Wirtschaft

China setzt massiv auf Öl-Bohrungen in tiefen Gewässern

China investiert massiv in Öl-Bohrungen in immer tieferen Gewässern. So will das Land die erwartete Nachfrage bedienen und sich weniger von Importen abhängig machen. Eine Energiewende vollzieht sich wenn überhaupt nur sehr langsam.
Autor
11.06.2023 13:31
Aktualisiert: 11.06.2023 13:31
Lesezeit: 3 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..
China setzt massiv auf Öl-Bohrungen in tiefen Gewässern
China setzt massiv auf Öl-Bohrungen - auch in umstrittenen Gewässern. (Foto: dpa) Foto: Str

China treibt seine Tiefseebohrungen mit Nachdruck voran. Damit will das Land seine Abhängigkeit von ausländischem Öl verringern. Denn es muss bereits seit einigen Jahren mehr als 70 Prozent seines Öl-Bedarfs importieren, nachdem es um die Jahrtausendwende noch weniger als 10 Prozent waren. Ein Grund dafür besteht darin, dass die chinesischen Ölvorkommen an Land zur Neige gehen. Und die starke Nachfrage wird voraussichtlich auf Jahrzehnte anhalten.

Im Hinblick auf die Rohölimporte war der Mai der bisher dritthöchste Monat seit Beginn der Aufzeichnungen, wie chinesische Zolldaten vom Mittwoch zeigten. Die Importe beliefen sich auf insgesamt 51,44 Millionen Tonnen 12,11 Millionen Barrel pro Tag (bpd). Das waren 17,4 Prozent mehr als im April und 12,2 Prozent mehr als im Mai letzten Jahres.

Zwar drückt die anhaltenden Abkühlung der chinesischen Wirtschaft die Nachfrage nach Rohölimporten. Doch der Aufbau von Lagerbeständen hat dazu beigetragen, die Nachfrage zu stützen. "Die Rohölvorräte in China sind von 44,9 Tagen im Dezember 2022 auf 46,1 Tage angestiegen", zitiert Reuters aus einer Mitteilung von JPMorgan von letzter Woche.

Die wichtigsten Öllieferanten für China sind Saudi-Arabien und die anderen Golfstaaten gefolgt von Russland, Westafrika, Südafrika, den ASEAN-Staaten, den USA, Kanada und einigen weiteren Staaten. Vor allem Russland hat im Verlauf des letzten Jahres seine Lieferungen nach China deutlich erhöht. Die russischen Öl-Exporte waren allen westlichen Sanktionen zum Trotz zuletzt so hoch, dass das Land einen Streit mit der OPEC riskiert.

Tiefsee-Bohrungen gegen Abhängigkeit von Öl-Importen

Zwar pflegt China gute Beziehungen zu seinen wichtigsten Öllieferanten am Golf und in Russland. Doch die hohe Abhängigkeit von Importen hat Chinas staatliche Ölkonzerne nun trotzdem dazu veranlasst, die eigene Rohölproduktion auszubauen. Wegen rückläufiger Vorräte in den Ölfeldern an Land, setzt man dabei auf Bohrungen in immer tieferer See.

Mit seiner ausgedehnten industriellen Basis und seinen Tiefsee-Ambitionen hat die China National Offshore Oil Corporation (Cnooc), eine der drei großen staatlichen Ölfirmen, zuletzt massive Investitionen getätigt, um eigene Bohrtechnologie zu entwickeln, die derzeit von westlichen Ölkonzernen dominiert wird. Seine Aktivitäten im umstrittenen Südchinesischen Meer haben das Unternehmen in Konflikt mit der US-Regierung gebracht.

Washington setzte Cnooc im Jahr 2021 auf eine schwarze Liste, weil das Unternehmen angeblich in Absprache mit dem chinesischen Militär Nachbarländer im Südchinesischen Meeres "schikaniert" hat. Der chinesische Ölkonzern hat das Bohai-Meer zwischen Nordchina und der koreanischen Halbinsel zum größten Ölfeld des Landes entwickelt und baut das Liuhua- und andere Felder im östlichen Südchinesischen Meer aus.

"Angesichts der beträchtlichen unerschlossenen Offshore-Volumina Chinas dürften sich die inländischen Offshore-Fässer zu einem unverzichtbaren Wachstumsmotor für das kommende Jahrzehnt entwickeln", zitiert Bloomberg Baihui Yu, einen Senior Research Analyst bei S&P Global Commodity Insights. "Der technologische Fortschritt und der verbesserte Zugang haben es ermöglicht, mehr Bohrungen in tiefere Gewässer zu verlegen."

Im vergangenen Jahr entfielen 60 Produktion der neuen chinesischen Ölproduktion auf Bohrungen im Meer. Dabei ist China nicht das erste Land, das die Offshore-Vorkommen nutzen muss, um schwindende Onshore-Reserven zu ersetzen. US-Bohrer erschlossen in den 1960er Jahren den Golf von Mexiko, und europäische Unternehmen machten in den 1970er und 1980er Jahren die Nordsee zu einem wichtigen Förderzentrum.

Cnooc ist Chinas einziger Offshore-Ölproduzent. Seine Produktion wuchs auf einen Anteil von 15 Prozent der gesamten chinesischen Förderung im Jahr 2013 auf etwa 23 Prozent im Jahr 2021, wie aus Unternehmensunterlagen und Daten von BP hervorgeht. Das Unternehmen investiert massiv, um die Produktion in diesem Jahr um 4 bis 6 Prozent und in den beiden kommenden Jahren um weitere 12 Prozent zu steigern.

China hat technologisch aufgeholt

Die technischen Herausforderungen bei Tiefseebohrungen sind immens. Die Stahlkonstruktionen sind so groß wie der Eiffelturm. Sie müssen stark genug sein, um massiven Wellen und Taifunen standhalten zu können. Aufgrund ihrer Größe können sie nicht mit Kränen transportiert werden und werden daher horizontal gebaut und von der Seite auf Schiffe gerollt. Dann werden sie hunderte Kilometer vor die Küste gebracht, wo sie vom Meeresboden bis über die Meeresoberfläche reichen.

Große Ölkonzerne wie Chevron und Shell sind immer noch die technologisch am weitesten fortgeschrittenen Akteure in diesem Sektor und verfügen über die Verfahren, um auch in raueren und tieferen Offshore-Umgebungen zu bohren. Aber Cnooc holt auf. Vor einem Jahr baute das Unternehmen den größten Mantel in der Geschichte Asiens für sein Haiji-1-Feld.

Nun verstärkt das staatliche Unternehmen die Exploration in tieferen Gewässern, die weiter von Chinas Küste entfernt sind. Cnooc rechnet damit, in diesem Jahr zwischen 650 und 660 Millionen Barrel Öläquivalent zu fördern, und beteiligt sich zudem an Projekten auf der ganzen Welt, darunter der Mammutfund der Exxon Mobil vor der Küste von Guyana.

Auf einer anderen Baustelle in Qingdao wird mit einer noch fortschrittlicheren Technologie experimentiert. Hier wird ein neues zylinderförmiges Schiff gebaut, das in der Nähe des Mantels und der Ölplattform schwimmt und das Öl an Bord verarbeitet und lagert, bevor es auf Tankschiffe verladen wird. Nach Angaben des Unternehmens hat der technische Fortschritt dazu geführt, dass einige zuvor unwirtschaftliche Offshore-Felder heute erschließbar geworden sind.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Panorama
Panorama Datenschutz und Oktoberfest - was sich im September ändert
16.08.2025

Die Tage werden kürzer und der Herbst naht im September. Welche Neuerungen bringt der neue Monat für Verbraucherinnen und Verbraucher?...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Business Angels sind keine Almosen-Geber: So knackt man sie trotzdem
16.08.2025

Sie heißen Engel, aber verschenken nichts: Warum Business Angels für Start-ups goldwert sind – und wieso Gründer trotzdem mit...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft 150 Jahre ohne Steuerprüfung? Personalmangel bremst Steuerkontrollen in Deutschland aus
16.08.2025

In Deutschland können Kleinstbetriebe statistisch gesehen 150 Jahre lang einer Steuerprüfung entgehen – während dem Staat Milliarden...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Deutsche Bahn: Vor diesen Herausforderungen steht der künftige Bahn-Chef
16.08.2025

Richard Lutz muss seinen Posten als Bahnchef räumen - und übergibt dabei zahlreiche Probleme an seinen Nachfolger. Kann der erfolgreicher...

DWN
Technologie
Technologie Laser gegen Putins Drohnen: Europas Hightech-Antwort auf den Krieg
16.08.2025

Während russische Drohnen den Himmel über Europa testen, setzen die Ukraine und die EU auf eine futuristische Waffe: Laser, die für...

DWN
Finanzen
Finanzen Europas Bankenaufsicht warnt: Drei Risiken können das Finanzsystem erschüttern
16.08.2025

Er führt Europas Bankenaufsicht – und sieht drei Gefahren, die selbst starke Institute ins Wanken bringen könnten: geopolitische...

DWN
Politik
Politik Spitzbergen: Russland hat 100 Jahre nach dem Spitzbergen-Vertrag die Arktis genau im Blick
15.08.2025

Vor 100 Jahren wurde der Spitzbergen-Vertrag unterzeichnet – ein Abkommen mit besonderer geopolitischer Brisanz. Heute sorgen Norwegen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Finanzministerium will private Investitionen erleichtern
15.08.2025

Das Finanzministerium plant Änderungen, die private Investitionen in Deutschland attraktiver machen sollen. Doch reichen neue Gesetze und...