Deutschland

Deutscher Staatsapparat bläht sich auf

Der Personalaufbau im Staatsdienst hat sich weiter fortgesetzt. Inzwischen arbeiten 11 Prozent der Erwerbstätigen direkt für den Staat. Einer der Gründe ist die ausufernde Bürokratie.
22.06.2023 11:35
Aktualisiert: 22.06.2023 11:35
Lesezeit: 2 min
Deutscher Staatsapparat bläht sich auf
Veranstaltung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. (Foto: dpa) Foto: Fabian Sommer

Rund jeder neunte Erwerbstätige in Deutschland arbeitet im Staatsdienst. Insgesamt 5,2 Millionen Menschen waren im vergangenen Jahr im öffentlichen Dienst tätig, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag nach vorläufigen Ergebnissen bekanntgab. Das sind 106.100 Beschäftigte oder 2,1 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Damit seien etwa elf Prozent aller Erwerbstätigen in Deutschland im Staatsdienst beschäftigt (Stichtag 30. Juni 2022). "Hohe Zuwächse waren vor allem bei den Schulen und Kindertageseinrichtungen zu verzeichnen", betonten die Statistiker anlässlich des Tages des öffentlichen Dienstes am 23. Juni.

"Wir beobachten seit 2010 einen stetigen Personalaufbau im Staatsdienst", sagte Ökonom Klaus-Heiner Röhl vom arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft (IW Köln) der Nachrichtenagentur Reuters. Auch er führt den aktuell kräftigen Zuwachs auf den Bildungs- und Erziehungsbereich zurück. "Hier gibt es einen großen Bedarf – etwa durch den Ausbau der frühkindlichen Bildung, der auch von der Wirtschaft erwünscht ist", sagte Röhl.

Es gebe aber seit Jahren auch einen Zuwachs in der normalen Verwaltung. "Der Staat setzt immer kompliziertere und komplexere Regeln, für deren Einhaltung er dann mehr Mitarbeiter braucht", sagte der IW-Experte. "Hier wären Bürokratieabbau und Digitalisierung nötig." Der Staat baue zwar Beschäftigung auf. Die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden steige aber nicht in gleichem Maße, da Teilzeit im öffentlichen Dienst verbreiteter sei als in der Wirtschaft und zunehme.

Nach Jahren mit sehr hohen Pensionierungszahlen von Lehrerinnen und Lehrern zwischen 2000 bis 2020 ist diese Welle mittlerweile abgeflacht, so das Statistikamt. Bis Mitte 2022 stieg bei den Schulen die Zahl der Beschäftigten innerhalb eines Jahres um 24.400 oder 2,5 Prozent auf mehr als eine Million. Dabei nahm die Zahl der angestellten Beschäftigten um 5,0 Prozent auf rund 341.200 zu, die der Beamtinnen und Beamten um 1,2 Prozent auf 665.700. "Zu beachten ist, dass in den Ergebnissen nicht nur Lehrkräfte, sondern alle Beschäftigten an Schulen enthalten sind", so die Statistiker.

Der seit Jahren anhaltende Personalzuwachs bei Kindertageseinrichtungen setzte sich fort: Mitte vergangenen Jahres waren dort 267.500 Personen beschäftigt, das sind 10.600 oder 4,1 Prozent mehr als ein Jahr. Von 2007 bis 2022 hat sich damit die Zahl der Erzieherinnen und Erzieher mehr als verdoppelt (+102 Prozent).

Erstmals wurden die öffentlichen Forschungseinrichtungen in der Statistik vollständig erfasst. Insgesamt arbeiteten bei den Bundesländern im Bereich der Forschung und Entwicklung (einschließlich Museen und Bibliotheken) rund 31.100 Beschäftigte. Das waren 15.200 mehr, als 2021 erfasst wurden, wie das Bundesamt ermittelte. (Reuters)

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Ukraine-Verhandlungen: Warum Europas Rettungsplan den Konflikt noch verschärfen könnte
27.11.2025

Ein umstrittener US-Friedensplan setzt die Ukraine massiv unter Druck. Und Präsident Wolodomir Selenskyj kämpft gleichzeitig gegen...

DWN
Technologie
Technologie KI als Jobkiller: Weltweit große Unterschiede bei der Akzeptanz von Künstlicher Intelligenz
27.11.2025

In Deutschland lehnen 42 Prozent der Menschen die wachsende Verwendung von KI ab. In China ist die Zustimmung deutlich höher. Was die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Milliarden für dänischen Wasserstoffmarkt: Wird die Pipeline bald Realität?
27.11.2025

Europa muss seine Energieversorgung neu ordnen und verlässliche Partner finden, um die Industrie zukunftsfähig zu halten. Kann eine...

DWN
Panorama
Panorama Eilmeldung Washington DC: Schüsse nahe dem Weißen Haus - Zwei Nationalgardisten angeschossen
26.11.2025

In der Nähe des Weißen Hauses in Washington sind zwei Nationalgardisten von einem Schützen angeschossen worden. Sie befinden sich in...

DWN
Politik
Politik Deutsche Bank gegen Verband der Familienunternehmer: Mietvertrag gekündigt auf Grund der Einladung eines AfD-Politikers
26.11.2025

Der Verband „Die Familienunternehmer“ lädt einen AfD-Politiker ein – entgegen der politisch gewollten Brandmauer der etablierten...

DWN
Politik
Politik Bündnis Sahra Wagenknecht: AfD unterstützt Neuauszählung der Bundestagswahl
26.11.2025

An gerade mal 9.500 fehlenden Stimmen scheiterte im Februar der Einzug des BSW in den Deutschen Bundestag. Seitdem fordert die Partei eine...

DWN
Politik
Politik Grüngasquote für Energiewende: Mehr Umweltschutz und mehr Kosten für Industrie und Verbraucher
26.11.2025

Die schwarz-rote Regierung plant eine Quote, um die schleppende Wasserstoffwirtschaft und Energiewende in Deutschland weiter...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Insolvenz bei GOVECS – das Ende der elektrischen Schwalbe
26.11.2025

Das Münchner Unternehmen Govecs stellt unter dem Namen der in der DDR populären Moped-Marke seit einigen Jahren Elektroroller her. Nun...