Politik

Bundeswehr muss Rettungsmission für Deutsche im Sudan abbrechen

Die Bundeswehr hat offenbar eine geheime Rettungsmission für die im Sudan verbliebenen Deutschen abgebrochen.
19.04.2023 13:00
Aktualisiert: 19.04.2023 13:14
Lesezeit: 3 min
Bundeswehr muss Rettungsmission für Deutsche im Sudan abbrechen
Ein Airbus 400 M der Bundeswehr. (Foto: dpa) Foto: Ralf Hirschberger

Die Bundesregierung hat eine Evakuierung deutscher Staatsbürger mit Bundeswehrmaschinen aus dem Sudan wegen der Sicherheitslage in dem Land zunächst abgebrochen. Ein Plan für den Einsatz der Luftwaffe dazu wurde nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch wegen der unsicheren Lage in der umkämpften Hauptstadt Khartum gestoppt.

Die Flugzeuge dafür waren am frühen Mittwochmorgen in Wunstorf (Niedersachsen) gestartet. Die drei Militärtransporter von Typ A400M flogen über Italien und nahmen in Griechenland frischen Treibstoff auf. Auch Militärflugzeuge anderer Nationen waren in der Region einsatzbereit für den Fall, dass es die Lage am Boden erlaubt hätte, hieß es. Die Aufnahme der deutschen Staatsbürger hätte auf dem umkämpften Flughafen Khartum erfolgen sollen, die Rückkehr dann über den von der Bundeswehr genutzten Luftwaffenstützpunkt Al-Asrak in Jordanien. Am Mittwochnachmittag waren die Maschinen der Bundeswehr aber wieder auf dem Rückweg nach Deutschland.

In der sogenannten Krisenvorsorgeliste des Auswärtigen Amtes hatte sich nach Angaben einer Sprecherin vom Montag eine «niedrige dreistellige Zahl» deutscher Staatsangehöriger im Sudan registriert. «Aber erfahrungsgemäß schwankt in solchen Konfliktsituationen und Krisensituationen die Zahl sehr stark und kann jederzeit auch noch weiter nach oben gehen», sagte die Sprecherin.

Im Sudan waren am Samstag Kämpfe zwischen den zwei mächtigsten Generälen des Landes und ihren Einheiten ausgebrochen. Die zwei Männer führten das Land im Nordosten Afrikas mit rund 46 Millionen Einwohner seit einem gemeinsamen Militärcoup im Jahr 2021. De-facto-Präsident Abdel Fattah al-Burhan, der auch Oberbefehlshaber der Armee ist, kämpft mit dem Militär seit Samstag gegen seinen Stellvertreter Mohammed Hamdan Daglo, den Anführer der mächtigen paramilitärischen Gruppe Rapid Support Forces (RSF). Eigentlich hätten die RSF der Armee unterstellt und die Macht im Land wieder an eine zivile Regierung übertragen werden sollen.

Der Flughafen in der Hauptstadt Khartum stand in den vergangenen Tagen im Zentrum der Kampfhandlungen. Diplomaten bemühen sich um eine belastbare Feuerpause für die Evakuierung.

Für eine solche Rettungsmission gibt es grundsätzlich mehrere Möglichkeiten. Theoretisch könnten Zivilmaschinen eingesetzt werden. Die nächste Stufe ist eine diplomatisch vereinbarte Evakuierung, bei der Militärmaschinen auf Grundlage einer Feuerpause landen - aber friedlich. Es bleibt aber auch der robuste militärische Einsatz, bei dem Deutschland und Verbündete die Rettung ihrer Staatsbürger gegen Widerstand durchsetzen müssen - was überaus gefährlich wäre.

Als Teil der Nationalen Krisenvorsorge hält die Bundeswehr Fähigkeiten zur Evakuierung von Staatsbürgern unter militärischem Schutz bereit. Die auf solche Einsätze spezialisierten Soldaten sind Teil der Division Schnelle Kräfte (DSK), zu der die Fallschirmjäger, aber auch das Kommando Spezialkräfte (KSK) gehören. Die Bundeswehr stellt auch Soldaten für Krisenunterstützungsteams (KUT), die Botschaften in Krisenlagen beraten.

Erst im März hatte das Einsatzführungskommando der Bundeswehr - wie alle zwei Jahre - geübt, wie man festsitzende Deutsche retten kann. «Extricate Owl 2023» hieß diese Übung, bei der die Evakuierung von Staatsangehörigen und anderen Schutzbedürftigen aus einem fiktiven Krisenland durchgespielt wurde. «Damit werden die Verfahren und Prozesse für bessere Handlungssicherheit optimiert», hieß es dazu.

Der Luftverkehr im Sudan ist seit Ausbruch der Gefechte zum Erliegen gekommen. Die Flughäfen in Khartum und der rund 330 Kilometer entfernten Stadt Merowe wurden von den RSF bereits am Samstagmorgen angegriffen. Mehrere Passagiermaschinen wurden zerstört. Die Armee eroberte den Flughafen in Khartum nach eigenen Angaben zurück, weiterhin kämpfen die Konfliktparteien aber mit schwerer Artillerie nahe des Flughafens und des angrenzenden Armee-Hauptquartiers. Auch Flugabwehrraketen sind Berichten zufolge im Khartum im Einsatz.

Die sudanesische zivile Luftfahrtbehörde teilte nach Angaben eines Branchenmediums am Wochenende mit, dass der Luftraum geschlossen sei und es im Raum Khartum keine Flugsicherungsdienste mehr gebe. Die UN teilten mit, man habe derzeit weder Wege in den noch aus dem Sudan. Humanitäre Versorgung mit dringenden medizinischen Gütern ist nach Angaben von Nichtregierungsorganisationen derzeit unmöglich. Auch internationale Vermittler, darunter drei ostafrikanische Präsidenten, können derzeit nicht einreisen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen MTS Money Transfer System – Sicherheit beginnt mit Eigentum.

In Zeiten wachsender Unsicherheit und wirtschaftlicher Instabilität werden glaubwürdige Werte wieder zum entscheidenden Erfolgsfaktor....

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europas Industrie im Umbruch: Produktion wächst, Aufträge und Beschäftigung sinken
05.11.2025

Die Industrie in Europa zeigt ein uneinheitliches Bild. Einige Länder steigern ihre Produktion, während andernorts Aufträge und...

DWN
Technologie
Technologie „DeepL Agent“: Start-up DeepL startet autonomen KI-Agenten
05.11.2025

Der Kölner KI-Übersetzungsspezialist DeepL hat bislang selbst großen Tech-Konzernen erfolgreich die Stirn geboten. Nun fordert das...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Stellenabbau Mittelstand: Jedes vierte Familienunternehmen baut Jobs ab
05.11.2025

Auch bei den Familienunternehmen in Deutschland sind zunehmend Jobs in Gefahr: 23 Prozent der Unternehmer wollen in diesem Quartal...

DWN
Politik
Politik New York: Demokrat Mamdani wird Bürgermeister - eine Niederlage für US-Präsident Trump
05.11.2025

Die liberale Hochburg New York bekommt einen neuen Bürgermeister: Zohran Mamdani ist 34 Jahre alt, Muslim – und präsentiert sich schon...

DWN
Technologie
Technologie Reduzierung von CO2: Deutsche Bahn setzt erstmals Schienen aus „grünem“ Stahl ein
05.11.2025

Die Deutsche Bahn schließt einen Liefervertrag mit dem saarländischen Hersteller Saarstahl für klimafreundlich produzierte Schienen....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Hybrides Arbeiten: Freiheit mit Nebenwirkungen? Wie Flexibilität nicht zur Belastung wird
05.11.2025

Homeoffice und Büro im Wechsel galten lange als Zukunftsmodell. Doch die vermeintliche Freiheit zeigt zunehmend Risse – von sinkender...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Black Friday 2025: So tricksen Händler Kunden weltweit aus
05.11.2025

Die Jagd nach Schnäppchen wird zur Täuschung. Immer mehr Händler erhöhen ihre Preise schon Wochen vor dem Black Friday, um sie später...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Rennen um autonomes Fahren: VW baut in China eigene KI-Chips
05.11.2025

Sorgen vor ausbleibenden China-Chiplieferungen und Entwicklungsdruck bei autonomem Fahren plagen die Autoindustrie. Warum VW nun einen...