Unternehmen

Web 3.0: Vertrauen zu einer Marke wird entscheidend sein

Der Nutzen von Web 3.0 ist vielfältig – und das für private Haushalte wie für Unternehmen gleichermaßen. Eine Tendenz ist dabei schon jetzt erkennbar – die Vielfalt in der Content-Landschaft mit Potenzial für Individualisierung. Der deutsche Mittelstand muss dringend digital aufholen, um nicht den Anschluss an das neue Zeitalter zu verpassen, sagt Christian Schneider, Vice President Product vom Internetanbieter STRATO im Gespräch mit den Deutschen Wirtschaftsnachrichten (DWN).
04.09.2023 09:07
Aktualisiert: 04.09.2023 09:07
Lesezeit: 3 min
Web 3.0: Vertrauen zu einer Marke wird entscheidend sein
Das Web 3.0 bietet Unternehmen neue Chancen (Foto: dpa) Foto: Caroline Seidel

Deutsche Wirtschaftsnachrichten (DWN): Wie wird sich bezüglich Web 3.0 die Verbreitung von Inhalten in Zukunft ändern?

Christian Schneider: Bei der exponentiellen Entwicklung, die wir gerade erleben, ist davon auszugehen, dass früher oder später neue Plattformen entstehen, die auf Technologien wie Blockchain aufbauen. Diese werden es Nutzenden ermöglichen, die Hoheit über ihre Inhalte nicht nur in der Hand zu behalten, sondern diese auch einfacher zu monetarisieren. Auch auf die Art der Verbreitung und Sichtbarkeit von Inhalten werden Nutzende mehr Einfluss haben - allein und als Teil einer Community. Musikschaffende etwa könnten neue Singles auf einer dezentralen, Blockchain-basierten Verbreitungsplattform veröffentlichen. Neue Fans stoßen auf die Songs, weil die Community bewertet, geteilt und damit die besten Inhalte gefördert hat. Erworben werden die Songs über Kryptowährungen oder plattformspezifische Token - vollkommen ohne Mittler-Instanz, die sich etwas von den Einnahmen abzweigt. Das schafft Unabhängigkeit und fördert Vielfalt, die nicht monetär ausgerichtet vorgefiltert ist.

Neue Player

DWN: Spielen die großen Player wie Google, Facebook oder Twitter dann überhaupt noch eine Rolle für die Verbreitung in naher Zukunft?

Schneider: Natürlich haben auch die großen Player die neuen Entwicklungen auf dem Schirm und treiben sie in eigenem Interesse aktiv für sich voran. Daher ist es unwahrscheinlich, dass sie in der Versenkung verschwinden. Sie werden sich anpassen oder das zumindest versuchen. Die Mittel dafür, mit der aktuellen Entwicklung Schritt zu halten, stehen ihnen jedenfalls zur Verfügung. Einen altbewährten vollen Tanker in eine andere Richtung zu lenken ist aber auch nicht immer ganz einfach. Somit werden wir auch neue Player sehen, die ihre Entwicklung von vornherein ohne Ballast spezieller auf eine Web 3.0-Umgebung ausgerichtet haben - und innerhalb kürzester Zeit aufgrund der veränderten Nachfrage zu neuen Platzhirschen werden.

DWN: Was genau erwartet uns mit der sogenannten "Creator Economy" in Zukunft, von der in letzter Zeit immer gesprochen wird?

Schneider: Der Name sagt es schon - in der "Creator Economy" geben die Creators den Takt für Handel mit ihrer Community vor. Um bei meinem Beispiel eines Musikschaffenden zu bleiben: Neue Werke werden als NFT erstellt und auf einer dezentralen Verkaufs-Plattform vermarktet. Sie werden dort von den Fans direkt erworben. Auf dem Profil werden für die besondere Fanbindung auch Abonnements für exklusive Einblicke, Meet & Greets oder Live-Streams angeboten. Das G anze funktioniert unabhängig von Mainstream oder Nische. So kann es ganz um kreative Entfaltung und Dialog mit der Community gehen, die durch ihre Nachfrage natürlich auch die Aufbereitung und Ausspielung der Inhalte anders steuert. Wir werden Songs hören oder auch Filme sehen, die sich an den Vorlieben orientieren, beim Film bedeutet das z.B. auch unterschiedliche Versionen des gleichen Films. Im Ergebnis entsteht das, was wir bei den großen Streaming-Plattformen in Ansätzen schon bemerken - eine größere Vielfalt in der Content-Landschaft mit noch mehr Potenzial für Individualisierung.

Neue Chancen für Unternehmen

DWN: Was bedeutet diese neue Entwicklung für Unternehmen?

Schneider: Das bedeutet neues Denken und viele Chancen - etwa das Denken in neuen Kooperationsmöglichkeiten mit diesen unabhängigen Content-Creatoren. Es wird darum gehen, die Authentizität und Leidenschaft dieser Einzelpersonen sinnvoll für beide Seiten in den Unternehmenskontext zu integrieren und neue Marketingstrategien mit engagierten, kooperativen Ansätzen zu entwickeln - quasi ein Influencer 2.0-Konzept. Solche Kooperationen können auch inspirativ für die eigene kreative und zielgenaue Produktentwicklung sein. Natürlich wird es den Unternehmen auch frei stehen, eigene neue Monetarisierungs- oder Geschäftsmodelle zu entwickeln. Entweder um den neuen Prozess für sich zu nutzen oder ihn aktiv mit voranzutreiben, indem man Angebote für die Communities schafft. Da die Datenhoheit zudem bei den Erstellenden und Nutzenden liegen wird, wird das Stichwort Daten-Transparenz zudem zum Wettbewerbsvorteil werden.

DWN: Wie vorbereitet sehen Sie den deutschen Mittelstand auf das Web 3.0?

Schneider: Der Mittelstand tut gut daran, nicht zu lange damit zu warten, schon jetzt eine starke digitale Präsenz aufzubauen. Dafür ist die traditionelle Website der Grundpfeiler, doch darüber hinaus auch in sozialen Medien, Blog und anderen Dialog-Plattformen aktiv zu sein. In der Vielfalt der mittelständischen Unternehmen wird das offensichtlich nicht für alle gleich einfach sein. Der Dialog mit den Zielgruppen wird aber immer wichtiger werden und eine starke digitale Präsenz wird ihnen dabei helfen, auch im Web 3.0 relevant zu bleiben. Dabei helfen auch neue Geschäftsmodelle oder zumindest die Offenheit für die stetige Anpassung von Prozessen, um im Wettbewerb zu bestehen. Oder auch mal eine Zusammenarbeit mit einem Influencer als Testfall für Creator-Zusammenarbeit. Wer noch nicht im Web 2.0 angekommen ist, sollte schleunigst damit loslegen. Firmen sollten zudem schon jetzt den Datenschutz sehr ernst nehmen und in den Fokus rücken - denn Vertrauen zu einer Marke wird zu einer entscheidenden Zukunftswährung werden.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

 

 

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

avtor1
Sofia Delgado

                                                                            ***

Sofia Delgado ist freie Journalistin und arbeitet seit 2021 in Stuttgart, nachdem sie viereinhalb Jahre lang in Peking gelebt hat. Sie widmet sich gesellschaftskritischen Themen und schreibt für verschiedene Auftraggeber. Persönlich priorisiert sie die Themen Umweltschutz und Nachhaltigkeit, als dringendste Herausforderung für die Menschheit.

 

DWN
Unternehmen
Unternehmen Nvidia-Aktie mit Rekordhoch: Geht die Aufwärtsrally weiter?
27.06.2025

Trotz Handelskrieg und wachsender Konkurrenz feiert die Nvidia-Aktie ein Rekordhoch nach dem anderen. Experten sprechen von einer...

DWN
Politik
Politik Bas überzeugt, Klingbeil verliert Ansehen: SPD-Parteitag bestimmt neues Führungsduo
27.06.2025

Auf dem SPD-Parteitag wurde nicht nur gewählt, sondern auch abgerechnet. Während Bärbel Bas glänzt, kämpft Lars Klingbeil mit einem...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Neobroker Trade Republic: Wie ein Berliner Fintech den Kapitalmarkt für alle geöffnet hat
27.06.2025

Büroräume in Berlin-Kreuzberg, drei Gründer mit einer Vision und eine App, die Europas Sparer an die Börse gebracht hat: Trade Republic...

DWN
Politik
Politik Bundestag stellt Weichen neu: Familiennachzug vorerst gestoppt
27.06.2025

Der Bundestag hat den Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte gestoppt – ein umstrittener Schritt in der deutschen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Occidental Petroleum-Aktie: Warren Buffett setzt auf US-Ölgiganten – Risiko oder Chance?
27.06.2025

Warren Buffett stockt seine Beteiligung an der Occidental Petroleum-Aktie weiter auf – während grüne Fonds schließen. DWN zeigt, was...

DWN
Politik
Politik Mindestlohn 2026: Anstieg bis 2027 auf 14,60 Euro geplant
27.06.2025

Der Mindestlohn in Deutschland soll in zwei Schritten weiter steigen – doch der Weg dorthin war steinig. Arbeitgeber, Gewerkschaften und...

DWN
Politik
Politik Bundeskabinett: Bauturbo, Bahnflächen, Mietpreisbremse und was sonst noch kommt
27.06.2025

Im Juni 2025 hat sich das Bundeskabinett getroffen, um Parameter für die kommende Legislaturperiode festzulegen – ganz sportlich einen...

DWN
Politik
Politik Von der Leyens Plan: EU will neuen globalen Handelsblock ohne die USA gründen
27.06.2025

Die EU will ein globales Handelsbündnis ohne die USA aufbauen – mitten im eskalierenden Konflikt mit Donald Trump. Bringt von der Leyens...