Die Landwirte erwarten trotz leichter Entlastung bei den Kosten für Energie und Dünger eine weiter angespannte Geschäftslage - und bangen vielerorts um die Erträge auf den Feldern. «Es wird mit Sicherheit keine gute Getreideernte mehr werden», sagte Bauernpräsident Joachim Rukwied der Deutschen Presse-Agentur vor dem Deutschen Bauerntag an diesem Mittwoch und Donnerstag in Münster.
Durch die jüngsten Niederschläge habe sich die Situation mancherorts entspannt. Anderswo gebe es nach langer Trockenheit aber irreparable Schäden. Für Produkte wie Weizen und Raps können Betriebe aktuell nur niedrigere Preise erzielen - bei Milch kommt das im Supermarkt an.
Anspannung vor der Ernte
«Wir hoffen noch, dass wir bundesweit betrachtet in Richtung einer Durchschnittsernte kommen», sagte Rukwied. «An einzelnen Standorten wird es jedoch deutliche Mindererträge geben.» In vielen Gegenden habe es über einen Zeitraum von vier bis sechs Wochen zwischen Ende April und Mitte Juni nicht geregnet.
«Insofern gab es vielerorts einen erheblichen Wassermangel in den oberen Bodenschichten.» Wichtig für das Getreide sei, dass es jetzt dort, wo bisher wenig Regen fiel, flächendeckend Landregen gebe, damit die Körner ausgebildet werden. «Insbesondere die Herbstkulturen wie Zuckerrüben, Mais, Gemüse, Obst und Kartoffeln brauchen jetzt im Sommer Niederschläge.»
Schwankende Kosten
«Das höhere Kostenniveau belastet uns nach wie vor, auch wenn wir nicht mehr dieses extreme Niveau haben wie zuvor», sagte Rukwied zu Auswirkungen des Ukraine-Krieges auf Düngemittel und Energie. «Bei Stickstoffdünger sind wir gestartet mit rund 175 Euro pro Tonne, dann ging es hoch auf mehr als 1000 Euro, jetzt nähern wir uns wieder der Marke von 300 Euro pro Tonne.» Verfügbar seien Düngemittel, Engpässe gebe es nicht. Für Betriebe sei es aber immer eine Herausforderung, wann die richtige Zeit zum Verkauf von Getreide und zum Einkauf von Dünger und Energie ist. Gerade sei das «ein gewisses Lotteriespiel».
Erzeugerpreise unter Druck
Die Preise, die Bauern erzielen können, gingen bei vielen Produkten herunter, wie Rukwied erläuterte. «Bei Weizen hatten wir eine kurze Spitze von mehr als 350 Euro die Tonne, jetzt sind die Preise wieder auf etwa 240 Euro die Tonne eingebrochen.» Auch bei Raps sei es jetzt weniger. «Einzige Ausnahme ist der Schweine-Sektor, der ja aus einer tiefen Krise kommt», sagte der Bauernpräsident. «Es war längst überfällig, dass die Preise nach oben gegangen sind. Das hängt aber auch damit zusammen, dass die Erzeugung massiv zurückgegangen ist. Da haben wir jetzt langsam den Effekt, dass Ware am Markt knapper wird.»
Preisplus im Supermarkt gedämpft?
Angesichts eines zuletzt schwächeren Anstiegs der Verbraucherpreise sagte Rukwied: «Ich gehe davon aus, dass aktuelle Kostensteigerungen bei den meisten Lebensmitteln inzwischen eingepreist sind.» Dabei gelte: Je höher der Verarbeitungsgrad, desto geringer der Einfluss des Rohprodukts. «Bei Brötchen ist der Anteil von Weizen, Roggen oder Dinkel marginal, da sind die anderen Kosten die wesentlichen Preistreiber gewesen», sagte Rukwied mit Blick auf Energie-, Lohn- und Logistikkosten.
Im Mai hatte der Preisauftrieb laut Statistischem Bundesamt auf 6,1 Prozent nachgelassen, Nahrungsmittel waren um 14,9 Prozent teurer als ein Jahr zuvor - nach 17,2 Prozent im April.
Reaktionen und Aktionen im Handel
«Wenn die Milchpreise zurückgehen, dann muss sich das auch an der Ladentheke bemerkbar machen», sagte Rukwied. Und im Moment seien sie gesunken, im Schnitt auf weniger als 50 Cent pro Kilogramm für die Milchbauern. Für sie werde es schwierig, da sie nach wie vor relativ hohe Kosten für Energie und Futter hätten. «Ich hoffe, dass wir den Tiefpunkt erreicht haben.»
Ganz generell sei Fakt, dass höherwertige Produkte einen höheren Preis haben müssten. «Sonst können wir nicht weiter wirtschaften.» Das gelte für Fleisch wie für pflanzliche Produkte. Und Lockpreise? «Wenn ab und an der Abverkauf ein bisschen zäher läuft oder zum Auftakt der Grillsaison einmal die Kauflust geweckt wird, dann kritisieren wir entsprechende Angebote nicht.» (dpa)