Technologie

Wohin steuert das Web 3.0?

Das Internet hat in kürzester Zeit eine rasante Entwicklung hingelegt. Aktuell befindet sich Web 3.0 in der Entstehung. Im Focus stehen dezentralisierte Benutzerdaten. Wie sinnvoll ist das?
13.08.2023 09:16
Aktualisiert: 13.08.2023 09:16
Lesezeit: 5 min
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Wohin steuert das Web 3.0?
Das Web 3.0 bringt massive Veränderungen für das Internet. (Foto: dpa) Foto: Rolf Vennenbernd

Noch vor gar nicht allzu langer Zeit markierte das Web 1.0 den Beginn des Eintauchens in die Online-Welt. Es gab zwar Informationen, aber diese waren eindimensional zu dieser Zeit. Die Empfänger waren nur Konsumenten der Inhalte, ohne selbst interaktiv zu sein. Die Webseiten waren statisch und die Benutzererfahrung eher passiv. Es war die Zeit, als man geduldig darauf wartete, dass eine Webseite geladen wurde, während das unverwechselbare Rattern des Modems die Verbindung zum Internet herstellte. Damals waren die Möglichkeiten des Internets noch sehr rudimentär im Vergleich zu heute, dennoch glich es bereits einer Revolution, da man erstmalig digital auf Informationen zugreifen konnte, das Informationszeitalter war geboren.

Schnell entwickelte sich das Web voran und es wurde zu 2.0. Das Zeitalter der Interaktion und nutzergenerierter Inhalte begann. Die Art und Weise, wie die Menschen online interagierten, veränderte sich. Das neue Web brachte soziale Interaktion, Zusammenarbeit und nutzergenerierte Inhalte mit sich. Soziale Netzwerke, Blogs und Videoplattformen waren einige der Säulen, die das Internet dieser Zeit prägten. Die Rolle des Konsumenten hatte sich verändert.

Plötzlich wurden die Nutzer zu Erstellern von Inhalten, das Web wurde aktiver, Ideen, Meinungen und Kreationen konnten von nun an mit der ganzen Welt geteilt werden. Die sozialen Medien ermöglichten es, mit Freunden und Familienangehörigen unabhängig von der Entfernung in Kontakt zu treten, und Videoplattformen gaben die Möglichkeit, Videos zu teilen und persönliche Geschichten zu erzählen. Auch technisch kamen Neuerungen ins Spiel wie das Single Sign-on (SSO). Es ermöglichte von nun an eine einmalige Anmeldung eines Benutzers für verschiedene Services. Das SSO-System übernahm die Aufgabe gegenüber den verschiedenen Diensten, die Identität zu bestätigen und den Anwender für alle Services und Applikationen zu authentifizieren, für die ihm Zugriff gewährt werden sollte. Noch heute wird es benutzt bspw. beim Online-Shopping. Der registrierte Benutzer-Account von Facebook, Google oder Amazon reicht aus, um sich auf einer anderen Plattform anzumelden, das spart die lästige Registrierung, denn die hinterlegten Daten vom Social-Media-Account werden einfach übermittelt.

Web 3.0 - Das Zeitalter der künstlichen Intelligenz und Personalisierung

Der nächste Quantensprung ließ nicht lange auf sich warten. Wir befinden uns aktuell im Internetzeitalter des Web 3.0 und die rasante Entwicklung verkürzt von Mal zu Mal die Frequenz der Fortschritte. Der Höhenflug in dieser Phase kam durch die Entwicklung von künstlicher Intelligenz (KI), Personalisierung und dem semantischen Web. Die künstliche Intelligenz hat das Web auf eine neue Ebene gehoben, da sie es Maschinen ermöglicht, den Kontext zu verstehen und intelligentere, genauere Antworten zu geben. Heute passen sich die Ergebnisse des Web auf beeindruckende Weise an unsere Vorlieben und Bedürfnisse an. Personalisierte Empfehlungen, virtuelle Assistenten und die Erkennung von Verhaltensmustern sind nur einige der Fortschritte, die das aktuelle Web parat hat. In Sekundenschnelle können relevante Informationen abgerufen werden, für die früher aufwendige Recherchen notwendig waren. Der Informationsfluss ist agiler, effizienter und schneller geworden. Verändert hat sich die Art und Weise der Kommunikation und Interaktion, aber auch die Art wie Inhalte konsumiert und auf sie zugegriffen wird. Neue Begriffe wie Metaverse, Blockchain, Krypto und Dezentralisierung tauchen plötzlich auf. Unternehmen wie DeSo arbeiten an Programmen, die Beziehungen zwischen Nutzern und den Inhalten von Nutzern herstellen können. Damit würde das Monopol der Inhalteverbreitung wie bspw. durch Twitter oder Metaverse, durchbrochen werden. Bei dem DeSo-Modell wird die Kuratierung von Inhalten nicht von einem einzigen Unternehmen monopolisiert, denn die Inhalte sind offen. Stattdessen müssen die Apps um das beste Nutzererlebnis konkurrieren, um die Leser an sich zu binden. Es ist der Versuch die Monopolstellung der großen Social Media Unternehmen, die das Web 2.0 hervorgebracht hat, zu durchbrechen. Durch eine dezentralisierte soziale Identität, die dem Eigentümer der Inhalte die Kontrolle über die Verbreitung zurückgeben will. Christian Schneider, Senior Vice President Product bei Strato, sieht Raum für neue Anbieter: „Wir werden neue Player sehen, die ihre Entwicklung von vornherein ohne Ballast spezieller auf eine Web 3.0-Umgebung ausgerichtet haben - und innerhalb kürzester Zeit aufgrund der veränderten Nachfrage zu neuen Platzhirschen werden.“

Effizienz heißt die Zukunft des Internets

Hocheffiziente Sprachmodelle gehören im Moment zu den interessantesten Entwicklungen, die das neue Web hervorgebracht hat. Einige davon wie „Stable Diffusion“ sind quelloffen, so dass jeder sich daran beteiligen kann. Die Eingabe natürlicher Sprache ist für das Trainieren von Computermodellen kompliziert, weil Sprache mehr ist als nur eine Aneinanderreihung von Wörtern. Sie hängt vom Kontext ab und ist bedeutungsvoll. Künstliche Intelligenz und Computer begriffen bisher nicht die Bedeutungen von Sprache oder Kontexte. Das Trainieren mit riesigen Datenmengen ist notwendig, damit die Maschine versteht, was in einem Text passiert. Dabei benötigen Sprachmodelle 10.000- bis 100.000-mal mehr Wörter, um eine Sprache zu lernen, als ein Kind braucht. Das Web 3.0 erlebt gerade diesen Durchbruch. Genügend Rechenleistung steht für das Training der Maschinen zur Verfügung.

Supercomputer können anhand riesiger Mengen an Text, die im Internet vorhanden sind, trainiert werden. Den Algorithmen werden Texte zur Verfügung gestellt, wobei einige Wörter entfernt werden. Ihre Aufgabe besteht darin herauszufinden, was das für Wörter sind und worum es in dem Textstück geht. Auf diese Weise werden die Algorithmen gezwungen zu verstehen, wie die menschliche Sprache strukturiert ist. Was für sich bereits wie ein Abenteuer klingt, geht noch einen Schritt weiter. Sprachmodelle sind bereits in der Lage fehlende Teile eines Textes in Hunderten von Sprachen zu übersetzen. Die Künstliche Intelligenz ist mittlerweile sehr gut darin, weitere, andere Sprachen zu verstehen. Sie erstellen eine Abstraktion der menschlichen Sprache, erfassen diese, ohne dabei die Grammatik zu verstehen. Sie werden zu einem universellen Sprachenangleicher und können menschliche Sprache aufgrund ihrer eigenen Struktur identifizieren. Dabei spielt es keine Rolle, um welche Sprache es sich handelt. Dem Modell ist es egal, ob es sich um Englisch, Deutsch oder einer anderen Sprache handelt.

Doch das neue Web bringt auch andere, interessante Möglichkeiten hervor und kombiniert Bereiche, die es so in der Form vorher nicht gab. Laura-Maria Geissler ist Rennfahrerin, studierte Psychologin und betreibt das erste rein „Non-fungible Token“ (NFT) finanzierte Rennteam der Welt. Gemeint sind damit einzigartige digitale Zertifikate, die erworben werden können, sogenannte „Token“. Diese Dateien können Fotos, Videos oder Audioaufnahmen sein. Gespeichert sind NFTs meist auf einer Blockchain, einer Datenbank, die aus verschiedenen Datenblöcken zusammengesetzt ist. Sie gelten als fälschungssicher, können sehr individuell und maßgeschneidert sein. Wenn Geissler rennen gewinnt, profitieren ihre NFT-Besitzer davon. Zwar konnte sie bisher noch nicht vom Verkauf der NFTs profitieren, doch es zeigt, wie Technologie, Community und Sport in einer neuen Kombination zueinander finden können.

Web 3.0 mit Blockchain und Metaverse auf der einen Seite, Künstliche Intelligenz auf der anderen, sind die jüngsten Errungenschaften der Konvergenz der Medien, die eine neue Ära der Innovation und Forschung eingeläutet haben. Die Geschwindigkeit, in der der aktuelle technologische Wandel sich vollzieht ist dabei nicht mehr linear, sondern beinahe exponentiell. Die Veränderungen sind enorm. Das immersive Web 3.0 ist dabei, dass Interneterlebnis komplett zu verändern. Dazu ist es auf dem Weg dezentral zu werden, mit Schwerpunkt auf die Kontrolle und das Management von Daten durch die Nutzer selbst. Die Blockchain macht es möglich, die Hoheit über Identität und persönliche Daten wiederzuerlangen. Im Fokus steht nicht mehr die Community wie noch zu Zeiten von Web 2.0, sondern das Individuum. Sie selbst sind es fortan, die ihre Inhalte nicht nur erstellen, sondern auch vermarkten und zur sogenannten „Creator Economy“ avancieren. Christian Schneider gibt einen Ausblick, wohin das neue Web führen wird: „Es wird Nutzenden ermöglichen, die Hoheit über ihre Inhalte nicht nur in der Hand zu behalten, sondern diese auch einfacher zu monetarisieren. Auch auf die Art der Verbreitung und Sichtbarkeit von Inhalten werden Nutzende mehr Einfluss haben - allein und als Teil einer Community. Musikschaffende etwa könnten neue Singles auf einer dezentralen, Blockchain-basierten Verbreitungsplattform veröffentlichen. Neue Fans stoßen auf die Songs, weil die Community geratet, bewertet, geteilt und damit die besten Inhalte gefördert hat. Erworben werden die Songs über Kryptowährungen oder plattformspezifische Token - vollkommen ohne Mittler-Instanz, die sich etwas von den Einnahmen abzweigt. Das schafft Unabhängigkeit und fördert Vielfalt, die nicht monetär ausgerichtet vorgefiltert ist.“

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Sofia Delgado

                                                                            ***

Sofia Delgado ist freie Journalistin und arbeitet seit 2021 in Stuttgart, nachdem sie viereinhalb Jahre lang in Peking gelebt hat. Sie widmet sich gesellschaftskritischen Themen und schreibt für verschiedene Auftraggeber. Persönlich priorisiert sie die Themen Umweltschutz und Nachhaltigkeit, als dringendste Herausforderung für die Menschheit.

 

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