Die FDP befeuert mit der Blockade des umstrittenen Heizungsgesetzes den Streit in der Koalition. Die Fraktionen der Ampel-Koalition aus Liberalen, Grünen und SPD verständigten sich am Dienstag in Berlin darauf, die Vorlage von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grünen) und Bauministerin Klara Geywitz (SPD) in dieser Woche nicht wie ursprünglich geplant in den Bundestag einzubringen.
Vor allem zwischen FDP und Grünen gibt es Streit über das weitere Vorgehen. "Ich kann nur an die FDP appellieren, ihre Blockadehaltung aufzugeben", sagte Grünen-Co-Fraktionschefin Britta Haßelmann. "Alles andere grenzt ja an Arbeitsverweigerung." In SPD-Kreisen hieß es, die FDP stelle sich damit auch gegen Kanzler Olaf Scholz, der noch am Montag auf eine zügige Umsetzung des Gesetzes gepocht hatte. Er gehe davon aus, dass die Substanz des Gesetzentwurfs in den parlamentarischen Beratungen erhalten bleibe, hatte Scholz gesagt.
FDP plädiert für Technologieoffenheit
FDP-Fraktionschef Christian Dürr betonte dagegen, das Gesetz müsse gut und richtig gemacht werden. Die Koalition dürfe die Menschen "nicht in eine Kostenfalle laufen lassen". Das Gesetz müsse praktikabel für die privaten Haushalte sein, es müsse wirtschaftlich sein und umsetzbar für die Versorger. "Die Heizung muss zum Haus passen und nicht umgekehrt." Deshalb müsse in dem Gesetz Technologieoffenheit garantiert sein. Es könne in Deutschland nicht alles elektrifiziert werden, sagte Dürr auch mit Blick auf E-Autos. Das deutsche Gasnetz umfasse eine halbe Million Kilometer und habe einen Wert von 270 Milliarden Euro. "Das darf man nicht einfach so wegwerfen." Vielmehr sollte es auch weiterhin für klimaneutrale Wärmeversorgung genutzt werden.
Der jetzige Entwurf sieht im Kern vor, dass neue und ausgetauschte Heizungen ab 2024 mit mindestens 65 Prozent erneuerbarer Energie betrieben werden müssen. Die Grünen setzen dafür vor allem auf die Wärmepumpe, die mit Strom aus erneuerbaren Energien betrieben wird. Sie dringen zudem darauf, dass das Gesetz zum 1. Januar 2024 in Kraft tritt, was mit der jetzigen Verschiebung fraglich sein dürfte. Die FDP sieht indes keinen Zeitdruck.
Aktuelle Stunde am Mittwoch
Grünen-Co-Fraktionschefin Haßelmann forderte, der Bundestag müsse schnell in die Beratung zum Heizungsgesetz einsteigen. Die Arbeitsfähigkeit der Ampel-Koalition nehme sonst Schaden, wenn vereinbarte Zusagen nicht eingehalten würden. Haßelmann warf namentlich FDP-Chef und Bundesfinanzminister Christian Lindner vor, unzuverlässig zu sein. Sie rechne trotzdem damit, dass das Gesetz noch vor der parlamentarischen Sommerpause im Bundestag beraten und beschlossen werde.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck warf der FDP vor, das Gesetz verzögern zu wollen. Anders als Haßelmann sagte er, mit der jetzigen Verschiebung werde es nicht mehr möglich sein, das Gesetz noch vor der Sommerpause durch das Parlament zu bringen. "Ich nehme zur Kenntnis, dass sich die FDP nicht an das gegebene Wort hält an dieser Stelle."
Dürr wollte darüber nicht spekulieren. Noch im Lauf der Woche werde es weitere Gespräche innerhalb der Koalition geben. In Kreisen der Ampel hieß es, nun sollten die Fraktions-Stellvertreter Matthias Miersch (SPD), Julia Verlinden (Grüne) und Lucas Köhler (FDP) weiter beraten. "Die Menschen sind zunehmend genervt vom Gezanke um die Heizungen und wollen Klarheit, wie es beim Heizen weitergeht", sagte Miersch der Funke-Mediengruppe.
Die Fraktion von CDU/CSU beantragte eine Aktuelle Stunde im Bundestag zu den Entwicklungen, die für Mittwochnachmittag angesetzt wurde. Der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei, warf Wirtschaftsminister Habeck (Grüne) vor, er halte die Zusage einer ausführlichen Beratung über das Gesetz nicht ein. Ihm sei schleierhaft, wie die Ampel-Fraktionen noch vor der Sommerpause eine Lösung im internen Streit finden wollten.
Die mittelständischen Familienunternehmen warnten vor neuen Belastungen der Bürger bei dem geplanten Heizungsgesetz. Die Regierung dürfe die Konjunkturprobleme durch das geplante Gebäudeenergiegesetz nicht weiter verschärfen, sagte die Präsidentin des Verbandes der Familienunternehmen, Marie-Christine Ostermann, der Augsburger Allgemeinen. Es müsse den Bürgern die Entscheidung überlassen werden, wann für sie der beste Zeitpunkt sei, eine moderne Heizung einzubauen.