Politik

Deutsche Gewerkschaften stellen Forderungen an EZB

Von den deutschen Gewerkschaften kommt deutliche Kritik an der EZB. Die Notenbank solle damit aufhören, die Zinsen zu erhöhen. Es gebe wichtigeres als den Kampf gegen die Inflation.
14.06.2023 10:21
Aktualisiert: 14.06.2023 10:21
Lesezeit: 2 min

Aus den deutschen Gewerkschaften kommt angesichts von Rezession und nachlassender Inflation deutliche Kritik am Zinskurs der Europäischen Zentralbank (EZB). "Die EZB sollte die Zinsschraube nicht überdrehen", sagte der Erste Vorsitzende der IG Metall, Jörg Hofmann, am Mittwoch der Nachrichtenagentur Reuters. "Die Konjunktur ist in einer schwierigen Situation, die gestiegenen Zinsen haben bereits der Baukonjunktur einen Dämpfer verpasst." Höhere Kosten für Investitionen gefährdeten die notwendige sozial-ökologische Transformation der Industrie. "Weitere Zinsschritte sind auch für die Bekämpfung der Inflation wenig hilfreich." Die aktuelle Teuerung habe ihre Ursachen in extrem gestiegenen Energie- und Rohstoffpreisen und deren Weitergabe in den Erzeugerpreisen. Somit sei hier der Einfluss der Geldpolitik "sehr begrenzt".

Ähnlich sieht das der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB). "Wir warnen die EZB vor weiteren Zinserhöhungen", sagte deren Vorstandsmitglied Stefan Körzell. "Höhere Zinsen bremsen die Nachfrage und die Wirtschaft aus, treiben Deutschland unnötig in eine Rezession."

Europas größte Volkswirtschaft ist zuletzt zwei Quartale in Folge geschrumpft und könnte sich einigen Ökonomen zufolge auch im Gesamtjahr 2023 negativ entwickeln. Dennoch gehen die meisten Experten davon aus, dass die EZB ihren Leitzins am Donnerstag erneut hochsetzen wird - von 3,75 auf 4,00 Prozent. Sie will damit die Inflation eindämmen. In Deutschland sind die Verbraucherpreise im Mai um 6,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gestiegen - das ist die niedrigste Teuerungsrate seit mehr als einem Jahr, doch strebt die EZB im Euroraum einen Wert von zwei Prozent an.

"Die jüngsten Tarifabschlüsse der Gewerkschaften in Deutschland sind zwar gut ausgefallen, gefährden aber nicht das Preisstabilitätsziel der EZB", sagte DGB-Vorstand Körzell angesichts von Warnungen vor einer Lohn-Preis-Spirale. "Neuere Analysen zeigen vielmehr: Ein erheblicher Teil der Inflation geht aktuell auf den Profit-Hunger der Unternehmen zurück, die ihre Preise stärker anheben als es zur Kompensation höherer Kosten notwendig wäre." Der Staat sollte dieser Entwicklung etwa durch Übergewinnsteuern und ein starkes Kartellrecht frühzeitig einen Riegel vorschieben. "Weitere Zinsschritte sind in der aktuellen Situation besonders schädlich, weil auch die Regierungen in Deutschland und Europa zunehmend einen sparpolitischen Kurs einschlagen", sagte der Gewerkschafter. "Die deutsche Schuldenbremse wird wieder scharf gestellt, die europäischen Fiskalregeln sollen nächstes Jahr wieder in Kraft treten."

Das werde zu einer deutlichen Verschärfung der Finanzierungsbedingungen führen und die Investitionen belasten, sagte Körzell. Dabei sei aktuell eine deutliche Ausweitung von privaten und öffentlichen Investitionen notwendig, um den sozial-ökologischen Umbau zu finanzieren. "Setzt die EZB ihren geldpolitischen Kurs weiter fort, ist das also schlecht für Wirtschaft, Arbeitsplätze und Klima." (Reuters)

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Technologie
Technologie Meta trainiert KI mit Ihren Daten – ohne Ihre Zustimmung. So stoppen Sie das jetzt!
09.05.2025

Ab dem 27. Mai analysiert Meta öffentlich sichtbare Inhalte von Facebook- und Instagram-Nutzern in Europa – zur Schulung seiner...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Silicon Valley wankt: Zölle, Zoff und zerplatzte Tech-Träume
08.05.2025

Während Europa auf seine Rezession zusteuert und China seine Wirtschaft auf staatlicher Kommandobasis stabilisiert, gibt es auch im sonst...

DWN
Panorama
Panorama Verkehrswende: Ariadne-Verkehrswendemonitor zeigt Entwicklung auf
08.05.2025

Wie sich die Verkehrswende in Deutschland aktuell entwickelt, ist nun auf einer neuen Onlineplattform des Potsdam-Instituts für...

DWN
Finanzen
Finanzen Inflation bewältigen: 7 Strategien für finanzielle Stabilität, weniger Belastung und einen nachhaltigeren Lebensstil
08.05.2025

Wer die eigenen Ausgaben kennt, kann gezielt handeln. So behalten Sie die Kontrolle über Ihr Geld. Mit Budgetplanung und klugem Konsum...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Maschinenbau: Bedeuten die Trump-Zölle das Ende einer deutschen Schlüsselindustrie?
08.05.2025

Der Maschinenbau befindet sich seit Jahren im Dauerkrisenmodus. Nun droht die fatale Zollpolitik des neuen US-Präsidenten Donald Trump zum...

DWN
Politik
Politik Anti-Trump-Plan: Halbe Milliarde Euro für Forschungsfreiheit in Europa
08.05.2025

Während US-Präsident Trump den Druck auf Hochschulen erhöht, setzt EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf gezielte Anreize...

DWN
Technologie
Technologie Bitkom-Umfrage: Deutsche kritisieren Abhängigkeit von KI-Anbietern aus dem Ausland
08.05.2025

Die Bevölkerung in Deutschland verwendet zunehmend Anwendungen auf Basis künstlicher Intelligenz. Gleichzeitig nimmt die Sorge über eine...

DWN
Politik
Politik Migrationspolitik: Wie die Neuausrichtung an den deutschen Außengrenzen aussehen könnte
08.05.2025

Das Thema illegale Migration und wer bei irregulärer Einreise an deutschen Landesgrenzen zurückgewiesen wird, beschäftigt die Union seit...