Der Inflationsdruck in den USA hat im Oktober spürbar nachgelassen und so Zinserhöhungsängste an den Finanzmärkten verscheucht. Die Teuerungsrate sank auf 3,2 Prozent, nach 3,7 Prozent im September, wie das Arbeitsministerium am Dienstag in Washington mitteilte. Von Reuters befragte Ökonomen hatten lediglich einen Rückgang auf 3,3 Prozent auf dem Zettel.
Für die US-Notenbank Federal Reserve sind die Verbraucherpreise eine wichtige Orientierungsmarke beim Abstecken ihres Zinskurses. Sie will die Teuerungsrate auf die Zielmarke von zwei Prozent drücken und hielt nach einer Erhöhungsserie die Zinsen zuletzt auf zwei Sitzungen in Folge in der Spanne von 5,25 bis 5,50 Prozent stabil. An den Terminmärkten wird die Wahrscheinlichkeit für eine weitere Erhöhung mit knapp zehn Prozent nunmehr sehr gering eingeschätzt. Zudem wird erwartet, dass es ab Mai zu Zinssenkungen kommen dürfte.
"Die Entwicklungen gehen aus Sicht der US-Notenbank wohl in die richtige Richtung", sagte Helaba-Ökonom Ulrich Wortberg. Doch könne noch keine Entwarnung gegeben werden, da das Inflationsziel der Fed noch nicht erreicht sei. Besonderes Augenmerk legen die Währungshüter auch auf die sogenannte Kerninflation, bei der die schwankungsanfälligen Preise für Energie und Lebensmittel außen vor bleiben. Diese Rate gab im Oktober überraschend nach - und zwar auf 4,0 Prozent. Experten hatten erwartet, dass sie sich auf dem September-Wert von 4,1 Prozent einpegeln würde.
Auch wenn die Notenbank zuletzt pausierte, hat sie sich die Option einer weiteren Zinserhöhung offen gelassen. Fed-Chef Jerome Powell signalisierte allerdings auch, dass die Zentralbank nach ihrer aggressiven Erhöhungsserie nun vorsichtiger agieren könne. "Die heutigen Inflationszahlen nehmen weiteren Druck von der Fed, besonders der Umstand, dass sich die leichte Beschleunigung der Kernteuerung, die im August und September zu beobachten war, nicht fortgesetzt hat", so die Analyse der Commerzbank-Ökonomen Christoph Balz und Bernd Weidensteiner.
WALL STREET IN KAUFLAUNE
Laut LBBW-Ökonom Dirk Chlench fällt bei genauerer Analyse der frischen Zahlen ins Auge, dass sich die Inflationsrate nach Herausrechnung der Komponente Wohnen auf lediglich 1,5 Prozent beläuft: "Dies veranschaulicht, dass die Kosten für das Wohnen der letzte verbliebene Preistreiber sind." Da der Rückgang der Hauspreise sowie die Stagnation der Angebotsmieten erwarten lasse, dass der Preisauftrieb für das Wohnen nachlassen sollte, könne die Inflationsrate binnen zwölf Monaten auf 2,0 Prozent sinken. Dies wäre dann eine Punktlandung für die Fed.
Der überraschend starke Rückgang der Inflation versetzte die Anleger an der Wall Street in Kauflaune. "Diese Zahlen weisen darauf hin, dass die Fed geldpolitisch nichts mehr zu tun hat", sagte Thomas Hayes von der Private-Equity-Firma Great Hill Capital. Die Notenbanker hätten ihr Ziel erreicht - eine abflauende Inflation und ein sich abkühlender Arbeitsmarkt, ohne dass die Wirtschaft allzu sehr schwächele. (Reuters)