben und die Inflation steigt, bieten Anleihen relativ niedrige Renditen, die langfristig möglicherweise nicht mit der Inflation Schritt halten können. Darüber hinaus könnte der Wert bestehender Anleihen bei stark steigenden Zinssätzen sinken, was zu potenziellen Verlusten für Anleger führen könnte. Angesichts dieser Bedenken suchen Anleger vermehrt nach anderen Anlageklassen, wie z. B. Aktien, die im Regelfall höhere Renditen und ein größeres Aufwärtspotenzial bieten.“

Anleihen: Vor- und Nachteile

Anleihen bieten eine Reihe von Vorteilen gegenüber anderen Wertpapieren, beispielsweise ein geringes Risiko (abhängig vom Emittenten) sowie ein regelmäßiges, sicheres Einkommen. Nachteilig lässt sich festhalten, dass die Rendite häufig nicht ausreicht, um die Inflationsrate auszugleichen.

Vorteile von Anleihen

  • Regelmäßiges Einkommen: Anleihen bieten eine regelmäßige Einkommensquelle in Form von jährlichen Zinszahlungen.
  • Sicherheit: Anleihen kreditwürdiger Emittenten bieten ein hohes Maß an Sicherheit im Vergleich zu anderen Wertpapieren.
  • Inflationsschutz: Anleihen können effektiv gegen die Inflation schützen bzw. diese abmildern.
  • Diversifikation: Anleihen können das Handelsportfolio diversifizieren und das Anlagerisiko im Falle von Markteinbrüchen senken.

Nachteile von Anleihen

  • Niedrige Renditen: Anleihen bieten je nach Emittent relativ niedrige Zinssätze, die zu diesem Zeitpunkt nicht ausreichen, um die Inflation auszugleichen.
  • Anlagerisiko: Die Investition in Anleihen ist ebenfalls mit Risiken behaftet. Steigen die Zinssätze, können die Anleihenkurse sinken. Investoren könnten somit ihr Geld verlieren, wenn sie vorzeitig verkaufen. Wird der Emittent zahlungsunfähig, kann es zu Anlegerverlusten kommen.

Bundesanleihen vs. Inflationsrate: ein Vergleich

Nachdem wir nun einen besseren Einblick in die Materie haben, stellen wir die zu erwartenden Renditen einiger Staatsanleihen im Vergleich zur Inflation vor. Bundesanleihen (BUND) haben Laufzeiten von 7 bis hin zu 30 Jahren. Der Zinssatz beläuft sich auf rund 1,8 Prozent bis hin zu 2,3 Prozent. Dieser relativ niedrige Zinssatz lässt sich mit dem AAA-Rating erklären, das Deutschland unter anderem bei Standard & Poor's hat.

Zurzeit beträgt die Inflationsrate in Deutschland laut Statistischem Bundesamt 8,7 Prozent (Stand: 25. März 2023). Laut Prognose der Regierung und öffentlicher Institutionen wird die hohe Inflationsrate bis in das Jahr 2024 reichen, bevor sie sich dem Zielwert von 2 Prozent annähert.

Dmytro Spilka ist Finanzredakteur und Gründer der Content- und Analyse-Agenturen Solvid und Pridicto. Seine Arbeiten wurden u.a. in Börse Express, Nasdaq, Investing.com, Entrepreneur und Aktien Check veröffentlicht.
Dieser Beitrag stellt keine Anlageberatung dar. Gastbeiträge spiegeln nicht unbedingt die Sichtweise der Redaktion wider.

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