Politik

Ehemaliger US-Finanzminister warnt vor Kollateralschäden des Handelskriegs gegen China

Ein ehemaliger US-Finanzminister warnt vor unerwünschten Folgen des Handelskriegs der Biden-Regierung. Auch europäische Firmen nehmen daran inzwischen teil.
26.05.2023 17:40
Aktualisiert: 26.05.2023 17:40
Lesezeit: 2 min
Ehemaliger US-Finanzminister warnt vor Kollateralschäden des Handelskriegs gegen China
Der Chip-Krieg gegen China brigt große Risiken, sagte ein ehemaliger US-Finanzminister. (Foto: istockphoto/William_Potter) Foto: William_Potter

Ende Januar hatte der ehemalige US-Finanzminister Henry Paulson vor den Folgen einer ökonomischen Abkopplung der USA von China gewarnt. Diese könne dazu führen, dass amerikanische Unternehmen im Wettbewerb mit Firmen aus anderen Regionen der Welt ins Hintertreffen geraten, zitiert die South China Morning Post aus einem Schreiben Paulsons im Magazin Foreign Affairs.

Die Beziehungen zwischen beiden Ländern befänden sich seit einigen Jahren in einem steilen Niedergang begriffen, der „die Welt zu einem gefährlicheren Ort“ mache, schrieb Paulson in dem Aufsatz mit dem Titel „Amerikas China-Politik funktioniert nicht.“

Der ehemalige Finanzminister warnt darin insbesondere vor den langfristigen Folgen von Embargos und Handelsquoten: „China und die Vereinigten Staaten befinden sich im rasanten Abstieg von einem wettbewerbsorientierten, aber manchmal kooperativen Verhältnis, hin zu einem, das in fast jeder Hinsicht konfrontativ ist. Infolgedessen stehen die Vereinigten Staaten vor der Gefahr, ihre Unternehmen gegenüber ihren Verbündeten zu benachteiligen und ihre Fähigkeit einzuschränken, Innovationen zu kommerzialisieren. Die USA könnten Marktanteile in Drittländern verlieren. Für all diejenigen, die befürchten, dass die Vereinigten Staaten den Wettbewerb mit China verlieren, drohen die Maßnahmen der USA dafür zu sorgen, dass diese Befürchtungen wahr werden.“

Paulson weiter: „Die Bemühungen, China auszuschließen, werden sicherlich China schaden, aber sie schaden auch den Vereinigten Staaten. Amerikanische Unternehmen haben einen enormen Wettbewerbsnachteil … sie schaden China, aber auch den Arbeitgebern in den USA, einschließlich gewöhnlicher Unternehmen, die von chinesischen Zulieferern abhängig sind, keine alternativen Wahlmöglichkeiten haben und die ohnehin wegen der Inflation und hoher Energiekosten unter die Räder gekommen sind. Die amerikanischen Konsumenten bezahlen am Ende den Preis dafür.“

Tech-Konzern Nvidia warnt

Der US-amerikanischen Technologieindustrie drohen nach Ansicht des Vorstandsvorsitzenden von Nvidia, Jensen Huang, beträchtliche Kollateralschäden durch den im Bereich der Hochleistungschips ausgefochtenen Handelskrieg.

Die Branche sei wegen der von der Biden-Administration verfolgten konfrontativen Handelspolitik dem Risiko eines „enormen Schadens“ ausgesetzt, sagte Huang in einem Interview der Financial Times. Die von Biden eingeführten Exportkontrollen von Chips in die Volksrepublik ließen Nvidia „mit unseren Händen auf dem Rücken gefesselt“ dastehen.

Chinesische Firmen würden damit beginnen, so Huang, eigene Halbleiter zu fertigen, um mit Nvidias Chips für Grafikkarten, Gaminganwendungen und Künstliche Intelligenz zu konkurrieren. China stehe für ungefähr ein Drittel des Marktes von US-Techfirmen, das sei unmöglich zu ersetzen.

Am vergangenen Sonntag hatte die chinesische Cybersicherheitsbehörde als Reaktion auf vorangegangene Maßnahmen der US-Regierung die Produkte des US-Speicherchipherstellers Micron als Gefahr für die Sicherheit der eigenen Informations-Infrastruktur eingestuft.

Betreiber kritischer Informationsinfrastrukturen sollten den Kauf von Micron-Produkten einstellen, hieß es in der Mitteilung. Eine Sprecherin des Pekinger Außenministeriums bezeichnete die Maßnahme am Montag als „notwendigen Schritt zum Schutz der nationalen Sicherheit.“

Die Ergebnisse der Untersuchung kommen gut einen Monat nach der Ankündigung der Behörden, die Importe von Amerikas größtem Speicherchip-Hersteller unter die Lupe zu nehmen.

Micron selbst hatte in seinem jüngsten Geschäftsbericht vor Schwierigkeiten auf dem chinesischen Markt infolge der US-Sanktionen gewarnt.

Auch Europäer betroffen

Washington versucht seit geraumer Zeit, den Zugang Pekings zu Hochtechnologie einzuschränken, unter anderem sollen moderne Maschinen zur Chipherstellung nicht in das asiatische Land gelangen.

An dem Embargo wird sich aller voraussichtlich nach auch der größte europäische Technologiekonzern ASML aus den Niederlanden beteiligen, was in China jüngst zu Unmut geführt hatte.

Im ersten Quartal waren die Nettobestellungen bei ASML im Vergleich zum Vorjahr von knapp sieben Milliarden auf 3,75 Milliarden Euro gesunken, auch im Vergleich zum Vorquartal lagen diese deutlich niedriger. Analysten hatten zwar angesichts des anhaltenden Abbaus überschüssiger Lagerbestände der Chiphersteller mit einem Rückgang gerechnet, jedoch nicht in diesem Ausmaß, berichtete die dpa. Die Bestellflaute könnte sich negativ auf die Umsätze im kommenden Jahr auswirken.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: Rallye mehrerer Technologieunternehmen treibt US-Aktien an
19.12.2025

Die US-Aktien unterbrachen ihre jüngste Verlustserie und stiegen am Freitag, da Anzeichen einer abkühlenden Inflation und nachlassende...

DWN
Finanzen
Finanzen Micron Technology-Aktie und der KI-Boom: Experten sehen Parallelen zu Nvidia
19.12.2025

Der KI-Boom verändert den Halbleitermarkt und lenkt den Blick auf Speicherhersteller. Kann die Micron Technology-Aktie dauerhaft von...

DWN
Politik
Politik EU lockert Gentechnik-Vorgaben: Was sich im Supermarkt ändert und wo Chancen und Risiken liegen
19.12.2025

Die EU stellt die Weichen für lockerere Gentechnik-Vorgaben – mit Folgen für Supermärkte, Kennzeichnung und Landwirtschaft....

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt SumUp-IPO 2026: Wie SumUp-Gründer Daniel Klein eines der größten Fintechs Europas an die Börse bringt
19.12.2025

Ob Taxi oder Dönerbude: Die kleinen weißen SumUp-Terminals haben die Kartenzahlung in deutschen Kleinstbetrieben etabliert. Nun führt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Verbrenner-Aus: EU lockert Vorgaben und setzt den Fokus auf Unternehmen und Hersteller
19.12.2025

Die Europäische Kommission richtet ihre Verkehrsklimapolitik neu aus und verändert damit die Rahmenbedingungen für Industrie und...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Prognose 2026: Kurs erholt sich – Experten streiten über den weiteren Weg
19.12.2025

Der Bitcoin-Kurs schwankt, die Jahresendrally bleibt aus – und doch überbieten sich Experten mit kühnen Zielen. Zwischen 87.900 Dollar...

DWN
Finanzen
Finanzen Jetzt die besten Dividenden-Aktien kaufen: Diese Titel überzeugen Experten von Morningstar
19.12.2025

Dividenden gelten für viele Anleger als stabiler Ertragsanker in unsicheren Marktphasen. Doch woran lässt sich erkennen, welche...

DWN
Politik
Politik E-Autos: Kfz-Steuerbefreiung bei Elektroautos bis 2035 verlängert
19.12.2025

Elektroautos sollen länger steuerfrei bleiben – doch die neuen Regeln haben einen Haken. Ein Beschluss im Bundesrat verschiebt Fristen,...