Finanzen

Experte: Deutschland wird Bestwert bei Bonität verlieren

Lesezeit: 2 min
18.08.2023 11:48  Aktualisiert: 18.08.2023 11:48
Deutschland droht das Ende der Top-Bewertung bei der Kreditwürdigkeit, ist sich ein Experte sicher.
Experte: Deutschland wird Bestwert bei Bonität verlieren
Deutschlands Staatsschulden steigen stark. (Foto: istockphoto.com/anyaberkut)
Foto: anyaberkut

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Deutschland droht nach Einschätzung des Chefvolkswirts der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), Moritz Kraemer, die Aberkennung der Topbonität durch führende Ratingagenturen. „Wir sollten uns darauf einstellen, dass Deutschland das AAA irgendwann verlieren wird“, sagte Kraemer in einem am Dienstag veröffentlichten Interview mit der Zeitschrift Capital.

Die größte europäische Volkswirtschaft werde die Bestnote „AAA“ nicht kurzfristig verlieren, versicherte der ehemalige langjähriger Chefanalyst für Länderratings bei der weltgrößten Ratingagentur Standard & Poor's (S&P). Allerdings könnte „mittel- bis langfristig“ eine Abstufung erfolgen.

„Wir haben die letzten Jahre sehr gut von unserem Exportmodell gelebt. Das ist jetzt aber vorbei“, sagte Kraemer. Mittlerweile sei der Wachstumsbeitrag des Außenhandels leicht negativ. Deutschland müssen daher ein neues Wachstumsmodell finden, bei gleichzeitig schrumpfender Erwerbsbevölkerung. „Ich bin mir sicher, dass sich die Ratingagenturen das ganz genau anschauen“, sagte der Ökonom.

Nach Kraemers Einschätzung hätte ein Verlust der Topbonität für Deutschland bei einer ausreichenden Vorwarnzeit keine gravierenden Auswirkungen: „Das würde kein Erdbeben auslösen, auch wenn wir ein oder zwei Stufen runtergehen.“ Entscheidend für die Folgen sei, ob die Abstufung durch eine Ratingagentur überraschend erfolge, oder ob die Maßnahme über einen längeren Zeitraum angekündigt werde.

Zuletzt hatte die Ratingagentur Fitch den USA die Topbewertung „AAA“ entzogen und die Kreditbewertung für die größte Volkswirtschaft der Welt auf „AA+“ gesenkt. Begründet wurde die Maßnahme durch die Gefahren, die von rapide steigenden Verbindlichkeiten und den immer wiederkehrenden Streitereien um die Anhebung der Schuldenobergrenze resultieren. Zuvor hatte bereits S&P den USA die Topnote entzogen.

Deutscher Schuldenberg 2022 gewachsen

Die Verbindlichkeiten der Bundesrepublik Deutschland sind im vergangenen Jahr weiter gewachsen - wenn auch in geringerem Tempo als in den coronageprägten Vorjahren. Nach Berechnungen der Bundesbank nahm die Staatsschuld um 71 Milliarden auf 2,566 Billionen Euro zu. Während die Belastungen aus der Pandemie nachließen, unterstützte der Bund Verbraucher und Unternehmen in der Energiekrise mit Milliardensummen.

Die Schuldenquote - also das Verhältnis der Schulden zur gesamten nominalen Wirtschaftsleistung - sank nach vorläufigen Angaben der Bundesbank vom Freitag binnen Jahresfrist um 2,9 Punkte auf 66,4 Prozent. Damit überschritt Deutschland zum dritten Mal in Folge die in den europäischen Verträgen von Maastricht vereinbarte Höchstmarke von 60 Prozent.

In den Jahren vor der Pandemie war die Quote sieben Jahre in Folge gesunken. 2019 hatte Deutschland mit - nach neuesten Berechnungen - 59,6 Prozent erstmals seit 2002 wieder die Marke von 60 Prozent unterschritten.

Die bisher höchste Schuldenquote wies Deutschland 2010 mit 82 Prozent aus. Damals hatte der Bund in der Wirtschafts- und Finanzkrise unter anderem Milliarden in die Rettung von Banken gesteckt. Im vergangenen Jahr gaben Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherungen nach vorläufigen Berechnungen des Statistischen Bundesamtes 101,3 Milliarden Euro mehr aus als sie einnahmen.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Bildung für die Zukunft SOS-Kinderdorf Thüringen im Einsatz für die Demokratie

In einer Zeit, in der die Unzufriedenheit mit der Politik wächst, engagiert sich das SOS-Kinderdorf Thüringen mit einem Demokratieprojekt...

DWN
Finanzen
Finanzen Antizyklisches Investieren: Lässt sich damit der Markt schlagen?
23.12.2024

Wer antizyklisch investiert, macht das Gegenteil dessen, was die meisten Anleger tun. Ist dabei eine höhere Rendite zu erwarten als bei...

DWN
Politik
Politik Und noch ein europäischer Alleingang: Fico zu Gesprächen mit Putin im Kreml
23.12.2024

Der slowakische Regierungschef Fico zeigt mit einem Überraschungsbesuch im Kreml, dass die EU-Front gegen Russlands Präsidenten Putin...

DWN
Panorama
Panorama Amokfahrt von Magdeburg: Trauer, Entsetzen und offene Fragen halten Deutschland in Atem
22.12.2024

Fünf Menschen sind tot, 200 verletzt: Nach der folgenschweren Fahrt mit einem Auto über den Weihnachtsmarkt in Magdeburg stellt sich die...

DWN
Politik
Politik Donald Trump hofft: Elon Musk übernimmt (noch) nicht die US-Präsidentschaft
22.12.2024

Kritiker nennen den Tech-Milliardär süffisant «Präsident Musk». Donald Trump stellt klar, wer das Sagen hat - bestreitet aber auch...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Quiet Quitting: Der stille Job-Rückzug mit gefährlichen Folgen
22.12.2024

Ein stiller Rückzug, der Unternehmen erschüttert: Quiet Quitting bedroht die Substanz deutscher Betriebe. Warum immer mehr Beschäftigte...

DWN
Politik
Politik Steuern und Abgaben: Mehrheit der Steuerzahler zahlt 2025 noch mehr – mit oder ohne Ampel!
22.12.2024

Das „Entlastungspaket“ der Ampel ist eine Mogelpackung, denn Steuersenkungen sind nicht vorgesehen. Im Gegenteil: Ab dem 1. Januar 2025...

DWN
Technologie
Technologie DWN-Sonntagskolumne: Künstliche Intelligenz Hype Cycle - Zwischen Revolution und Enttäuschung
22.12.2024

Ist künstliche Intelligenz nur ein Hype oder der Beginn einer Revolution? Zwischen hohen Erwartungen, Milliardeninvestitionen und...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Psychische Gewalt am Arbeitsplatz: Ursachen, Folgen und Lösungen
22.12.2024

So können Unternehmen gegen verbale Übergriffe aktiv werden- Beleidigungen, Drohungen und Beschimpfungen: Rund ein Drittel der...