Politik

Westen verstärkt Kampf gegen illegale Öl-Transporte auf See

Die USA und ihre Verbündeten fordern bei den UN eine verstärkte Überwachung der illegalen Öltransfers von Schiff zu Schiff. Sie wollen verhindern, dass so Sanktionen umgangen werden.
Autor
21.05.2023 09:58
Aktualisiert: 21.05.2023 09:58
Lesezeit: 3 min
Westen verstärkt Kampf gegen illegale Öl-Transporte auf See
Der Westen will die Aktivitäten der "Schattenflotte" unterbinden und verweist auf die Risiken beim Verladen von Öl auf See. (Foto: iStock.com: MAGNIFIER) Foto: MAGNIFIER

Die USA, das Vereinigte Königreich, Dänemark und andere Länder haben angesichts des Booms unregulierter Öltransporte auf See mehr Maßnahmen gefordert, einschließlich einer verstärkten Überwachung. In einem Papier, das sie der UN-Schifffahrtsbehörde vorgelegt haben und das auch auch von Australien, Kanada, Spanien und der Ukraine unterstützt wird, verweisen sie unter anderem auf die Gefahr einer möglichen Verschmutzung der Meere.

"Diese Verbringungen untergraben die auf Regeln basierende internationale Ordnung und erhöhen das Risiko der Verschmutzung für nahe gelegene Küstenstaaten. Dies bedroht die weltweiten Bemühungen, die Verschmutzung durch Schiffe zu verhindern", zitiert Reuters aus dem Papier, das die Staaten der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation (IMO) im Vorfeld einer wichtigen Sitzung des Ausschusses für den Schutz der Meeresumwelt im Juli vorgelegt haben.

Eine "Schattenflotte" von mehreren hundert Schiffen, die nicht vollständig reguliert sind, transportiert Öl aus Ländern, die von westlichen Sanktionen und Beschränkungen betroffen sind, darunter Russland und der Iran. Die Schiffe schalten ihre Transponder aus und verladen Öl von Schiff zu Schiff an Orten außerhalb der genehmigten Umladezonen, manchmal auch bei schlechtem Wetter, um die Aktivitäten besser zu verschleiern.

"Diese riskanten Praktiken fallen zwar unter die Gerichtsbarkeit der Flaggenstaaten, aber die nationalen und lokalen Regierungen und Behörden müssen ungerechterweise für die Kosten der Gegenmaßnahmen und Aufräumarbeiten aufkommen und die Opfer entschädigen", so das Papier, das auf der Tagung der UN-Schifffahrtsbehörde im Juli erörtert werden soll.

Öl verladen auf See: Gefährlich oder nur ein Vorwand?

In dem Papier heißt es, dass betrügerische Praktiken in der Schifffahrt auch "eine ernsthafte Bedrohung für die Sicherheit der internationalen Schifffahrt" darstellten und auch für Besatzungsmitglieder. Die Flaggenstaaten sollten bei Bekanntwerden solcher Praktiken die Inspektionen dieser Schiffe verstärken und die Überwachung der Aktivitäten auch in den Hoheitsgewässern intensivieren.

Der Schiffsversicherer West erklärte in einem kürzlich veröffentlichten Gutachten, dass er bereit ist, Schiff-zu-Schiff-Operationen abzudecken, sofern bestimmte Bedingungen erfüllt sind, darunter "keine geografische Abweichung". Außerdem müsse der Transfer bei gutem Wetter, in einem speziellen Schiff-zu-Schiff-Transferbereich und unter Aufsicht eines qualifizierten Festmachers stattfinden.

Im vergangenen Jahr gab es mindestens acht Grundberührungen, Kollisionen oder Beinahe-Zusammenstöße, an denen Tanker beteiligt waren, die sanktioniertes Rohöl oder Ölprodukte transportierten, zum Beispiel vor China, Kuba und Spanien, wie eine Analyse von Reuters auf der Grundlage von Schiffsverfolgungsdaten und Daten über Schiffsunfälle ergab.

Das ist allerdings nur ein Bruchteil der insgesamt 61 Zwischenfälle, die im vergangenen Jahr in der gesamten Schifffahrtsbranche weltweit verzeichnet wurden, räumt die Reuters-Analyse ein. Zudem führte kein einziger der acht Vorfälle im Zusammenhang mit der Schattenflotte zu Verletzungen oder erheblicher Umweltverschmutzung.

Einige Führungskräfte zeigen sich dennoch besorgt. "Wir haben eine dunkle Flotte, die nicht so sehr überprüft wurde, und das ist besorgniserregend", sagte etwa Jan Dieleman, Präsident der Seetransportabteilung des Rohstoffkonzerns Cargill. "Wir haben keinen Einblick in die Wartung und Sicherheit, da niemand wirklich an Bord der Schiffe geht und Kontrollen durchführt - das fehlt uns."

Mehrere Schifffahrtsunternehmen sagten, dass die von den Sanktionen betroffenen Ölproduzenten kaum eine andere Wahl hatten, als weniger streng überprüfte Schiffe einzusetzen, um ihre Exporte aufrechtzuerhalten. Die Schätzungen über die Größe der Schattenflotte variieren. "Unsere Daten zeigen, dass es sich inzwischen um etwa 650 Einheiten handelt", sagte Andrea Olivi, Leiter der Nassfrachtabteilung des Rohstoffhändlers Trafigura. Zwei Drittel davon seien Rohöl-Tanker.

Nach Angaben des Datenanbieters VesselsValue sind rund 774 der insgesamt 2.296 Tankschiffe in der weltweiten Rohölflotte mindestens 15 Jahre alt. Es ist zwar nicht bekannt, wie viele dieser älteren Schiffe zur Schattenflotte gehören, aber die strengen Überprüfungsrichtlinien der großen Ölkonzerne und Rohstoffhändler bedeuten, dass sie in der Regel Tanker einsetzen, die jünger als 15 Jahre sind.

Die potenziellen Gefahren, die von der Schattenflotte ausgehen, wurden 2021 deutlich, als Israel zufolge ein Tanker mit iranischem Öl seine Ladung im östlichen Mittelmeer auslaufen ließ und dadurch einen Küstenstreifen verschmutzte. Im Jahr 2019 fingen zwei Tankschiffe beim Umladen von Treibstoff auf See in der Schwarzmeerregion Feuer, wobei mindestens zehn Besatzungsmitglieder starben. Einem Schiff war wegen US-Sanktionen die Hafeneinfahrt verwehrt worden.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen SAP-Aktie: Positiver Analystenkommentar von JPMorgan und Silberstreifen am Cloud-Horizont
04.12.2025

SAP und Salesforce senden an den Börsen neue Signale: Während JPMorgan der SAP-Aktie frische Impulse zuschreibt, ringen Anleger bei...

DWN
Finanzen
Finanzen Schott Pharma-Aktie: Zähe Nachfrage nach Glasspritzen – Pharmazulieferer Schott Pharma schaut vorsichtig auf 2026
04.12.2025

Die Schott Pharma-Aktie ist am Donnerstag nachbörslich unter Druck geraten, Anleger beäugen den Ausblick des Mainzer Pharmazulieferers...

DWN
Politik
Politik Die EZB blockiert: Streit um EU-Pläne für eingefrorene russische Vermögenswerte
04.12.2025

Die EU ringt um einen Weg, die finanziellen Belastungen des Ukrainekriegs abzufedern, doch zentrale Institutionen setzen klare Grenzen. Wie...

DWN
Politik
Politik Friedensverhandlungen in Moskau: Trump-Gesandte führen Gespräche mit Putin
04.12.2025

Die Gespräche zwischen Washington und Moskau rücken die Suche nach einer realistischen Friedenslösung wieder in den Mittelpunkt der...

DWN
Politik
Politik EU Ermittlungen: Staatsanwaltschaft nimmt Büros von Kaja Kallas ins Visier
04.12.2025

Die Ermittlungen der Europäischen Staatsanwaltschaft rücken den Umgang mit sensiblen EU-Mitteln und institutionellen Abläufen in...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Trade Republic Probleme: Kundenfrust wächst trotz neuer Produkte
04.12.2025

Trade Republic wirbt mit Innovationen, doch viele Kunden erleben etwas anderes. Die Beschwerden zu Ausfällen, Support und Handelbarkeit...

DWN
Politik
Politik G7? Nein danke, sagt Putin
04.12.2025

Russlands Präsident Wladimir Putin sorgt vor seinem Indien-Besuch für Aufsehen. Er kritisiert die G7 als "nicht groß" und verweist auf...

DWN
Finanzen
Finanzen Deutschland im Club der Superreichen vorn dabei
04.12.2025

Fast 3.000 Menschen weltweit besitzen mehr als eine Milliarde Dollar – und Deutschland spielt eine führende Rolle. Während...