Wer eine Entscheidung trifft, orientiert sich häufig an seinen Erfahrungen aus der Vergangenheit. Wer etwa das Essen in einem Restaurant mochte, vermutet, dass sich auch künftig ein Besuch lohnen wird.
Der Honorar-Finanzanlagenberater Kevin Kronauer warnt indes davor, eine solche Entscheidungsstrategie auch bei der Fondswahl anzuwenden und Fonds zu kaufen, die sich in der Vergangenheit besonders gut entwickelt haben. Studien zufolge könne man nämlich aus der vergangenen Performance nicht ableiten, wie sich ein Fonds künftig entwickeln werde, schreibt Kronauer auf DWN-Anfrage.
Zudem könne Performance-Chasing dazu verleiten, laufend zwischen Fonds umzuschichten, „was zu mehr Aufwand, mehr Kosten und in Summe zu einer meist enttäuschenden Investmenterfahrung führt“.
Etwa hat eine Studie aus dem Jahr 2007 untersucht, welche Renditen Anleger zwischen 1973 und 2004 in 19 Aktienmärkten eingefahren haben. Dabei berücksichtigte der Autor Ilia Dichev den Zeitpunkt, zu dem die Anleger Aktien kauften oder verkauften und die Höhe der investierten Gelder. Diese Cashflow-gewichtete Rendite verglich er mit der Buy-and-Hold-Rendite, die lediglich die Performance über einen bestimmten Zeitraum misst und dabei das Anlegerverhalten außen vor lässt.
Renditenachteil von 0,7 Prozent
Das Ergebnis: Der Unterschied zwischen Buy-and-Hold und der tatsächlichen Rendite lag in Deutschland bei 0,7 Prozent pro Jahr. Nach 20 Jahren hatte der durchschnittliche Anleger 12 Prozent weniger Vermögen als ein Buy-and-Hold-Investor (Beispiel: Buy-and-Hold-Anleger mit Endvermögen von 100.000 Euro, normaler Anleger mit 88.000 Euro).
In den meisten anderen Ländern war der Renditeunterschied sogar noch größer – etwa in den USA (1,0 Prozent pro Jahr), in Frankreich (2,9 Prozent) und Großbritannien (1,2 Prozent). Im Schnitt lag er über alle 19 Länder hinweg bei 1,5 Prozent.
„Der Grund für diese Performance-Lücke liegt mit hoher Wahrscheinlichkeit im Performance-Chasing des durchschnittlichen Anlegers“, schreibt der Vermögensberater Gerd Kommer in einem Fachbeitrag über die Studie.
Anleger würden Firmen mehr Geldmittel zur Verfügung stellen, nachdem der Aktienkurs stark gestiegen sei, und die Mittel abziehen, wenn der Kurs stark falle. Dabei würden sie übersehen, dass die Aktienmarktrenditen über Fünf-Jahres-Zeiträume um ihren langfristigen Mittelwert pendelten. Nach guten Jahren kommen also eher wieder schlechte. Aufgrund dieser Regression zum Mittelwert sei Performance-Chasing „renditeschädlich“, schreibt Kommer.
Vanguard kommt in einer Analyse aus dem Jahr 2014 zu einem ähnlichen Ergebnis. Der Indexfonds-Anbieter untersuchte Daten von 2004 bis Ende 2013 zu über 3500 aktiv gemanagten Aktienfonds, die in den US-Aktienmarkt investierten. Dabei verglich Vanguard einen Buy-and-Hold-Anleger, der einen Fonds von Beginn bis Schließung hält, mit einem Performance-Chaser, der Fondsanteile kauft oder verkauft, wenn sich der Fonds in den drei Vorjahren über- oder unterdurchschnittlich entwickelte.
Der Renditevorsprung von Buy-and-Hold lag bei acht von neun untersuchten Anlagestilen bei über 2 Prozent pro Jahr – etwa bei Large-Cap-Value (2,3 Prozent), Mid-Cap-Blend (4,0 Prozent) und Small-Cap-Growth (2,9 Prozent). Auch das Chance-Risiko-Verhältnis (sharpe Ratio) war deutlich besser. Die Forscher untersuchten dabei über 40 Millionen mögliche Investitionspfade. Transaktionskosten und Steuern wurden nicht berücksichtigt.
Hohe Fluktuation unter Outperformern
Vergangene Performance ist auch deswegen kein Indiz für künftige Wertentwicklung, weil bloß 10 bis 20 Prozent der aktiven Fonds einen Vergleichsindex über Zehn-Jahres-Zeiträume schlagen. Selbst die wenigen Outperformer unter den Fonds wechseln ständig und fallen wieder hinter einen Vergleichsindex zurück. Manche Forscher vermuten aufgrund der sehr geringen Zahl an Outperformern, dass die erfolgreichen Fondsmanager lediglich Glück haben und kein Können.
Doch selbst wenn es talentierte Fondsmanager geben sollte, würde es Forschungen zufolge sehr lange dauern, diese zu erkennen. Laut einer Studie von drei US-Finanzwissenschaftlern bräuchte es 38 Jahre, um mit 95-prozentiger Wahrscheinlichkeit einen talentierten unter 20 untalentierten Fondsmanagern zu identifizieren (54 Jahre mit 99-prozentiger Wahrscheinlichkeit).
Dabei nehmen die Forscher an, dass der talentierte Fondsmanager 3 Prozent Überrendite pro Jahr erzielt (bei einem Tracking Error von 3 Prozent bei allen 21 Fondsmanagern). Das wäre also eine sehr hohe und stetige Outperformance. Dennoch liegt die Wahrscheinlichkeit, dass der talentierte Fondsmanager alle 20 Kollegen innerhalb der ersten fünf Jahre schlägt, bei gerade einmal 14,8 Prozent. Viel wahrscheinlicher sei es, dass ein untalentierter Manager durch Glück eine höhere Überrendite erziele, berichten die Forscher.
Der Honorarberater Kevin Kronauer rät daher zu einem passiven Buy-and-Hold-Ansatz. Wer aktiv handeln wolle, solle sich ein Zockerdepot mit Spielgeld anlegen, dessen Verlust er verschmerzen könne und die Altersvorsorge nicht bedrohe. Vom Kauf von Themen-ETFs oder aktiven Fonds rät Kronauer ab.
Wer dennoch aktive Fonds kaufen wolle, könne Kronauer zufolge auf das Fondsvolumen achten. Kleine Fonds unter 100 Millionen Euro könnten eher geschlossen werden. Außerdem sei die Kostenquote ein „sinnvolles Auswahlkriterium“. Fondsratings hingegen dienten eher dem Marketing von Fondsgesellschaften und Anlagevermittlern und seien nicht verlässlich.
Von einer antizyklischen Strategie bei aktiven Fonds – also dem Kaufen von Fonds, die sich besonders schlecht entwickelt haben – rät Kronauer ab. „Viele dieser Fonds werden häufig geschlossen und können auch noch schlechter performen als zuvor“, erklärt der Heppenheimer.