Die in der Gemeinschaft südostasiatischer Staaten („ASEAN“) zusammengeschlossenen Länder wollen sich unabhängiger von westlichen Währungen und dem japanischen Yen aufstellen. Stattdessen wird die Verwendung der eigenen Landeswährungen im regionalen Handelsverkehr aktiv gefördert.
Fokus auf eigene Währungen
Auf einer Konferenz, die Ende März in Indonesien stattfand, diskutierten die Finanzminister und Notenbankdirektoren der zehn ASEAN-Staaten entsprechende Pläne, berichtet ASEAN Briefing. Im Zentrum der Gespräche stand das explizite Ziel, die Abhängigkeit vom US-Dollar, vom Euro, vom britischen Pfund und vom japanischen Yen abzubauen.
Im Gegenzug sollen die lokalen Währungen weiter aufgewertet werden, wofür ein „Local Currency Transaction“ (LCT) genannten System geschaffen wurde. Beim LCT handelt es sich um eine Erweiterung des im Jahr 2016 von Thailand und Malaysia gegründeten „Local Currency Settlement“-Systems (LCS), dem sich in den vergangenen Jahren weitere südostasiatische Länder angeschlossen hatten.
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Das LCT soll es den südostasiatischen Ländern ermöglichen, Handelsgeschäfte und dazugehörige Finanztransaktionen direkt in den eigenen Währungen abzuwickeln und dabei die oben genannten westlichen Währungen zu umgehen.
Abschirmung gegen Sanktionen
Indonesiens Präsident Joko Widodo forderte auf der Konferenz, dass Unternehmen und Haushalte aus ASEAN-Staaten fortan verstärkt Kreditkarten einheimischer Banken benutzen und die großen, global tätigen, Zahlungsabwicklungssysteme meiden sollten.
Dieser Appell richtet sich nicht nur gegen die international dominierenden Kreditkartenanbieter Mastercard, Visa und American Express, sondern implizit möglicherweise auch gegen das westliche Zahlungssystem SWIFT.
Widodo begründete die Forderung mit der Notwendigkeit, den indonesischen Finanzmarkt vor „geopolitischen Zerwürfnissen“ abzuschirmen. Die Verhängung von Finanzsanktionen gegen russische Banken nach dem Einmarsch der in die Ukraine und die Beschlagnahme der russischen Währungsreserven durch die US-Regierung habe gezeigt, dass sich Indonesien für den Fall wappnen müsse, dass solche Sanktionen auch irgendwann die eigenen Banken und Unternehmen treffen, so Widodo.
Das Widodos Ansichten keineswegs unbegründet sind, zeigt der Umstand, dass die US-Regierung erst in der laufenden Woche Sanktionen gegen Personen und Organisationen aus der Türkei, China, Ungarn und den Vereinigten Arabischen Emiraten erlassen hatten.
Politiker aus der Region hatten die Instrumentalisierung des Dollars für politische Ziele zuletzt auf einer Konferenz im Januar kritisiert.
Das zweite Motiv, das hinter der Förderung lokaler Währungen steht, ist finanzieller Art: derzeit leiden einige Länder in Südostasien an einer Dollar-Knappheit, weil Investoren mit Blick auf die steigenden Zinsen in den USA Liquidität aus Asien abziehen und wieder in den Dollar-Raum investieren.
Mehrfach hatten Zinserhöhungszyklen in den USA bereits zu Finanzkrisen oder Spannungen auf den asiatischen Finanzmärkten geführt. Das bekannteste Beispiel in diesem Zusammenhang war sicherlich die Asienkrise im Jahr 1997.
Indem sie verstärkt auf die Währungen der beiden Handelspartner zurückgreifen, können südostasiatische Länder das Risiko von Dollar-Knappheiten senken.
Malaysia besinnt sich auf eigene Währung
Auch Malaysias Regierung äußerte sich kürzlich kritisch zum Dollar. „Es gibt für ein Land wie Malaysia keinen Grund, bei der Werbung um Investitionen weiterhin vom Dollar abzuhängen“, sagte Premierminister Datuk Seri Anwar Ibrahim Anfang April, wie The Online Citizen berichtet.
Handelsgeschäfte und Investitionen sollten die Währungen der beteiligten Staaten beinhalten, so Ibrahim.
Während seines Besuchs in Peking soll Ibrahim zudem die verstärkte Abwicklung des chinesisch-malaysischen Handels in Ringgit und Yuan mit Chinas Staatschef Xi Jinping besprochen haben – ebenso wie die Schaffung eines Asiatischen Währungsfonds.
Folgen für Deutschland und den Euro
Sollte sich der Anteil lokaler Währungen am Handelsgeschehen innerhalb der ASEAN-Wirtschaftssphäre deutlich erhöhen, würde sich dies wahrscheinlich in einem Rückgang der Verwendung des Euro niederschlagen.
Die Auswirkungen für die deutsche Wirtschaft wären allerdings kaum spürbar, weil der Außenhandel der ASEAN-Staaten mit Europa weiterhin in Euro oder Dollar abgerechnet werden dürfte.
Die EU-Länder sind mit einem Anteil von rund 11 Prozent derzeit der drittwichtigste Handelspartner der ASEAN-Gemeinschaft. Ende 2021 summierte sich der bilaterale Handel zwischen beiden Blöcken auf 270 Milliarden US-Dollar, wie die Deutsche Welle berichtet. Die EU beziffert den Warenaustausch (ohne Dienstleistungen) im selben Jahr auf rund 215 Milliarden Dollar.
Daneben haben beide Seiten in den vergangenen Jahren auch ihre Direkt-Investitionen im jeweils anderen Wirtschaftsraum verstärkt. Im Jahr 2019 erreichten die Werte mit 313,6 Milliarden Euro Investitionen in Südostasien und 144 Milliarden Euro Anlagen in Europa ihre vorläufigen Höhepunkte. Die Corona-Pandemie löste in den Jahren 2020 und 2021 schwere Einbrüche aus, seitdem nehmen die Investitionen wieder zu.